Test: 5 Wettkampf-Rennräder
5 schnelle Rennräder für Wettkämpfe im Test

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Gebaut, um schnell zu fahren: Wettkampf­-Rennräder erfreuen sich großer Beliebtheit. ROADBIKE hat fünf Modelle im Windkanal, im ROADBIKE-Labor und auf der Straße getestet – und vergleicht die Ergebnisse mit Aero­-Rennern.

Wettkampf Rennräder Test 2020
Foto: Björn Hänssler

Diese fünf Wettkampf-Rennräder haben wir getestet:

Faszination Rennrad – für viele bedeutet das nicht zuletzt: Faszination Geschwindigkeit. Doch wer am liebsten schnell fährt, süchtig ist nach scharfem Fahrtwind im Gesicht oder auch mal bei Wettkämpfen startet, hat die Qual der Wahl: Aero-Renner oder "klassisches" Wettkampf-Rennrad?

Aero-Renner sind bedingungslos auf hohes Tempo getrimmt: mit Rahmen-Designs und -dimensionen, die dem Wind so wenig Angriffsfläche wie möglich bieten und Luftverwirbelungen vermeiden, einer oft tiefen, gestreckten Fahrerhaltung, schnellen Hochprofil-Laufrädern und ruhigem Handling. "Normale" Rennräder hingegen wollen sportlich sein, schnell – und auf jedem Terrain gefallen: mit möglichst geringem Gewicht, deshalb eher runden Rahmenrohren, einer sportiven, aber nicht zu extremen Fahrerhaltung, leichten, flachen Felgen und agilem Handling.

Wettkampf Rennräder Test 2020
Björn Hänssler
Agil und spritzig: Die Wettkampfräder im Praxistest auf der Straße.

ROADBIKE wollte wissen: Wie schlagen sich aktuelle Wettkampf-Renner im Windkanal, im RB-Labor und auf der Straße und welches ist das beste der getesteten Modelle? Und wo stehen "reinrassige", eher auf geringes Gewicht ausgerichtete Rennmaschinen mit flachen Felgen im Vergleich zu den schon getesteten ausgewiesenen Aero-Spezialisten mit ihren Hochprofillaufrädern? Mit Canyons Ultimate, dem Agree von Cube, Meridas Scultura, dem Tarmac von Specialized und dem Xenon von Stevens stellen sich fünf beliebte Modelle und Marken dem Vergleich – Rose verzichtete hingegen mit seinem X-Lite Four auf eine Testteilnahme, das Izalco Max von Focus und das neue TCR von Giant standen zum Testzeitpunkt nicht zur Verfügung, andere Renner erfüllten nicht die Teilnahmevoraussetzungen.

Denn neben der Laufradfrage sollten sowohl Racer als auch Aero-Renner zwecks besserer Vergleichbarkeit einheitlich mit Shimanos Ultegra-Di2-Disc-Gruppe ausgestattet sein – sehr hochwertig also, aber erschwinglicher als die Top-Modelle mit Shimanos Dura-Ace Di2 oder Srams elektronischer Red eTap AXS. Wie stark Aero-Felgen die Performance beeinflussen, wurde beispielhaft an einem Wettkampf-Renner untersucht. Und: Alle Rennräder wurden in Originalausstattung getestet – also exakt so, wie sie werkseitig angeboten werden, und nicht etwa mit einheitlichem Referenzlaufradsatz, um die Ingenieursleistung bei der Rahmenentwicklung stärker zu betonen.

Die Testergebnisse zeigen folglich keinen abstrakten Messwert, sondern unverfälscht die Performance, die der Käufer tatsächlich erwirbt. Getestet wurde zudem mit großer Realitätsnähe – nämlich mit montierten Standard-Flaschenhaltern und Flaschen. Und damit genau so, wie jedermann/-frau auch "in freier Wildbahn" unterwegs ist. Was zeigt zunächst der "interne" Vergleich – der Wettkampf-Renner untereinander? Was die Aerodynamikmessungen im Windkanal angeht, setzt sich Canyons Ultimate deutlich von der Konkurrenz ab: Glatte zehn Watt liegen zwischen dem Rad aus Koblenz und dem ersten Verfolger, Specializeds Tarmac. Das bedeutet: Auf einer 100 Kilometer langen Runde mit 1500 Höhenmetern bei etwa 27 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit wäre ein 75 Kilogramm schwerer Fahrer bei ansonsten identischen Leistungsparametern aus aerodynamischer Sicht nur aufgrund der Wahl des Rades fast anderthalb Minuten schneller.

Gegenüber dem aerodynamisch schwächsten Rad in diesem Vergleich wären es mehr als zwei Minuten. Natürlich räumt jemand, der Wettkämpfe fährt, solchen Differenzen größeres Gewicht ein als ein Sportler, der "nur" zum Spaß Rennrad fährt – die physikalischen Gesetzmäßigkeiten gelten jedoch für alle: Auf dem einen Rennrad muss schlicht mehr Leistung erbracht werden als auf dem anderen, um gleich schnell unterwegs zu sein. In den weiteren Testdisziplinen glänzte mal der eine, mal der andere Kandidat: Stevens stellt das leichteste Komplettrad, Merida das Rad mit bestem Federungskomfort am Heck, Specialized montiert die leichtesten und flinksten Laufräder. In der Praxis überzeugten alle Kandidaten mit jeweils eigenem Charakter.

Wettkampf Rennräder Test 2020
Björn Hänssler
Stevens schickte das leichtestes Rad ins Rennen.

In der Summe sichert sich das Canyon den Testsieg. So weit, so gut. Und wo stehen die Racer nun im Vergleich zu den Aero-Rennern? Im Windkanal ist die Antwort eindeutig: Ausnahmslos alle Aero-Renner liegen in ihrer Spezialdisziplin deutlich vor den klassischen Rennmaschinen, das schnellste und das langsamste Rennrad trennen knapp 48 Watt! Umgerechnet auf die zuvor beschrie- bene 100-Kilometer-Runde wären das über sechs Minuten – das sind Welten, zumal die Hersteller öffentlich natürlich alle von sich behaupten, die ideale Lösung für schnelle Ausfahrten und Wettkämpfe anzubieten ...

Beim Gewicht ist die Durchmischung größer oder, anders ausgedrückt: Aero-Boliden sind nicht zwingend schwerer als klassische Racer, wie das früher oft der Fall war. Allerdings sind sie deutlich teurer: Mindestens 1000 Euro mehr muss man für einen Aero-Renner schon ausgeben. Das mag an höheren Entwicklungskosten mit Windkanal-Optimierung liegen, definitiv aber an den montierten Carbon-Hochprofillaufrädern, die zur Aero-Performance allerdings auch maßgeblich beitragen.

Fazit: Wettkampf-Renner sind ein guter Kompromiss: sportlich, aber nicht zu extrem, z.B. in puncto Sitzposition. Im Testfeld entscheidet Canyons Ultimate das Rennen klar für sich. Wer ernsthaft Rennen fährt, den höheren Preis und die extremere Geometrie nicht scheut, greift aber besser gleich zum Aero-Renner.

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4 / 2024
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Erscheinungsdatum 05.03.2024