Ergonomie-Spezial: der Rennrad-Sattel
Wie du den passenden Rennrad-Sattel findest

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Bis zu 80 Prozent des Körpergewichts lasten beim Radfahren dauerhaft auf dem Sattel – dem wohl sensibelsten Kontaktpunkt zwischen Mensch und Maschine. Und auch das Sprichwort "Jeder Hintern ist anders" kommt da nicht von weit her. Doch wie findest du den für dich richtigen Sattel für deine persönlichen Bedürfnisse? Was solltest du vor und beim Kauf beachten? Und wie stellst du den Sattel auf deine Maße ein? Wir von Roadbike geben dir ausführliche Antworten und zeigen dir exemplarisch eine Auswahl an vernünftigen Sätteln für Mann und Frau.

Fizik,Sattek,Ineos
Foto: Fizik

Kurze Anatomiestunde: Wie sieht der Mensch untenrum eigentlich aus?

Die Sitzbeinhöcker, umgangssprachlich auch Sitzknochen genannt, bilden den untersten Punkt des Beckens. Ihre Verlängerung sind die Schambeinäste, beide Seiten treffen sich mittig am Schambein. Zwischen diesen beiden knöchernen Strukturen liegen die Weichteile – der Bereich zwischen Po und äußeren Geschlechtsorganen, mit einem weitverzweigten Geflecht an sensiblen Nerven- und Blutbahnen.

Pressure Map Sattel
Specialized
  1. Sitzbeinhöcker: die untersten Punkte des Beckens. Auf ihnen sollten bis zu 80 Prozent der Sitzlast ruhen.
  2. Schambeinäste: die Verlängerungen der beiden Sitzbeinknochen – belastbar mit höchstens 40 Prozent der Sitzlast.
  3. Schambeinbogen: Faserknorpelige Verbindung der Schambeinäste. Sollte komplett druckbefreit sein.
  4. Damm: Gut durchbluteter Bereich zwischen Po und äußeren Geschlechtsorganen sollte komplett druckbefreit sein.
  5. Iliosakralgelenk: Verbindung zwischen Kreuzbein und Beckenkamm.

Auswahl an Sätteln für Mann & Frau

Wir zeigen dir hier eine Auswahl an Rennradsätteln, die wir in unseren Tests und aus unserer Erfahrung heraus ausnahmslos empfehlen können. Trotzdem empfindet jeder das Sitzen auf dem Fahrrad anders und die angegebenen Sättel müssen nicht unbedingt zu dir passen. Deshalb geben wir dir viele weitere interessante Informationen, Tipps und Ratgeber rund um das Thema Sattel weiter unten, damit du bestmöglich auch deinen Sattel findest.

Auswahl Rennradsättel

Übersicht

Sattel

Sattel

Sattel

Sattel

Sattel

Sattel

Sattel

Ergon,Sattel,SR Sport Gel Woman

Hersteller

Ergon

Fizik

Fizik

Selle Italia

SQlab

Terry

Specialized

Terry

Ergon

Modell

SR Pro Men

Aliante R3 Open

Antares R3 Open

SLR TM Superflow

612 Ergowave

Fly Arteria Men

Power Expert Mimic Woman

Butterfly Arteria Gel Women

SR Sport Gel Woman

Größen/ Maße*

S-M/: L 272 mm - B 140 mm

M/L: L 272 mm B 53 mm

Regulär: 141 mm

Large: 153 mm

Regulär: 276 mm x 142 mm

Large: 276 mm x 153 mm

S: 131 mm x 275 mm

L: 145 mm x 275 mm

12,13,14,15 cm x 27,5 cm

Standard: 9–12 cm

Max: 12–15 cm

143 mm/ 155 mm/ 168 mm

Standard: 9–12 cm

Max: 12–15 cm

S-M/: L 261 mm – B 141 mm

M/L: L 261 mm - 152 mm

Gewicht

220 g/ 230 g

235 g/ 245 g

215 g/ 230 g

205 g / 210 g

90 g/ 195 g / 200 g/ 205 g

ca. 255 g

213 g/ 214g/ 216g

ca. 260 g

265 g/ 275 g

Preis UVP

129,95 Euro

139 Euro

139 Euro

144,90 Euro

139,95 Euro

79,95 Euro

160 Euro

89,95 Euro

99,95 Euro

Link

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*Die Angaben der Größen wurden so übernommen, wie es die Hersteller auf ihrer Website angeben.

