Testbericht: Nevi Classic (Modelljahr 2018)

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Steif, aber wenig komfortabel. Geometrie und Ausstattung des vergleichsweise günstigen Testmodells konnten nicht auf ganzer Linie überzeugen. Wer einen Titan-Maßrahmen aus italienischer Produktion sucht und individuell aufbauen möchte, kann das jedoch mit Sicherheit verschmerzen.

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Foto: Björn Hänssler

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5 brandneue Titan-Rennräder für 2018 im Test
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Rennräder mit Rahmen aus Titan haben eine treue Fangemeinde, denn Titan-Rennräder sind oft Freunde fürs Leben. Fünf davon hat RoadBIKE getestet.
Folgende Rennräder sind im Test:


Falkenjagd Aristos RS Disc
Kocmo Roadmaster
Nevi Classic
Van Nicholas Boreas
Wiesmann P-Modell
nur2,99

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 klassisch anmutender Rahmen

 stark ausgeprägter Geradeauslauf

Was uns nicht gefällt:

 stark ausgeprägter Geradeauslauf

 teilweise unter Preisniveau ausgestattet

Testurteil

Testsieger-Logo: Testurteil gut

Testurteil: Gut (54 Punkte)

Dichter Schneefall am 2618 Meter hohen Passo di Gavia, vor Kälte zitternde, weinende Radprofis im Ziel in Bormio: Die 14. Etappe des Giro d’Italia 1988 hat sich Teilnehmern und Radsportfans ins Gedächtnis eingebrannt. Der Italiener Sergio Finazzi wurde damals Tagessiebter. Die Grenzerfahrung beeindruckte ihn so nachhaltig, dass er seine 1992 gegründete Radmarke unter Bezugnahme auf die Gavia-Etappe von 1988 Nevi (Schnee) nannte, ein Eiskristall ziert das Logo.

Finazzi und seine Frau Consuelo setzten früh auf Titan. Besonderheit bei Nevi: Das Vakuum-Schweißverfahren in einer Art Tauchglocke, aus der erst alle Luft abgesaugt, bevor Argon-Gas zugegeben wird. Die so entstehenden feinen Schweißnähte sind nach Angabe von Nevi dreimal stabiler als mit herkömmlichen Titan-Schweißtechniken gezogene. Erfahrung und Know-how scheinen sich auszuzahlen: Inzwischen beliefert Nevi unter anderem die Autoindustrie mit Titanteilen, Fahrräder sind nur noch eines von mehreren Standbeinen.

Doch ungeachtet des wirtschaftlichen Erfolgs außerhalb der Radbranche, schlägt das Herz der Nevi-Macher für den Radsport und den Rahmenbau – das wird bei Gesprächen schon nach kurzer Zeit deutlich. Consuelo Finazzi bedauert trotz der wachsenden Beliebtheit des Radsports, dass „Massenartikel großer Hersteller den Markt fluten, und wenig Platz bleibt für Individual-Aufbauten. Dabei waren die früher die Regel – aus gutem Grund.“

Seine sechs Rennradmodelle bietet Nevi sowohl mit Standardgeometrien wie auch als Maßrahmen an. Für letztere wird mit einer eigens entwickelten Vermessungsanlage Schritt für Schritt die perfekte Sitzposition des Kunden bestimmt. Kehrseite der Medaille: Das Händlernetz in Deutschland ist sehr klein, Interessenten sollten nach einer ersten Beratung per E-Mail persönlich zum Firmensitz nahe Bergamo in Norditalien kommen.

Silberner Klassiker

Als Testrad schickte Nevi das Modell Classic. Seinen Namen trägt es zu Recht: klassische Rundrohre, außen liegende Lager und Züge, ein fast waagerechtes Oberrohr. Mit ruhigem Geradeauslauf und unaufgeregter Lenkung, zeigte es sich fast ein wenig unterkühlt. Lenkbefehlen folgt das Nevi Classic willig und vorhersehbar, richtet sich aus Schräglage aber gerne schnell wieder auf. Wer sich mehr italienisches Temperament wünscht, sollte besser die Maßrahmen-Option wählen.

Die RoadBIKE-Prüfstände lieferten teils gute, teils weniger berauschende Werte: Die Steifigkeiten im Tretlager sind sehr gut, die Werte im Lenkkopf zumindest solide – der Rahmen ist auch vergleichsweise leicht. Dafür dämpft er kaum – den eher eingeschränkten Komfort des Renners hatten die Testfahrer bereits bei den Fahrtests bemängelt, noch vor Beginn der Messreihen im Labor. Die Laufräder sind recht seitensteif, aber vergleichsweise schwer.

Überhaupt kostete die Aussattung das Nevi Classic gemäß RoadBIKE-Schlüssel den einen oder anderen Punkt: Ist Shimanos Ultegra-Gruppe zweifellos eine gute Wahl, enttäuschten insbesondere die billigen FSA-Energy-Anbauteile. Die unnachgiebige Alu-Stütze trug zum „harten“ Fahreindruck bei, der Lenker missfiel mit seiner wenig ergonomischen Form, und der mit 120 Millimetern ungewöhnlich lange Vorbau zwang die Test-Piloten in eine recht gestreckte Sitzposition. Zudem zeichnet die Ausstattung auch für das vergleichsweise hohe Gesamtgewicht von 8,7 Kilogramm verantwortlich.

Ärgerlich: die Rostspuren im Steuersatz und an der Schraube der Abdeckkappe.

Technische Daten

Preis

4900 Euro

Gewicht

8,7 kg *

Rahmengewicht

1572 g

Gabelgewicht

499 g

Laufradgewicht mit Reifen, Disc, Kassette

2926 g (ohne Schnellspanner/Steckachse)

Vertriebsweg

Fachhandel

Verfügbare Rahmenhöhen

S/M/L/XL/XXL

Getestete Rahmenhöhe

XL

Rahmenmaterial

Titan

Lenkkopfsteifigkeit

73 Nm/Grad

Tretlagersteifigkeit

94 N/mm

Komfort vorne

332 N/mm

Komfort hinten

432 N/mm

Laufradsteifigkeit Vorderrad

95 Nm/Grad

Laufradsteifigkeit Hinterrrad

81 Nm/Grad

Schaltgruppe

Shimano Ultegra, 11–28

Kurbelsatz

Shimano Ultegra, 50/34

Bremse

Shimano Ultegra

Laufräder

Shimano WH-RS500

Reifen

Schwalbe Durano Plus, 25 mm

Vorbau

FSA Energy

Lenker

FSA Energy

Sattel

Fizik Aliante

Sattelstütze

FSA Energy

* Gewicht Komplettrad ohne Pedale/Rahmen/Gabel.

Profil:

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RoadBIKE
RoadBIKE Titan Rennräder Test 2018

Geometrie:

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RoadBIKE
RoadBIKE Titan Rennräder Test 2018

Nevi Classic (Modelljahr 2018) im Vergleichstest

Fazit

Steif, aber wenig komfortabel. Geometrie und Ausstattung des vergleichsweise günstigen Testmodells konnten nicht auf ganzer Linie überzeugen. Wer einen Titan-Maßrahmen aus italienischer Produktion sucht und individuell aufbauen möchte, kann das jedoch mit Sicherheit verschmerzen.

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4 / 2024
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Erscheinungsdatum 05.03.2024