20 Bestseller-Rennräder aus Carbon im Test
Im Test: 20 Carbon-Rennräder um 2.500 Euro

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Die Carbon-Rennräder um 2.500 Euro punkten mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis und sind die Lieblinge ambitionierter Rennradfahrer. RoadBIKE hat 20 Bestseller-Modelle getestet.

MB Bestseller-Rennräder
Foto: Daniel Geiger

RoadBIKE hat 20 Rennrad-Bestseller um 2.500 Euro zum Test bestellt, um genau das herauszufinden. Skepsis ist angebracht, denn wie RoadBIKE schon im Herbst berichtete, gestalten sich die Rahmenbedingungen für die Hersteller zunehmend schwieriger.

Steigende Kosten für Produktion, Anbauteile, Transport, Zölle sowie schlechtere Wechselkurse machen es den Produktmanagern immer schwerer, festgefügte Preisgrenzen zu halten.

Der Test der 3.500-Euro-Klasse in RoadBIKE 04/11 bestätigte diese Befürchtung: „Viele Hersteller mussten an der Ausstattung sparen, um den Preispunkt halten zu können“, zog RB-Redakteur Nils Flieshardt nach dem Test Bilanz. Wie schlägt sich da im Vergleich die preisaggressive 2.500-Euro-Klasse?

Die Basis eines Rennrades ist der Rahmen, in der Klasse um 2.500 Euro kommt ausschließlich Carbon zum Einsatz. Das angesagte Rahmenmaterial – 59 Prozent der RoadBIKE-Leser wollen sich beim nächsten Kauf für ein Modell mit Kohlefaserrah­men entscheiden – ist das wichtigste Merkmal der Testräder. Dadurch grenzen sie sich von der Klasse bis 2.000 Euro ab, wo Alu noch immer das dominierende Rahmenmaterial ist.

Zwar gibt es auch sehr günstige Carbon-Rahmen. Die sind aber, abgesehen von der prestigeträchtigen Optik, nicht automatisch empfehlenswert, da sie oft mehr wiegen als moderne Alu-Rahmen. Auch in diesem Testfeld finden sich solche Kandidaten: Focus schickte einen 1337 Gramm schweren Rahmen in den Test – rund 200 Gramm schwerer als das (gute) Durchschnittsgewicht von 1.120 Gramm.

Beim Set-Gewicht aus Rahmen, Gabel und Steuersatz patzen gleich mehrere Testteilnehmer: Cube und Willier drücken mit über 1,9 Kilo auf die Waage, dicht gefolgt von den Modellen von Spezialized und Focus.

Im Schnitt wiegen die Sets im Testfeld rund 1650 Gramm, Stevens erreicht sensationelle 1324 Gramm, auch Canyon, Felt, Radon, Rose und Scott wiegen nur rund 1500 Gramm. Es lohnt sich also durchaus, bei den Rahmen genauer hinzuschauen.

Das gilt auch für die Steifigkeiten der Rahmen. Zwar erreicht die große Mehrzahl absolut ausreichende, teils sogar hervorragende Messwerte (Tabelle Seite 40). Doch der Test entlarvte auch einige Ausreißer nach unten: BMC, Conway, Principia und Wilier leisten sich Schwächen bei der Lenkkopfsteifigkeit, die sich in der Praxis durch unpräzises Handling bemerkbar machen. Ein Risiko für die Fahrsicherheit bedeuten all diese Werte indes nicht.

Auch beim Dämpfungskomfort erreicht die große Mehrzahl der Testräder sehr gute Werte, was in der Praxis spürbare, wirkungsvolle Dämpfung garantiert. Erfreulich: Mittlerweile bieten sehr viele Rahmen nicht nur am Heck, sondern auch an der Front sehr ordentliche Komfortwerte.

Rahmentest bestanden

Die große Mehrheit der Anbieter schickt in der 2.500-Euro-Klasse also solide, im Wortsinn „gute“ Rahmen auf die Piste. Doch auch eine Handvoll „sehr gute“ Sets sind darunter. Allen voran das superleichte, steife Xenon-Set von Stevens, das nur haarscharf an der Bestnote „überragend“ vorbeischrammt.

Die Top-Wertung sichert sich einmal mehr – und als einziger Rahmen im Test – der hervorragend konstruierte Ultimate CF von Canyon.
Die Note, die RoadBIKE für jedes Rahmen-Set vergibt, das den Testparcours im hauseigenen Prüflabor durchläuft, erlaubt klare Aussagen darüber, wie gut ein Rahmen entwickelt wurde.