Müssen Sitzbeschwerden immer vom Sattel herrühren?

Auf keinen Fall. Auch ein eigentlich perfekt zu deiner Kehrseite passender Rennrad Sattel kann Schmerzen verursachen, wenn du zu hoch, zu tief oder zu "lang" sitzt. Überprüfe also zuerst deine Sitzposition, bevor du teures Geld für einen neuen Sattel ausgibst – eine Anleitung findest du unter www.roadbike.de/sitzposition, alternativ bietet sich ein professionelles Bikefitting an. Sitzbeschwerden können aber auch vom Polster deiner Radhose ausgelöst werden. Erst wenn alles gecheckt ist und die Beschwerden weiterhin bestehen, solltest Sie einen Sattelneukauf erwägen.

Warum passt mir nicht jeder Sattel?

Sitzknochenabstand und Schambeinbogenform variieren von Mensch zu Mensch, ebenso die Gewebestruktur und Druckempfindlichkeit im Intimbereich. Darüber hinaus beeinflusst die Fahrerhaltung, wie die Sitzlast auf einem Sattel verteilt ist. Sportwissenschaftler Pascal Ketterer, der für das Radlabor Hunderte Bikefittings und Satteldruckmessungen durchgeführt hat, sagt: "Ist ein Sattel zu breit, rutscht man beim Treten nach vorn und muss sich aktiv wieder nach hinten auf die Sitzflanken schieben – oft spürt man (zu) starken Druck auf die Sitzknochen und bleibt dann dauerhaft zu weit vorn sitzen. Ist der Sattel zu schmal, sitzt man zwar recht stabil, der Druck auf Schambein und Weichteile wird aber zu hoch – als Schonhaltung wird das Becken zurückgeschoben, die Sitzknochen stehen seitlich über die Sattelflanke hinaus." Grobe Orientierung: Man sitzt richtig auf dem Sattel, wenn die hinten an das Gesäß angelegte Hand senkrecht am Sattelende anliegt.

Was sind die häufigsten Beschwerden?

Sattel
Hersteller

Eine zu hohe Belastung der Sitzknochen ist schmerzhaft und führt zu einem instabilen Sitz. Die entstehende Reibung wiederum belastet die Haut stark, die sich entzünden kann. Ist der Druck hingegen an den Schambeinen und im sensiblen Weichteilbereich des Damms zu hoch, drohen Schmerzen, Taubheitsgefühle oder gar innere Entzündungen. Um Schmerzen auszuweichen, verändert der Radsportler oft die Sitzposition – Schmerzen im Rücken, an den Schultern oder im Nacken können dann die Folge sein, aber auch erhöhter Druck oder Taubheitsgefühle an Händen oder Füßen.

Was bieten Industrie und Einzelhandel?

Sattel
Hersteller

Um auf diese Beschwerdebilder und die unterschiedlichen menschlichen Anatomien zu reagieren, haben die Sattelhersteller mittlerweile ein schier unüberschaubares Angebot unterschiedlichster Sättel geschaffen. Damit die Kundschaft das individuell passende Modell herausfiltern kann, bieten viele Hersteller eigene Konzepte und Tools an – mal mehr, mal weniger nützlich. Radhersteller montieren an ihre Rennräder werksseitig Modelle, von denen sie sich die höchste Trefferquote versprechen – was jedoch keinen Erfolg garantiert. Lobenswert ist es, wenn ein Radhersteller anbietet, das Sattelmodell selbst zu wählen, etwa in einem Konfigurator. Serviceorientierte Fahrradhändler bieten beim Radkauf ggf. an, den Sattel zu tauschen (oft gegen Gebühr oder Wertausgleich), und verfügen im Idealfall über verschiedene Testsättel, die sie für längere Probefahrten montieren können.

