Im RoadBIKE-Test: 10 preiswerte Cross-Rennräder
10 Cross-Rennräder unter 1.500 Euro im Test

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Diese Cross-Rennräder sorgen im Herbst und Winter für Abwechslung. Oder doch gleich das ganze Jahr über? Crosser – die perfekten Alleskönner? RoadBIKE hat zehn günstige Modelle unter 1.500 Euro getestet.

RB 1011 Crosser Teaserbild
Foto: Arturo Rivas

Starten Sie jetzt durch! Mit Rennrädern wie den günstigen Crossern in diesem Test können Rennradfahrer im Herbst noch mal so richtig Gas geben, anstatt zum Saisonausklang schon die Beine hochzulegen.

Keine Frage, nicht nur bei Schmuddelwetter ist so ein Cross-Rad eine erstklassige Alternative zum Renner: Solide Alu-Rahmen und stabile Bauteile, die problemlose Montage von Schutzblechen und breiteren Reifen bis zu 35-Millimeter und, nicht zuletzt, die Scheibenbremsfreigabe des Weltradsportverbandes UCI beflügeln die Alleskönner, die gerade auch bei Pendlern und Alltagsfahrern zunehmend beliebter werden.

Rose Bikes

Heftige Renneinsätze dürfte das Gros der Kunden, die sich für einen Crosser in der Preisklasse bis 1.500 Euro entscheiden, nicht im Blick haben. Dafür aber mit Sicherheit das Preis-Leistungs-Verhältnis der häufig als Zweitrad verwendeten Crosser. Von denen übrigens alle im Test bereits mit 2012er-Bauteilen bestückt waren.

RoadBIKE wollte wissen, was dran ist am neuen "Cross-Trend". Frischer Wind auch für Rennradfahrer oder nur alter Wein in neuen Schläuchen? Klar ist: Vom guten alten "Querfeldein-Rad" haben sich die Testräder so weit wegentwickelt wie die mittlerweile gängige Bezeichnung "Crosser" vom alten Namen.

"Wer sich so ein Rad kauft, will damit auf Wald- und Forstwegen Abwechslung beim Wintertraining, mit Schutzblechen und breiten Slicks das ganze Jahr über zur Arbeit fahren oder erste Gehversuche im Gelände machen. Und dabei Fahrtechnik und Kondition verbessern", meint der Cross-Fanatiker der RoadBIKE-Redaktion, Haider Knall.

Kann ein Rad das alles wirklich unter einen Hut bringen? Das wäre ein Traum – und nicht nur für Rennradfahrer, sondern auch für viele Mountainbiker, die nach einer Abwechslung suchen.

Zumindest bei diesem Test wurde schnell offensichtlich: Ein Crosser weckt Interesse. Von der RoadBIKE-Reiseredakteurin, die sonst nur auf dem Renner unterwegs ist, bis hin zur Downhill-Koryphäe Thomas "Professor" Schmitt vom RoadBIKE-Schwestermagazin MountainBIKE standen die Kollegen regelrecht Schlange. Jeder wollte eines der Räder ausprobieren. Und alle waren am Ende begeistert von den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Testräder.

Ein Cross-Rennrad für alle?

Denn egal ob Techniker Haider Knall mit breiten Slickreifen seine 30 Kilometer zur Arbeit über Schotterpisten und Waldwege abseits überfüllter und gefährlicher Straßen abspult oder ob der "Professor" mit dem Crosser auf den heimischen Singletrails seine Fahrtechnik und das Auge fürs Gelände schult: beide werden tatsächlich mit dem gleichen Rad glücklich.

Sind Crosser am Ende gar der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Sportrad-Begeisterte aller Schattierungen einigen können? 
Gut möglich! Zwar verlangen Crosser auch Zugeständnisse – für Rennradfahrer etwa beim Gewicht (bei den Testrädern steht meist eine Neun vor dem Komma), für Mountainbiker beim vergleichsweise 
schmalen Einsatzbereich in ruppigem Gelände. Aber so ein Crosser macht eben auch unglaublich viel mit – und dabei natürlich jede Menge Spaß!

Das Erfolgsrezept der Testräder: Sie verbinden den Vortrieb eines Rennrades mit ausgeprägter Laufruhe und sicherem Handling. Die eigentlich für den Geländeeinsatz gedachten ruhigen Lenkeigenschaften bringen natürlich auch auf Forststraßen – und sogar auf Asphalt – Vorteile.
Im direkten Vergleich zeigten die Testräder dennoch stark unterschiedliche Charaktere: so wirken die Räder von Focus, Ridley und Rose dank starker Sattelüberhöhung sehr sportlich und fast wie ein Rennrad.