Und sie lässt Rückschlüsse zu, wie gut es die Ingenieure verstanden haben, das verbaute Material so einzusetzen, dass Steifigkeiten und Komfort in ausgewogenem Verhältnis zueinander stehen. Gerade für Kunden, die eines der getesteten Räder in einer anderen Ausstattungsversion oder als Rahmenkit zum Selbstaufbau kaufen wollen, ist diese Zwischennote eine wertvolle Kaufhilfe.

Stimmt die Rahmen-Basis eines Renners, gilt der nächste prüfende Blick der Ausstattung. Gerade die Laufräder beeinflussen den Charakter eines Renners maßgeblich: Auch ein Top-Rahmen fährt sich mit schweren Laufrädern, als habe jemand ein Gummiband am Sattel befestigt.

Zu weiche Laufräder verschenken ebenfalls Potenzial – da hilft auch der steifste Rahmen nicht. Deshalb schenkt RoadBIKE gerade den Lauf­rädern große Aufmerksamkeit, vermisst jedes einzelne Set, prüft deren Seitensteifigkeit und ihren Rundlauf.

Die Rennräder in diesem Test:

Im Fokus: Die Parts an den Testrädern

Ansonsten überzeugte die Qualität der Laufräder durchweg – hoffentlich ein Zeichen für verbesserte Qualitätssicherung.

Freuen dürfen sich die Kunden nicht nur über die Aufbauqualität der Laufräder, mit denen die Anbieter ihre Bestseller bestücken.

Auch das Ausstattungsniveau im Testfeld war hoch: Häufig anzutreffende Modelle wie Mavics Ksyrium Elite oder Ksyrium Equipe, Fulcrums Racing 5 oder das R 1700 von DT Swiss überzeugen mit Laufrad-Kom­plettgewichten von durchschnittlich 2700 Gramm.

Im bereits erwähnten Test in RoadBIKE 04/2011 war das Niveau nicht besser: Die Räder der 2500-Euro-Klasse bestechen auch hier mit ihrem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Bei den Schaltgruppen müssen sich die Räder im Test ebenfalls nicht verstecken: Shima­nos Ultegra ist der Standard. Güns­tigere Gruppen montierten nur Haibike und Scott: Campagnolos Athena und Srams Rival.

Das als reine Sparmaßnahme abzutun, wäre aber zu kurz gegriffen. Beide Gruppen wiegen weniger als Shimanos Quasi-Standard Ultegra und drücken, besonders beim Scott, das Gesamtgewicht.

Einmal mehr gelingt es den Versendern, in diesem Kapitel zu punkten: Canyon montiert Campagnolos Chorus, Rose die Sram Force. Poison und Radon trumpfen gar mit Sram Red und Shimano Dura-Ace auf! Doch auch Cube montiert Brems-/Schalthebel, Schaltwerk und Umwerfer von Shimanos Top-Gruppe Dura-Ace.

Dafür sparen die Franken bei den Bremsen: Wie auch Bianchi montiert Cube Stopper von FSA, die durch schlechte Dosierbarkeit und geringere Bremskraft auffielen. Auf solche Sparpakete sollten die Anbieter tunlichst verzichten.

Doch das ist die einzige ernsthafte Kritik, die sich die Anbauteile gefallen lassen müssen. Wie bei Laufrädern und Gruppen liegt die Qualität aller übrigen Parts auf insgesamt hohem Niveau – der Vergleich mit den 3500-Euro-Rennern ist durchaus statthaft.

Lediglich bei Sätteln und Reifen greifen einige Anbieter auf Mittelklassematerial zurück, was zu verkraften ist, tauschen doch ohnehin 65 Prozent aller Road­BIKE-Leser den Sattel gleich beim Radkauf. Reifen werden als Verschleißteile ohnehin früher oder später gewechselt.

Die besseren Renner?

Sind in der Saison 2011 die 2500-Euro-Renner also am Ende gar die besseren Räder als die rund 1000 Euro teureren Mitbewerber? „Den Unterschied machen die Rahmen: Für 3500 Euro gibt es häufig den Top-Rahmen der Hersteller, bei den 2500-Euro-Rennern kommt die zweite oder dritte Garnitur zum Einsatz“, erklärt Redakteur Flieshardt die Preisdifferenz.

