Ernährung für Rennradfahrer - die besten Tipps, die hartnäckigsten Mythen
Was Rennradfahrer essen und trinken sollten

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Mehr Power für Ihren Sport! RoadBIKE erklärt die otpimale Ernährung für Rennradfahrer und tischt das perfekte Sportler-Menü auf. Plus: Aufgedeckt - neun Mythen über Sportlerernährung.

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Foto: Benjamin Hahn

Müssen Sportler anders essen als normale Menschen? Brauchen sie zusätzlich Vitamine, Mineralien und Spurenelemente? Gibt es die Fitness aus der Flasche und die Power aus der Pille wirklich? Fast drängt sich der Gedanke auf, dass allein der Gedanke an Sport dem Körper bereits wichtige Vitalstoffe raubt. Doch was ist wirklich dran an dem Mangel? Und wie viel brauchen wir tatsächlich von was?

Die Grundversorgung
Grundsätzlich gilt für Sportlerernährung im Alltag: Abwechslungsreich essen schützt vor Mängeln. „Wer sich ausgewogen ernährt, zu frischen Produkten greift und abwechslungsreich isst, muss als Sportler – egal ob Hobbyfahrer oder Profi – bei der alltäglichen Ernährung nicht auf künstlich hergestellte Produkte wie Vitamintabletten oder Mineralpulver zurückgreifen“, sagt Dr. Karsten Köhler, Ernährungswissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule in Köln. „Wenn dennoch aufgrund bestimmter Krankheiten oder Störungen ein Mangel vorliegen sollte, ist eine Selbstmedikation sowieso töricht“, so der Wissenschaftler weiter. Gefragt ist dann der fachliche Rat des Mediziners, der das Gesamtbild beurteilen und entsprechend therapieren kann.
Die einzigen beiden Vitamine, bei denen es vereinzelt zu einer Unterversorgung kommt, sind Vitamin D3 und Folsäure.

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„Allerdings bildet der Körper Vitamin D3 mit Hilfe des Sonnenlichts selbst“, erklärt Köhler, und dem setzen sich Outdoor­-Sportler wie Radfahrer ohnehin zur Genüge aus. Lediglich im Winter kann hier ein Ergänzungspräparat Sinn machen. Die Dosierung sollte aber immer mit dem Hausarzt abgesprochen werden. Bei der Folsäure lässt sich durch Konsum von Blattsalaten und grünem Gemüse wie Spinat einem Mangel problemlos vorbeugen.

Das gelingt übrigens mit künstlich hergestellten Präparaten gar nicht so gut, wie man vermuten könnte, da sie bei Weitem nicht so wertig sind wie natürliche Vitalstoffe. „Es geht nicht allein ums Vitamin C, das in einer Frucht steckt, sondern auch um die sekundären Pflanzenstoffe, die vor allem an den positiven Eigenschaften einer obst- und gemüsereichen Ernährung beteiligt sind“, so Karsten Köhler.

Der promovierte Ernährungswissenschaftler räumt auch mit weiteren Mythen auf. „Wir sprechen immer von Empfehlungen bei der Ernährung. Aber wer diese knapp unterschreitet, wird deshalb noch lange nicht krank. Auch eine Unterversorgung kommt nicht einfach über Nacht wie ein Flüssigkeitsmangel“, so der Ernährungswissenschaftler. Und: „Bestimmte Kombinationen an künstlich hergestellten Vitaminen – sogenannte Antioxidantien – können sogar den Trainingsreiz minimieren und eine Leistungssteigerung verhindern, wie Studien gezeigt haben.“

Auch wer sich vegetarisch oder vegan ernährt, muss nicht zwingend zur Pille greifen. Hier gibt es clevere Kombinationen, die den Mangel kompensieren. Beispiel: die Eisenversorgung bei Veganern. „Hier ist es wichtig, verstärkt eisenreiche pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte oder grünes Blattgemüse zu essen und in Kombination mit Vitamin C – wie beispielsweise einem Glas Orangensaft – diese Mineralienaufnahme noch zu steigern“, erklärt Dr. Karsten Köhler. Auch bei Vitamin B12, das ausschließlich in tierischen Lebensmitteln steckt, sollten Veganer auf eine gesonderte Zufuhr achten. „Allerdings muss da nicht gleich zum Nahrungsergänzungspräparat gegriffen werden“, sagt Köhler. „Es gibt etwa speziell mit Vitamin B12 angereicherte Sojamilch.“

Während der Belastung

Auf legalem Weg ist da nichts zu machen? Doch! „Mit einer cleveren Ernährung lässt sich das Optimum der antrainierten Leis­tung erzielen“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Kirsten Dickau, die am Olym­piastützpunkt in Frankfurt Profis wie Hobbysportler betreut (www.essentiell.biz).