Brauchen Frauen andere Sättel als Männer?

Die anatomische Beckenform sowie der Weichteilbereich beider Geschlechter unterscheiden sich definitiv: Frauen haben im Schnitt einen breiteren Abstand zwischen den Sitzknochen als Männer, der Schambeinbogen ist weniger hoch. Das heißt: Frauen sollten eher einen breiteren Sattel wählen mit einer zentralen Entlastung (Loch oder Aussparung). "Außerdem sollten Frauensättel vor allem den vorderen Bereich der Weichteile am Schambein entlasten", ergänzt Bikefitter Pascal Ketterer, "während bei Männern vor allem der Dammbereich entlastet sein sollte." Allerdings gibt es auch Frauen mit eher schmaleren Sitzknochenabstand und Männer mit breitem Becken. Deshalb gilt: immer individuell das passende Sattelmodell bestimmen!

Worauf sollte man sitzen?

Die Sitzknochen können hohen Druck aufnehmen, da hier keine großen Nervenbahnen verlaufen. Der optimale Sattel belastet den Bereich mit bis zu 80 Prozent. Die Schambeinäste sollten druckreduziert sein und "nur" 20 bis maximal 40 Prozent des Drucks aushalten müssen. Schambeinbogen und Dammbereich sollten komplett entlastet sein.

Die wichtigsten Merkmale eines Rennrad Sattels

Sättel unterscheiden sich in Breite, Länge, Polsterung, Form, Profil und Oberfläche. Hinzu kommen Qualitäts-, Gewichts- und Preisunterschiede durch unterschiedliche Materialien und Fertigung – so kann unter anderem ein Sattelgestell aus Titan, Stahl oder Carbon bestehen. Nur am Rande erwähnt seien Unterschiede in Farbe und Design. Die wichtigsten Kriterien, ob ein Sattel anatomisch passt, sind:

1. Länge:

Sattel
Hersteller

Von sehr lang bis sehr kurz reicht das Angebot an Sattelmodellen. Aktuell werden Rennradsättel tendenziell eher kürzer, wobei sie – im Gegensatz zu speziellen Zeitfahrsätteln – in der Regel immer noch mindestens 24 Zentimeter lang sind. Grund: Form und Beschaffenheit der Sattelmitte sind entscheidend für die Sitzlast und das subjektive Druckgefühl. Die Sattelnase – das zeigen Druckmessungen – wird nicht belastet – und kann somit auch verkürzt werden, nicht zuletzt, um Gewicht zu sparen.

2. Breite:

Sattel
Spezialiced

Lange Zeit galt: Den individuellen Abstand der Sitzknochen zu messen, ist der einfachste Weg, den passenden Sattel zu finden. Nicht berücksichtigt ist hierbei jedoch die Sitzposition: Wer z. B. sportlich-gestreckt sitzt, kippt das Becken nach vorn und sitzt dann eher auf den enger beieinanderliegenden Schambeinkufen anstelle der Sitzknochen. Der Abstand der Sitzbeinhöcker ist nur ein Kriterium bei der Sattelsuche, aber keinesfalls das Einzige, das eine Rolle spielen sollte.

3. Polsterung:

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Hersteller

Klar, dicke Polster suggerieren Komfort. Dafür sinken die Sitzknochen stärker ein, Nerven, Muskeln und Sehnen können rebellieren. Und je aufrechter die Sitzposition, desto mehr Gewicht lastet auf dem Sattel. Deshalb gilt: Mit dünner Polsterung und gut gewählter Sattel-Hose-Kombination fährt man auf dem Rennrad langfristig besser.