Bei der Ausstattung müssen sich die Kassenschlager kaum vor den deutlich teureren Modellen verstecken. Und auf der Straße ist der Unterschied zur nächsthöheren Klasse ohnehin oft kaum spürbar.

Benotet: Die Rahmen-Gabel-Sets

Sie hilft Ihnen, falls Sie sich für einen der Rahmen in einer anderen Ausstattung interessieren.

In der folgenden Grafik finden Sie die Noten aller 20 getesteten Rahmen-Gabel-Sets:

RB 0511 Bestseller-Renner - Rahmen-Gabel-Set

RoadBIKE-Messlabor: Die Gewichte der Testräder

Beim Komplettgewicht ist jeweils das Rennrad ohne Pedale angegeben. Die Laufradgewichte beziehen sich auf eine Paar inklusive Reifen, Felgenbänder, Schnellspanner und Kassette.

RB 0511 Bestseller-Renner - Gewichte im Vergleich

RoadBIKE-Messlabor: Steifigkeiten und Komfortwerte

Hier finden Sie alle wichtigen Messwerte aus dem RoadBIKE-Prüflabor. Wenn Sie auf das Lupe-Symbol (rechts oben in der jeweiligen Grafik) klicken, öffnet sich eine Großversion.

RB 0511 Bestseller-Renner - Laufradsteifigkeit
RB 0511 Bestseller-Renner - Tretlagersteifigkeit
RB 0511 Bestseller-Renner - Lenkkopfsteifigkeit
RB 0511 Bestseller-Renner - Komfort

So testet RoadBIKE die Bestseller-Rennräder

Laborprüfung:

Ausstattung, Geometrie, Gewichte, Steifigkeitswerte – alle im Heft abgedruckten Zahlen und Messwerte ermittelt RoadBIKE im eigenen Prüflabor.

All diese Daten fließen nach festgelegten Bewertungsschlüsseln in die Berechnung der Endnote ein: Zu 50 Prozent errechnet sich die Endnote aus der Summe der im Labor gesammelten Punkte.

Praxistest:

Jedes Rennrad ist anders, jeder Fahrer hat eigene Ansprüche – darum sind mindes­tens drei Tester auf jedem der Testräder unterwegs.

Auf einer festgelegten Strecke sammeln sie ihre Eindrücke und geben Bewertungen ab – ohne die Daten aus dem Labor zu kennen.
Diese Praxisbewertungen bestimmen zu
50 Prozent die Endnote des Rades.

Radkauf beim Versender: Vor- und Nachteile

Positiv: Preis/Ausstattung

Dank Direktvertrieb sparen sich Versender die Marge für den Fachhandel – der Verkaufspreis kann daher niedriger ausfallen, alternativ spendiert der Versender seinen Rädern eine im Vergleich zum Fachhandel höherwertige Ausstattung

Positiv/Negativ: Beratung

Sie findet online oder am Telefon, meist durch geschulte Mitarbeiter statt – und muss deshalb nicht schlechter sein als im Shop. Persönliche Beratung gibt’s bei manchen Versendern in eigenen Geschäften – die aber meist nur am Firmensitz liegen.

Negativ: Probefahrt

Nur wenige Versender bieten die Möglichkeit einer Probefahrt. Wenn, dann oft nur am womöglich weit entfern­ten Firmensitz. Eine Geometrietabelle liefert theoretische Eckpunkte zur „Passform“ eines Rennrades, erfordert aber Erfahrung beim „Lesen“.

Negativ: Service

Für Umtausch, Erstservice oder Reparatur muss beim Versender das Bike jeweils verpackt und verschickt werden. Um Montage und finales Setup des neuen Renners muss sich der Kunde kümmern (können). Ausnahme: Radon ermöglicht durch spezielle Vereinbarungen Reparaturen in ausgewählten Rad-Shops.

Fazit: Starkes Testfeld – mit Canyon als Sieger

Fast alle Rahmen bieten viel fürs Geld, die Ausstattung erreicht erstaunlicherweise fast das Niveau von 1.000 Euro teureren Rennern!

Wer keinen High-End-Rahmen unter 1.000 Gramm braucht, wird hier glücklich – besonders mit dem Testsieger von Canyon oder den Kauftipps von Felt, Rose, Scott und Stevens.

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Erscheinungsdatum 05.03.2024