4 Yoga-Übungen für Radfahrer
Yoga für Rennradfahrer

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Wer mit Yoga nur Klangschalenmusik, Schneidersitz und Meditation verbindet, liegt falsch. Yoga bietet Rennradfahrern einen idealen Ausgleich, da es vernachlässigte Körperpartien kräftigt, mobilisiert und so vor Überlastungen schützt.

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Foto: Yoga Girls

Erst waren es Core-Workouts und Functional Training, dann Schlingen- Training. Jetzt ist es Yoga. Wer auf diese Ausgleichssportarten setzt, soll davon beim Rennradfahren profitieren. Doch was ist wirklich dran? RoadBIKE hat den jüngsten Trend „Yoga für Radsportler“ näher beleuchtet.

Eines gleich vorweg: Yoga für Rennradfahrer ist ein alter Hut. Nicht ganz so alt wie Yoga selbst, das auf eine über 1000-jährige Geschichte zurückblicken kann, aber doch alt. So überschrieb die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ 1963 ein Porträt über den Radprofi Rudi Altig mit den Worten „Der radelnde Yogi“. Altigs damaliger Trainer, Karl Ziegler, erkannte früh den Nutzen der Übungen und empfahl sie seinem Schützling als Off-Bike-Training zum Ausgleich.

Off-Bike-Training ist wichtig

Doch ist ein Ausgleichstraining für Rennradfahrer überhaupt nötig? Ja, denn richtig ausgeübt, schützt es nicht nur vor muskulären Dysbalancen und Überlastungsschäden, sondern auch vor der neuen Volkskrankheit Nummer 1 – dem Rückenschmerz.

Eine Analyse der Position sowie der Bewegungsabläufe auf dem Rad zeigt: Beim Rennradfahren wird der Oberkörper gebeugt und verweilt weitgehend statisch in dieser Position. Die Halswirbelsäule wird überstreckt, Wirbelsäule und Iliosakralgelenk werden übermäßig belastet, und auch der Brustbereich wird „geschlossen“ – um nur die wichtigsten Bereiche zu nennen. Gesund ist anders! Der „aktive Unterkörper“ wiederum leidet darunter, dass Beine und Hüfte beinah komplett gestreckt sind. Solche verkürzten Muskeln setzen zum „Ausgleich“ die Sehnen unter Spannung – so wirken Kräfte an Stellen, die dafür nicht gemacht sind. So mancher Krampf im hinteren Oberschenkelmuskel, auch „Hamstrings“ genannt, resultiert aus einer Überlastung, weil andere Muskeln, wie der große Gesäßmuskel Gluteus Maximus, verkümmern. „Letztendlich brauchen wir zur Leistungserzeugung mehr Muskeln als im Idealfall nötig“, erklärt RB-Medizinexperte Dr. Lutz Graumann.

Doch Jammern nützt nichts! Man muss sich damit abfinden, dass Rennradfahren – so gesund es für das Herz- Kreislauf-System ist – den Menschen aus dem muskulären Gleichgewicht bringt. „Wer Rad fährt, kommt etwa nie in die Hüftstreckung. Das bedeutet im Endeffekt, dass Menschen, die berufsbedingt 8 Stunden pro Tag sitzend am Schreibtisch verbringen und dann noch 2 Stunden Rad fahren, fast die Hälfte des Tages nicht in diese so wichtige aufgerichtete Position kommen“, sagt Dr. Graumann, Sportmediziner und Arzt für manuelle Therapie.

Warum ausgerechnet Yoga für Rennradfahrer?

Doch warum muss es dann ausgerechnet Yoga sein? Weil Yoga der Anfang aller Übungen ist. Was ein wenig philosophisch klingt, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Positionen und Bewegungsabläufe im Yoga – die Asanas – sind der Ursprung vieler Übungen im Functional oder Core Training, Pilates etc. „Wenn man sich Sportarten wie Functional Training oder Pilates ansieht, erkennt man schnell, dass sie Figuren aus dem Yoga ‚geklaut‘ haben“, sagt Graumann.