Die Modelle der amerikanischen Hersteller (Cannondale, Felt, Specialized) lassen ihre Fahrer entspannter sitzen und garantieren maximale Laufruhe – die nordamerikanischen Rennen führen meist über wenig technische Schotterpisten. Den von den meisten Testern als ideal empfundenen Mittelweg gehen Centurion, Merida, Ridley und Stevens mit ausgewogener Sitzposition und ruhigem, direktem Handling.

Die Cross-Rennräder in diesem Test

Im Fokus: die Bremsen der Crosser

Sie lassen dann doch Erinnerungen an das gute alte Querfeldein-Rad aufkommen – nicht von ungefähr lautet das Motto bei Cross-Rennen: "Wer bremst, verliert!" Wer moderne Rennradbremsen kennt, ist von den schwachen Bremsleistungen der Canti-Stopper zunächst schlicht schockiert.

Zwar sind bei aktuellen Modellen Verbesserungen erkennbar: wohl auch wegen der wachsenden Bedeutung von Crossern im Alltagseinsatz haben die Hersteller durch überarbeitete Zuganschläge und steifere Gabeln das lästige Bremsruckeln eliminiert, die Bremskraft aktueller Canti-Bremsen und neuer Beläge liegt auf ordentlichem Niveau.

Trotzdem bleiben die Cantis ein Kompromiss, den die Entwickler von Crossern zugunsten großer Reifenfreiheit machen müssen. Besser: mussten. Denn Merida zeigt eindrucksvoll, welchen Quantensprung eine mechanische Scheibenbremse bedeutet: Der bis dato größte Nachteil des Crossers gegenüber dem Rennrad wird nun gar zum Vorteil: Disc-Stopper haben mehr Biss als Rennrad-Felgenbremsen, auch bei Nässe bleiben Brems­kraft und Dosierbarkeit nahezu konstant.

Die Kehrseite der Scheibe: ihr höheres Gewicht. Nicht nur die Bremsanlage wiegt rund 400-Gramm mehr, auch Rahmen und vor allem die Gabel sind zugunsten höherer Torsionssteifigkeit durch einseitig auftretenden Bremskräfte stabiler und entsprechend schwerer konstruiert. Angesichts der überragenden Bremsleis­tungen und der daraus resultierenden Sicherheit ist das Mehrgewicht des Merida (rund 500-Gramm) aber akzeptabel. Vor allem für Fahrer, die mit dem Cross-Rad keine Rennen bestreiten.

Solide und alltagstauglich Cross-Rennräder

Leichtgewicht steht bei den Testrädern ohnehin nicht im Vordergrund. Mit Ausnahme des Giant wiegen alle Rahmen über 1.500-Gramm. Dafür erreichen sie Steifigkeitswerte, die auch schwersten Fahrern genügen. Die soliden Rohrsätze müssen zudem nicht mit Samthandschuhen angefasst werden und sind im Alltag entsprechend pflegeleicht.

Gleiches gilt für die durch die Bank sehr steifen Laufradsätze und die stressfreien Anbauteile aus Aluminium – ebenfalls ganz im Sinne der Alltagstauglichkeit. Allerdings liegen zwischen leichtestem und schwers­tem Laufradsatz samt Bereifung im Testfeld satte 800-Gramm – dieses Mehrgewicht macht sich durch
trägeres Fahrverhalten bemerkbar. Ein geringes Laufradgewicht ist daher einem leichteren Rahmen oder einer höherwertigen Schaltgruppe in dieser Preisklasse immer vorzuziehen.

Bei den Schaltgruppen montieren Felt, Focus, Ridley, Rose und Stevens Shimanos Ultegra-Gruppe – dafür kosten diese Räder auch mindestens 1.400 Euro, während die mit Shimano 105-Gruppe bestückten Testräder im Schnitt 200 Euro günstiger zu haben sind. Bei der Funktion selbst sind im Geländeeinsatz keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen auszumachen.