4. Grundform des Sattels

Sattel
Hersteller

Flach (links im Bild): Die Sitzlast ruht vorwiegend auf den Sitzknochen, der Dammbereich wird entlastet – gut für Menschen, die beim Radeln an Taubheitsgefühlen im Genitalbereich leiden.

Halbrund (mittig im Bild): Die Sitzlast verteilt sich auf die Innenseite der Sitzknochen und die Schambeinäste – gut für Menschen, die empfindlich auf Druck auf den Sitzknochen reagieren.

Rund (rechts im Bild): Die Sitzlast ruht vor allem auf dem Dammbereich – gut für Menschen mit knöcherner Beckenanatomie und gut ausgeprägter Beckenbodenmuskulatur.

5. Profil des Sattels

Sattel
Hersteller

Gerade: Der Klassiker verteilt die Sitzlast je nach Grundform und Typ recht gleichmäßig – potenziell eine gute Basis für viele Rennradler.

Sattel
Hersteller

Gestuft: Das "Heck" des Sattels steigt in einem deutlich sichtbaren Absatz/einer Stufe nach oben an – gut für Menschen, die eine deutliche Druckentlastung des Schambeins und gesamten Intimbereichs suchen.

6. Satteltyp

Sattel
Hersteller

Geschlossen (links im Bild): der Klassiker – optisch sehr harmonisch. Eine geschlossene Satteldecke kann aber Druck auf den Intimbereich mit sich bringen, wenn das Schambeindreieck tief, das Weichteilvolumen groß oder das Becken nach vorn rotiert ist.

Aussparung (mittig im Bild): Eine zentrale Vertiefung in der Mitte der Satteldecke entlastet die Nervenbahnen im Damm- und Intimbereich. Die verringerte Auflagefläche erhöht jedoch den seitlichen Druck.

Loch (rechts im Bild): gleiches Prinzip wie bei der Aussparung, allerdings großflächiger bzw. als echtes Loch in der Satteldecke. Kann den Dammbereich stark entlasten, bringt aber auch stärkere Kanten als die Aussparung mit sich – und somit ein noch größeres Potenzial für Druckstellen.

Wie finde ich in diesem riesigen Angebot nun den zu mir passenden Rennrad Sattel?

Wer nicht das Glück hat, dass der werksseitig am Rennrad montierte Sattel passt wie angegossen, bemerkt dies nach einer Weile an immer wiederkehrenden Sitzbeschwerden. Um einen besser passenden Sattel zu bestimmen oder die Auswahl zumindest einzugrenzen, solltest du anhand der Art der Beschwerden den eigenen Sitztyp bestimmen und ggf. anhand des individuellen Sitzknochenabstands die Sattelbreite feinjustieren.

Wie messe ich meine Sitzknochenbreite?

Das geht einfacher, als du denkst. Du brauchst nur ein Stück Wellpappe (etwa 25 cm x 25 cm) und einen ebenen, harten Untergrund. Dann setzt du dich auf das Stück Wellpappe und übst Druck aus, ohne herumzurutschen. Danach solltest du zwei eingedrückte Punkte sehen können. Die markierst du und kreist auch die äußeren Ränder der beiden Punkte ein. Jetzt nimmst du ein Lineal und misst den Abstand von Punkt zu Punkt, das ist der Sitzknochenabstand. Je nach Sitzposition musst du bei der Berechnung, wie folgt, noch ein paar Zentimeter draufrechnen:

➡ Triathlon/Zeitfahren: + 0 cm

➡ Oberkörper gestreckt, nach vorn gebeugt: + 1 cm

➡ Oberkörper leicht nach vorn gebeugt: + 3cm

➡ Moderat: + 2 cm

➡ Aufrecht: + 4 cm

In dem Video von SQlab wird das Prinzip der Sitzknochenvermessung nochmals verdeutlicht.

