Test: 17 Rennräder mit Shimanos elektronischer Di2-Schaltung
17 Di2-Rennräder im RoadBIKE-Test

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Rennräder mit Shimanos neuer elektronischer Schaltung Ultegra Di2 elektrisieren die Branche – RoadBIKE hat die heißesten Elektro-Rennräder aller Preisklassen getestet!

RB 0312 Ultegra Di2-Renner im Test Teaserbild
Foto: Daniel Geiger

Die Radbranche steht unter Strom! Doch erst die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die Rennrad-Szene so leicht elektrisieren lässt. Und ob sich elektronisches Schalten als die technische Innovation des Jahrzehnts endgültig etablieren oder als mutiger, aber letztlich gescheiterter Versuch in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Ordentlich gefunkt hat es bereits 2009, als Shimano mit der Dura-Ace Di2 die erste wirklich überzeugende E-Schaltung auf den Markt brachte – für eine exklusive, zahlungskräftige Klientel. Auch Campagnolos jüngst vorgestellte elektronische EPS-Gruppen zielen auf diese Käuferschicht.

Richtig Schwung in den Markt bringen möchte nun die erste auch für breite Käuferschichten erschwingliche E-Gruppe, die Ultegra Di2, die an immer mehr Rennrädern unterschiedlicher Preisklassen verbaut wird. 17 dieser Räder, zu Preisen ab 1999 Euro, hat RB getes­tet. Richtig gelesen: Bulls verlangt für seinen Alu-Renner Desert Falcon 2 Di2, aktuell das günstigste Di2-Rennrad, nur knapp 2000 Euro!

Shiamno Ultegra Di2 für alle

Doch auch abseits solcher Kampfpreise prägt die Ultegra Di2 das Bild in der Kaufklasse: Kein Anbieter, der etwas auf sich hält, verzichtet auf ein Rennrad mit elektronischer Shimano Ultegra Di2 im Sortiment. In der Regel kosten diese Renner bis 500 Euro mehr als vergleichbar bestückte Räder mit mechanischer Ultegra. Die großen Versender Canyon und Rose steigen bei rund 2300 Euro ein, die preisagressiven Fachhandelsmarken Cube, Focus, Haibike und Stevens bleiben mit ihren Testrädern unter 3000 Euro.

Doch auch die 4000-Euro-Klasse ist gut aufgestellt, und selbst an richtig teuren Rennern findet sich die elektronische Ultegra. Das Storck Scentron etwa, für die Montage elektronischer Gruppen optimiert, beweist, dass die Di2 auch ein so hochwertiges Rad weiter aufwerten kann – allein durch ihre beeindruckende Funktion.

RoadBIKE wollte mit diesem Test die Bandbreite des Angebots an Ultegra-Di2-Rädern darstellen. Wegen der daraus resultierenden Preisunterschiede von bis zu 3000 Euro zwischen den Probanden kürt RoadBIKE keinen Testsieger. Innerhalb der Preisklassen vergibt RoadBIKE dafür Kauftipps.

Shimano Ultegra Di2 – beeindruckende Schaltung

Wer je in den Genuss kam, den Kettenblattwechsel einer elektronischen Schaltung erleben zu dürfen, diskutiert nicht mehr über deren Daseinsberechtigung. Blitzschnelle, präzise Schaltvorgänge, nie wieder Kettenschleifen am Umwerferleitblech, keine Handkraft und keine Hebelwege bei den Schaltbefehlen – das sind die im Alltag sofort überzeugenden Argumente für die elektronische Schaltung.

So waren sich alle Fahrer nach dem Praxistest einig: Funktional steht die elektronische Ultegra über der mechanischen Dura-Ace. Auch optisch macht die dunkelgraue Gruppe eine gute Figur – sie wirkt edel und wertig. Nur die klobigen Motorengehäuse an Umwerfer und Schaltwerk sind sicher nicht jedermanns Sache.

Das Di2-Mehrgewicht (rund 180 g zur mechanischen Ultegra) verliert, angesichts der beeindruckenden Funktion, schnell an Bedeutung. Zumal alle Räder im Test, mit Aus­nahme des günstigen Bulls, meist deutlich unter 8 Kilo wiegen. In der Bestseller-Klasse bis 3000 Euro wiegen die Räder um 7,5 Kilo – und damit so viel wie der gute Durchschnitt der Modelle mit mechanischer Schaltung (Messlabor).

Die leichtesten Modelle (BMC, Felt, Storck und Trek) kratzen an der 7-Kilo-Marke. Das liegt vor allem daran, dass alle Hersteller gute Laufräder montieren: Sätze auf dem Niveau von Mavics Ksyrium Elite sind auch an den Test­rädern bis 3000 Euro guter Standard.

Gut verkabelt mit der Shimano Ultegra Di2?

Deutliche Unterschiede fielen den Testern bei der Integration der Kabel und des Akkus am Rahmen auf. Shimano bietet für die elektronische Ultegra eine Vielzahl von Kabeln unterschiedlicher Länge an, ihre Stecker haben nur rund 5 mm Durchmesser. Grundsätzlich lasen sich die Kabel deshalb besser im Rahmen unterbringen als die der Dura-Ace Di2 (mit dickeren Steckern). BMC, Canyon oder Focus lösen diese Aufgabe vorbildlich: Die Kabel verschwinden nah am Oberrohr im Rahmen und treten direkt am Akku, Umwerfer und Schaltwerk wieder aus.