Während des Trainings sind 3 Dinge entscheidend: Wasser, Energie – in Form von Kohlenhydraten – und Salz. Bekommt der Organismus dieses Trio nicht zugeführt, kann er nicht das Optimum leis­ten. Allerdings sind die Energietanks limitiert: Mehr als 80 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde kann der menschliche Organismus nicht verwerten. Egal ob er diese Energie aus Riegeln, Gels, Drinks, Obst, Brötchen oder Kuchen bekommt. Auch unterscheidet der Organismus nicht die Wertigkeit des süßen Stoffs. „Er braucht einfach nur Treibstoff, um den Motor Muskel am Laufen zu halten“, sagt Kirs­ten Dickau. Viel wichtiger ist dabei die individuelle Verträglichkeit, die auch oft von der Belastungsintensität abhängt.

Was es allerdings bei den „Convenience-Produkten“ wie Riegeln oder Gels zu berücksichtigen gilt, ist die vereinzelte Zugabe von Konservierungsstoffen, um die Haltbarkeit zu gewährleisten. „Da stellt sich die Frage: Brauche ich diese überhaupt?“, sagt Kirsten Dickau. „Konservierungsstoffe sind zwar lebensmittelrechtlich zugelassen, können aber in Einzelfällen den Organismus stören und zu Unverträglichkeiten führen“, erklärt die Expertin. Hier ist es wichtig, dass Sie die Zutaten­liste studieren und selbst entscheiden, wie viel Chemie Sie Ihrem Körper zuführen möchten.

Wer dann die Verpackungsaufschriften genauer liest, wird auch bei vielen Produkten einen Hinweis finden, wie viel an bestimmten Vitaminen und Spurenelementen zugesetzt wurde und wie hoch dadurch die Deckung des Tagesbedarfs ist. „Manche Hersteller werben sogar damit“, sagt Dickau. „Wer sich also nur bzw. überwiegend mit spezieller Sportlernahrung verköstigt, kann ganz unbewusst Vitamine weit über dem notwendigen Bedarf zu sich nehmen“, so die Ernährungswissenschaftlerin weiter.

Das Wasser, der zweite wichtige Bestandteil während der Belastung, sorgt dafür, dass Nährstoffe schnell in die Zelle gelangen und dass sich die Körpertemperatur herunterkühlen lässt – in Form von ausgetretenem Schweiß. Um das Wasser allerdings nicht gleich wieder auszuscheiden, braucht es Salz, genauer: Natrium. Dieser Mineralstoff bindet Flüssigkeit im Körper, gewährleistet die Kontraktion der Muskeln sowie die Leitfähigkeit der Nerven und verhindert so Krämpfe.

Während die Hersteller von Sportlernahrung dieses Mineral gezielt und in ausreichender Menge in Riegel, Gels und Drinks dazumischen, vergessen Hobbyfahrer dies oft, wenn sie sich ihre Verpflegung selbst zusammenstellen. Da wird die Banane in die Trikottasche gesteckt und Leitungswasser in die Trinkflasche gefüllt, und los geht’s. Als Faustregel gilt: Ein Gramm Salz pro Stunde oder eine Prise Salz pro 0,5 Liter Flüssigkeit.

Der beliebte Stammtischspruch „Das bisschen, was ich esse, kann ich auch gleich trinken“ hat bei der Sporternährung seine Berechtigung. Anstatt einem Riegel, Gel oder Obst plus Wasser kann der Hobby-Rennradfahrer auch gleich alles auf einmal schlucken – in Form einer speziellen Mixtur. Entweder er greift auf isotonische Getränke der Sporternährungshersteller zurück, oder er mischt sich seinen Drink gleich selbst. Sehr beliebt sind rote Saftschorlen mit schwarzem Johannisbeernektar: Sie enthalten im Vergleich zu Apfelsaftschorlen weniger Fruchtzucker und sind so für viele Menschen bekömmlicher.

Als Rezept gibt Kirsten Dickau ein Verhältnis von 1 Anteil Saft zu 2 Teilen Wasser an: „So beträgt der Kohlenhydratgehalt im Getränk 4 bis 5 Prozent, die es ermöglichen Wasser und Energie schnell in die Zelle zu bringen.“ Auf einen Liter gerechnet sind
es dann rund 50 Gramm Kohlenhydrate. Gewürzt wird die Schorle mit 1 bis 2 Prisen Salz pro Liter: Schon ist der selbstgemixte Sportlerdrink fertig.

Ein Erfolgsrezept gibt es – abgesehen vom richtigen Mix der 3 Bestandteile Wasser, Kohlenhydrate und Salz – nicht. Was an diesen Nährstoffen wo drin ist, erfahren Sie in folgender Übersicht.