Unterschiedliche Sitztypen

ROADBIKE stützt sich bei der folgenden Anleitung auf eine Studie der Technischen Universität München, die Sportwissenschaftler und Biomechaniker Pascal Ketterer in Zusammenarbeit mit David Jesinghausen erstellt hat. "Wir haben bei weit über 300 Personen die Sitzknochenabstände gemessen", sagt Ketterer. Anhand der daraus gewonnen Informationen und Befragungen der Probanden ergaben sich die hier beschriebenen Beschwerdebilder. Sie lassen sich drei identifizierten Sitztypen zuordnen und die Auswahl der für dich vermutlich passenden Sattelmodelle eingrenzen. Sollte sich trotzdem kein Erfolg einstellen, kannst du noch über eine professionelle Sitzpositionsanalyse und/oder Satteldruckmessung nachdenken.

Der Klassiker

Statistisch tritt dieser Sitztyp mit 60% (Männer) und 44% (Frauen) am häufigsten auf.

  • Du sitzt instabil auf dem Sattel und wechselst häufig die Position.
  • Unangenehme Gefühle, Schmerzen oder gar Taubheit im Intimbereich sind quantitativ deine häufigsten Beschwerden.
  • Unterschiedliche Sattelmodelle und Breiten lösen bei dir sehr unterschiedliche Beschwerden aus – mal unangenehmen Druck auf dem Intimbereich, mal zu starke Belastung der Sitzknochen.

Es ist zu empfehlen, auf ergonomische Modelle mit leichter Stufe und/ oder Aussparung zu setzen, um das Risiko für Beschwerden im Intimbereich zu minimieren. Die Härte des Sattels ergibt sich aus Gewöhnung und Ihrer Sensibilität. Wichtig ist, den Sitzknochenabstand zu ermitteln und ein Sattelmodell mit dazu passender Breite zu wählen.

Der Schambeinbelaster

Statistisch tritt dieser Sitztyp in rund 20% (Männer) und 39% (Frauen) der Fälle auf.

  • Du kennst keine Druckgefühle auf den Sitzknochen.
  • Egal, welches Sattelmodell und welche Breite – Du hast vor allem Beschwerden im Intimbereich, z. B. Druck und Taubheitsgefühle sowie Schmerzen im Weichteilbereich (Männer) bzw. an den Schamlippen (Frauen).
  • Du hast das Gefühl, die Sitzlast gar nicht richtig auf den Sitzknochen platzieren zu können.

Dein Sattel sollte eine große Vertiefung/Aussparung aufweisen, damit du die Sitzlast auf die Sitzknochen verlagern kannst. Vermeide aber (zu) harte Sättel mit Loch aufgrund der Druckspitzen an den Kanten. Ein sogenannter Stufensattel ist meist eine sehr gute Wahl. Überprüfe die Sattelbreite, damit die Sitzknochen auch tatsächlich auf den Sattelflanken aufliegen und die Sitzlast tragen können.

Der Sitzknochenbelaster

Statistisch tritt dieser Sitztyp in etwa 20% (Männer) und 17% (Frauen) der Fälle auf.

  • Du bist generell eher wenig anfällig für Sitzbeschwerden.
  • Du spürst im Intimbereich keinen Druck oder schmerzhafte Beschwerden.
  • Du spürst hohe punktuelle Belastungen auf den Sitzknochen.
  • Je länger eine Ausfahrt dauert, umso spürbarer der Druck auf deinen Sitzknochen.

Die erfreuliche Nachricht: Du kannst potenziell mit vielen Sätteln glücklich werden. Bei empfindlichen Sitzknochen sollte dein Sattel die Belastung auf eine möglichst große Fläche verteilen und dabei nicht zu hart sein. Flache Modelle, bei denen die Belastung auch auf die Schambeinäste verteilt wird, bieten sich an. Große Löcher oder Aussparungen benötigst du nicht, dennoch verringert eine Vertiefung das Risiko, im Intimbereich Beschwerden zu bekommen.

Beeinflusst meine Sitzposition die Sattelwahl?