Unschön neben dem Rahmen bau­melnde Kabel stören nicht nur optisch: So verhedderte sich beim Testen ein zwischen Kettenstrebe und Schaltwerk zu lang verlegtes Kabel unter der Klemmung der Schnellspannachse – und wurde gequetscht. Sicher ein Fall von Unachtsamkeit, der im Eifer des Gefechts aber vorkommen kann! Deshalb: Beim Kauf besser auf akkurat verlegte Kabel achten.

Das Jahr der Entscheidung

Um Rahmen und Ausstattungen muss man sich – zumindest in diesem Testfeld – kaum Gedanken machen. Bei allen Messungen an den 17 Rahmen-Sets lag nur ein Messwert knapp außerhalb des "grünen Bereichs" für optimale Steifigkeit – das zeugt von durchweg gut gemachten Rahmen. Auch das ein starkes Argument für das Potenzial der neuen "Ultegra-Di2-Klasse".

Ob sich die elektronische Schaltung durchsetzen wird, muss nun der Markt entscheiden. Bleiben die Käufer aus, wäre das ein herber Rückschlag für die elektronische Revolution. Viel wahrscheinlicher ist dieser Aufschlag aber erst der Anfang, und 2013 kommen noch mehr Di2-Räder. Und, vielleicht, auch irgendwann eine bezahlbare Elektro-Alternative von Campagnolo ...

Die Rennräder in diesem Test:

Benotet: Die Rahmen-Gabel-Sets der Di2-Renner

Sie hilft Ihnen, falls Sie sich für einen der Rahmen in einer anderen Ausstattung interessieren. In der folgenden Grafik finden Sie die Noten aller 17 getesteten Rahmen-Gabel-Sets:

RB 0312 Di2-Renner Rahmen-Gabel-Set
RoadBIKE

RoadBIKE-Messlabor: Steifigkeiten und Komfortwerte

Hier finden Sie alle wichtigen Messwerte aus dem RoadBIKE-Prüflabor. Wenn Sie auf das Lupe-Symbol (rechts oben in der jeweiligen Grafik) klicken, öffnet sich eine Großversion.

RB 0312 Di2-Renner Laufradsteifigkeit
RoadBIKE
RB 0312 Di2-Renner Tretlagersteifigkeit
RoadBIKE
RB 0312 Di2-Renner Lenkkopfsteifigkeit
RoadBIKE
RB 0312 Di2-Renner Komfort
RoadBIKE

RoadBIKE-Messlabor: Die Gewichte der Testräder

Beim Komplettgewicht ist jeweils das Rennrad ohne Pedale angegeben. Die Laufradgewichte beziehen sich auf eine Paar inklusive Reifen, Schnellspanner und Kassette.

RB 0312 Di2-Renner Gewichte
RoadBIKE

So testet RoadBIKE die Di2-Rennräder

Laborprüfung:

Im eigenen Prüflabor misst RoadBIKE die Tretlager- und Lenkkopfsteifigkeiten aller Rahmen-Gabel-Sets sowie die Seitensteifigkeit der Laufräder. Die Tretlagerstei­figkeit lässt Schlüsse auf den Vortrieb zu, den ein Rad – etwa im Wiegetritt – generiert. Werte über 80 N/mm bieten genug Reserven, damit sich das Rad auch bei harten Antritten nicht zu stark verwindet.

Die Lenkkopfsteifigkeit ist wichtig für die Fahrstabilität und Lenkpräzi­sion. RoadBIKE nimmt die Messung inklusive der Gabel vor. Werte über 70 Nm/° liegen im "grünen Bereich" und bieten auch schweren Fahrern über 80 Kilo genügend Steifigkeit. Darüber ­hinaus werden zwei Komfortmessungen vorgenommen, die Aussagen über die vertikale Nachgiebigkeit liefern. Je mehr das Set unter Last "einfedert", desto komfortabler ist der Renner. Gute Werte liegen unter 350 N/mm. Alle Labordaten fließen in die Bewertung ein und machen 50 Prozent der Endnote aus.

Praxistest:

Jedes Rennrad ist anders, und jeder Fahrer hat eigene Ansprüche. Darum sind mit jedem Test­rad mindestens 3 verschiedene Fahrer unterwegs. Auf einer festgelegten Runde sammeln sie unabhängig voneinander, und ohne Daten zu kennen, ihre Eindrücke und geben Bewertungen ab. Die Praxisnote macht 50 Prozent der Endnote aus.

Fazit: Di2-Renner überzeugen auf ganzer Linie

Die 17 Rennräder im Test sind nur
ein Ausschnitt des riesigen Angebots, in dem jeder den passenden Renner finden kann: Sparfüchse greifen zum Bulls Desert Falcon, für 800 Euro mehr gibt’s von Cube mit dem Agree GTC ein richtig starkes Rennrad – Kauftipp!

Auch die teureren Modelle von BMC und Storck sind jeden Cent wert. Und sie alle überzeugen auf ganzer Linie – nicht nur mit der exzellenten Di2-Schaltperformance!

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4 / 2024
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Erscheinungsdatum 05.03.2024