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Benjamin Hahn
„Wasser, Kohlenhydrate und Natrium im Getränk sind für Sportler die wichtigsten Nährstoffe im Training.“ Kirsten Dickau, Ernährungswissenschaftlerin

Während der Belastung: Nährstoffreiche Ernährungsvorschläge und Drinks für Rennradfahrer.

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Fotolia / kab-vision
Schlicht und einfach: Auch ein Marmeladen-Brötchen enthält Wichtiges für Radfahrer.

Neben Wasser braucht der Organismus Kohlenhydrate und Natrium, um Leistung zu bringen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, diese 3 Stoffe zu sich zu nehmen – in flüssiger oder fester Form. Die Menüvorschläge zeigen, welche Nährstoffe in bestimmten Snacks und Drinks enthalten sind. Wer die Energie lieber in fester Nahrung aufnimmt, sollte nie vergessen, ausreichend zu trinken. Die Trinkmenge ist individuell verschieden.

  • Riegel: 40 g Kohlenhydrate, 0,2 g Natrium
  • Gel: 27 g Kohlenhydrate, 0,2 g Natrium
  • 1 l Isotonisches Sportgetränk: 66 g Kohlenhydrate, 0,6 g Natrium
  • 1 l Rote Saftschorle: 0,33 l Johannisbeernektar mit 0,66 l Wasser und 2 g Salz enthalten 50 g Kohlenhydrate und 0,8 g Natrium
  • 1 l Früchtetee: 1 l Tee mit 60 g Malto­dextrin und 2 g Salz enthält 58 g Kohlenhydrate und 0,8 g Natrium
  • Banane: 20 g Kohlenhydrate, 0,001 g Natrium
  • Brötchen mit Marmelade: 50 g Kohlenhydrate, 0,3 g Natrium

Nach der Belastung

„Studien zeigen, dass der Mix von Kohlenhydraten mit Eiweiß sowohl das Muskelwachstum als auch die Speicherung von Glykogen in der Muskulatur verbessert“, erklärt Karsten Köhler. Aber auch hier kommt es auf die Rezeptur an, denn mehr als 20 Gramm Protein kann der Körper pro Mahlzeit für den Muskel­aufbau nicht verwerten.

Neben speziellen Recovery-Drinks, die mit Milch angerührt werden, kann genauso gut ein Glas Kakao getrunken werden. „In der Milch sind die wichtigsten Aminosäuren enthalten“, sagt Köhler. Wer will, kann auch zu fester Nahrung greifen – beispielsweise Joghurt mit Früchten oder Hühnchen mit Pasta.

„Veganer haben hier einen kleinen Nachteil, da pflanzliches Eiweiß in der Regel weniger essenzielle Aminosäuren enthält und damit weniger wertig ist als pflanzliches“, erklärt Köhler. Allerdings lässt sich dieses kleine Manko durch Sojaprodukte wie Milch, Quark und Joghurt sowie Nüsse und proteinreiches Gemüse wie Bohnen problemlos ausgleichen.

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Fotolia / Aaron Amat
Kakao - schmeckt gut, wirkt gut.

Nährstoffreiche Ernährungsvorschläge und Drinks für Rennradfahrer - nach der Belastung

Ein Mix aus Kohlenhydraten und Eiweiß beschleunigt die Erholung. So lassen sich schnell die Kohlenhydratspeicher wieder auffüllen und die durchs Training angegriffenen Muskelfasern „reparieren“. Auch hier gibt es unterschiedliche Regenerations-Menüs.

  • 0,2 l Recovery-Shake: mit 200 ml fettarmer Milch angemischt enthält 20 g Protein, 50 g Kohlenhydrate
  • Recovery-Riegel: 10 g Protein, 16 g Kohlenhydrate
  • 0,2 l Kakao: mit 200 ml fettarmer Milch angemischt enthält 8 g Protein, 26 g Kohlenhydrate
  • Pellkartoffeln mit Kräuterquark (400 g): 25 g Protein, 42 g Kohlenhydrate
  • Joghurt mit Früchten und Nüssen (400 g): 15 g Protein, 25 g Kohlenhydrate

Erfolgsrezept: Der richtige Mix macht's

Gerade im Trainingslager und bei Rennen machen Convenience-Produkte sicherlich mehr Sinn: Sie schmecken immer gleich, sind haltbar und einfach zu handhaben.

Ansonsten können Sie es wie die Profis halten, die sehr abwechslungsreich essen. Da gibt es während des Rennens das komplette Büfett: belegte Brötchen, fettarm gebackenen Kuchen, Kekse, Bananen- und Apfelstücke genauso wie typische Sportlernahrung.

Darüber hinaus muss aber kein gesunder Sportler irgendwelche Zusatzmittel einnehmen, um seine Leistung zu steigern oder seine Nährstoffversorgung zu verbessern. Alles, was es braucht, ist ein „gesunder“ Appetit.

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Erscheinungsdatum 09.04.2024