Sattel
Baschi Bender

Die zahlreichen Satteldruckmessungen im Rahmen von Ketterers erwähnter Studie zeigten: Nur bei einem einzigen Sattel aus dem verwendeten Test-Pool verbessert sich die Druckverteilung in der sportiven Position. In allen anderen Fällen galt: Eine sportlichere Sitzposition geht einher mit einer stärkeren Druckbelastung im Intimbereich. Das bedeutet: Wen du weißt, dass du mehrheitlich sportlich-gestreckt und mit nach vorn gekipptem Becken Rennrad fährst, solltest du tendenziell ein Sattelmodell wählen, das den genannten Bereich eher entlastet – etwa durch eine Aussparung oder eine Stufe.

Sattel
Baschi Bender

Taugen die jeweiligen Hersteller-Konzepte, um den individuell passenden Sattel zu finden?

Viele Sattelhersteller bieten eigene Konzepte oder (Online-)Tools an, die es den Kunden ermöglichen sollen, den passenden Sattel zu finden. Oft basieren die Herstellerempfehlungen auf der Bestimmung der optimale Sattelbreite, mitunter aber auch auf Messungen zur Beweglichkeit. Wie Erfolg versprechend diese Systeme sind, hat Sportwissenschaftler Ketterer in seiner Studie ebenfalls überprüft. Dafür ließen sich alle 40 Testpersonen von den sechs Herstellern ein Sattelmodell (bzw. dessen Breite und Ausführung) empfehlen. Nach Durchführung aller Satteldruckmessungen und Befragungen mit den Probanden wurde abgeglichen, ob diese Empfehlung tatsächlich als beste Wahl empfunden wurde oder ob markenintern ein anderer Sattel besser passte.

Sattel
Hersteller

Frage an den Bio-Mechaniker Pascal Ketterer

Sattel
Björn Hänssler
Pascal Ketterer ist Sportwissenschaftler und Bio­mechaniker. Der Mountainbiker und Rennradfahrer war lange Jahre Leiter des Radlabors München und führte Hunderte Bikefittings und Satteldruck­messungen durch.
Hat meine körperliche Beweglichkeit Einfluss auf die Wahl des passenden Sattels?

"Bei der Sitzposition auf dem Rennrad kommen wir – sofern wir gesund sind – nicht an die Grenzen unserer Beweglichkeit. Selbst bei einer sehr sportlichen Rennradposition nicht. Das heißt: Wenn wir vor dem Sattelkauf messen, wie flexibel und beweglich wir sind, kann davon ausgehend nicht bestimmt werden, wie stark der Sportler das Becken auf dem Sattel nach vorn kippt. Und die Kippung des Beckens steht auch in keinem Zusammenhang mit der Druckverteilung auf dem Sattel."

Wie montiere ich den Sattel korrekt?

Sattel
Benjamin Hahn

Zunächst musst die richtige Sattelhöhe ermitteln, die von deiner individuellen Innenbeinlänge abhängt (Innenbeinlänge in Zentimetern x 0,885 = Sitzhöhe). Diese Sitzhöhe stellst du von der Mitte des Tretlagers bis zur Oberkante der Sattelmitte ein. Grundsätzlich sollte der Sattel waagerecht montiert werden. Tipp: Verwende eine Wasserwaage. "Bei zu hohem Druck im Intimbereich kann die Sattelnase leicht abgesenkt werden", rät Pascal Ketterer. "Achte aber darauf, stabil zu sitzen und nicht zu viel Druck auf die Hände zu bringen. Hier geht es wirklich um Millimeter!" Auch die Sitzlänge und -tiefe beeinflusst, wie groß die Sitzlast auf dein Gesäß wirkt: Ein kürzerer Vorbau oder etwas geringerer Reach des Lenkers sowie eine höhere Lenkerpositionierung entlasten den Intimbereich – mit einer längeren und tieferen Sitzposition verlagern Sie hingegen mehr Gewicht auf den Lenker und entlasten den Sattel.

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Erscheinungsdatum 09.04.2024