Was man nicht machen darf, ist, Yoga auf Entspannung und Meditation zu reduzieren. „Das gehört zwar dazu, aber wer mal bei einer Yogastunde mitgemacht hat, weiß über seine eigene Unbeweglichkeit Bescheid und ist in der Regel schweißgebadet vor Anstrengung“, so Graumann weiter.

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RoadBIKE
Lotte Kraus, Bikefitterin und Physiotherapeutin

Die Asanas werden entweder statisch gehalten oder als dynamische Bewegungsabfolge ausgeführt. Dabei wird die gesamte Körpermuskulatur gleichzeitig gekräftigt und gedehnt. Der Vorteil ist, dass bei allen Übungen der gesamte Körper angesprochen und die Atmung mit einbezogen wird. „Die komplexen Bewegungen in Rotation mobilisieren durch das Verdrehen viele Körperstrukturen“, erklärt der Experte.

Mit Yoga in Aeroposition kommen

Das ruhige Ein- und Ausatmen bestimmt die Bewegung, und über spezielle Atemübungen lässt sich auch das vegetative Nervensystem gut ansteuern. Wer sich darauf einlässt, kann den Stresspegel herunterfahren und nach intensiven Einheiten auf dem Rad auch den Muskeltonus verringern und damit die Regeneration beschleunigen.

Lotte Kraus, Bikefitterin bei Gebiomized in Münster und selbst Physiotherapeutin, empfiehlt ihren Kunden, die selbst mehr für ihre Beweglichkeit auf dem Rad tun wollen, auch den Gang in die Yogaschule, um unter Anleitung von qualifizierten Lehrern den Ablauf der Übungen zu erarbeiten. Eine gute Anleitung führt dazu, dass jeder Sportler an seine Bewegungsgrenzen geht und diese Stück für Stück erweitert. „Man geht zwar schon an seine Grenzen, aber nicht darüber hinaus, wie zum Beispiel bei Sportarten wie Crossfit“, erklärt Kraus weiter. Eine psychosoziale Komponente kommt beim männlichen Klientel ebenfalls noch hinzu: „Immer mehr Männer entdecken den Spaß an der Sportart, von der sie früher dachten, ihre Frauen verbiegen sich zu Klangschalenmusik“, so Kraus.

Daneben schätzt Kraus beim Yoga, dass jeder, der sich darauf einlässt, seine Körperwahrnehmung verbessert. „Bei klassischen Ausdauersportarten – sei es beim Radfahren oder Laufen – wird diese nicht geschult. Dabei ist diese Fähigkeit enorm wichtig, da sie den Sportler nicht nur beweglicher macht, sondern auch vor Verletzungen schützt.“

Neben dem gesundheitlichen Aspekt – den Körper wieder ins zu Lot bringen – kann solch ein Off-Bike-Training auch die eigene Leistung steigern. Die Muskeln arbeiten besser zusammen und generieren bei gleicher Anstrengung einen höheren Output; und durch die neu gewonnene Beweglichkeit lassen sich auf dem Rad auch plötzlich ungewohnte, aerodynamisch günstigere Positionen fahren.

Auch wenn Lotte Kraus empfiehlt, sich von Fachleuten die Asanas zeigen zu lassen und sich intensiver mit Yoga auseinanderzusetzen, hat sie für Road- BIKE 4 Übungen zusammengestellt, die helfen, bestimmte Körperregionen zu mobilisieren und zu kräftigen. Wer es genauer wissen will, wie das alles „im Fluss“ aussieht, findet bei Youtube zu allen Übungen Tutorials.

Vier Yogaübungen für Rennradfahrer

In der folgenden Bildergalerie erklärt Physiotherapeutin Lotte Kraus von Gebiomized vier kräftigende und dehnende Yogaposen, die Rennradfahrern dabei helfen, kräftig und beweglich zu werden und zu bleiben.

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Erscheinungsdatum 05.03.2024