Deutlich spürbar sind hingegen die Übersetzungen: Bei Cross-Rennen werden Kettenblätter mit 46 und 36 oder 38 Zähnen gefahren – diese recht harte Übersetzung war an allen Testrädern außer dem Centurion montiert. Die Schwaben setzen serienmäßig auf eine Kompaktkurbel mit bergtauglicherem 34er-Kettenblatt. Viele andere Hersteller bieten Kompakt zumindest optional an – die bessere Wahl für alle, die keine Rennambitionen haben!

Benotet: die Rahmen-Gabel-Sets

Sie hilft Ihnen, falls Sie sich für einen der Rahmen in einer anderen Ausstattung interessieren. In der folgenden Grafik finden Sie die Noten aller 10 getesteten Rahmen-Gabel-Sets:

rb_1011 crosser_rahmen_gabelsets
RoadBIKE
Rahmen/Gabelsets im Vergleich

RoadBIKE-Messlabor: Die Gewichte der Testräder

Beim Komplettgewicht ist jeweils das Rennrad ohne Pedale angegeben. Die Laufradgewichte beziehen sich auf ein Paar inklusive Reifen, Felgenbänder, Schnellspanner und Kassette.

rb_1011 crosser_gewichte
RoadBIKE
Gewichte im Vergleich

*Komplettgewichte ohne Pedale; Laufradgewichte pro Paar inklusive Bereifung, Schnellspanner und Kassette.

RoadBIKE-Messlabor: Steifigkeiten und Komfortwerte

Hier finden Sie alle wichtigen Messwerte aus dem RoadBIKE-Prüflabor. Wenn Sie auf das Lupe-Symbol (rechts oben in der jeweiligen Grafik) klicken, öffnet sich eine Großversion.

rb_1011 crosser_laufradsteifigkeit
RoadBIKE
Laufradsteifigkeiten im Vergleich
rb_1011 crosser_tretlagersteifigkeit
RoadBIKE
Tretlagersteifigkeiten im Vergleich
rb_1011 crosser_lenkkopfsteifigkeit
RoadBIKE
Lenkkopfsteifigkeiten im Vergleich
rb_1011 crosser_komfort
RoadBIKE
Komfortwerte im Vergleich

So testet RoadBIKE die Cross-Rennräder

Laborprüfung: Im eigenen Prüflabor misst RoadBIKE Steifigkeiten und Komfortwerte (vertikale Nachgiebigkeit) der Rahmen-Gabel-Sets aller Testräder.

Auch von jedem einzelnen Laufrad werden Steifigkeiten, Rundlauf und Mittigkeit gemessen – ein großer Aufwand, um eventuelle Serienstreuungen und schlechte Montage von Laufrädern aufzudecken.

Auch alle Gewichte von Rahmen, Bauteilen und Kompletträdern werden im RoadBIKE-Labor erfasst, die Geometriedaten präzise digital ermittelt, die Ausstattung wird detailliert protokolliert.

All diese Daten werden innerhalb des Testfeldes bewertet und nach festgelegtem Raster bepunktet. Die Summe dieser Messwerte und Daten macht zu 50 Prozent die Endnote aus.

Praxistest: Mindestens drei Testfahrer sind mit jedem Testrad auf einer festgelegten Strecke unterwegs, ohne dabei die Messwerte zu kennen. So können die Tester unvoreingenommen ihre Erfahrungen und Eindrücke mit jedem Testrad sammeln. Die Fahreindrücke aller Testfahrer werden detailliert protokolliert, eventuelle Kritikpunkte an den Testrädern dann mit den Messwerten aus dem Prüflabor abgeglichen.

So lassen sich zum Beispiel mangelnde Steifigkeiten oder zu geringer Komfort subjektiv ermitteln und dann mit objektiven Daten untermauern. Die Summe dieser umfangreichen Praxisbewertungen geht zu 50 Prozent in die Endnote des Rades ein.

Fazit: Cross-Rennräder als Spaßgaranten

Ihren günstigen Preis unter 1.500 Euro verbergen fast alle Test­räder gekonnt mit schicker Optik und starken Fahrleistungen, die man eher von 2.000-Euro-Modellen erwarten würde!

Dank seiner Scheibenbremsen und ausgeglichener Fahrleistun­gen fährt das günstige Merida im Test in einer eigenen Liga – und verdient sich, wie das erstklassige Felt F55X einen Kauftipp. Stevens’ Prestige überzeugte alle Tester in allen Disziplinen – ein enorm vielseitiger Testsieger!

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Erscheinungsdatum 09.04.2024