Das perfekte Wintertraining: So trainieren Sie Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft
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Trotz Schnee und Eis können Rennradfahrer sich auch im Winter optimal in Form bringen. RoadBIKE verrät die besten Trainingsalternativen.

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Foto: Marc Kohn

Jan Ullrich sei Dank! Denn ohne ihn müssten wir auf eine wichtige Trainingsweisheit verzichten: „Im Winter gewinnt man, nicht im Sommer.“ Das sagte kein Geringerer als der fünfmalige Tour-de-France-Champion Bernard Hinault – als er sich im Frühjahr 2000 zur Saisonvorbereitung des besten deutschen Rennradfahrers äußerte.

Oft haben Experten darüber gemutmaßt, was Ulle alles hätte leisten können, wenn er im Winter fleißiger an seiner Form gearbeitet hätte. Denn wer in der kalten Jahreszeit schlampt und erst im Frühjahr ins Training einsteigt, wird kaum das Maximum aus sich herausholen. Machen Sie es besser als Ulle!

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Marc Kohn
Trotz Schnee und Eis muss das Wintertraining nicht ausfallen.

Doch wie schaffen es gerade Jedermänner, ohne einen Kilometer Radtraining auf der Straße in den kalten, dunklen Wintertagen die Form des Herbstes zu konservieren oder sogar noch auszubauen? Neben einer guten Motivation kommt es auf einen cleveren Mix aus verschiedenen Sportarten an: „Für ambitionierte Hobbyfahrer reichen drei Einheiten pro Woche aus, um Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft gezielt zu verbessern“, sagt Tim Böhme, Leiter des Trainingscenters im Radlabor Freiburg (www.radlabor.de).

Zwar fordern viele Sportarten das Herz-Kreislauf-System. „Aber Hobbyfahrer sollten in ihrer knapp bemessenen Zeit nur solche Disziplinen trainieren, die eine hohe Transferleistung und einen großen Nutzen für die Leistungsentwicklung beim Rennradfahren bieten“, so Böhme weiter.

Also Sportarten, die dem Rennradfahren in Koordination und Beanspruchung der Muskulatur ähneln und sich gut eignen, auch muskuläre und technische Defizite auszumerzen. Wie Sie Ihre Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit durch gezieltes Wintertraining verbessern können, zeigt RoadBIKE Ihnen auf den nächsten Seiten.

Ausdauer: Diese Sportarten halten Sie fit

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Fischer
Langlaufen bietet einen hohen Fitness-Faktor und eindrucksvolle Naturerlebnisse.

„Erst ab diesem Zeitpunkt kommt der für die aerobe Ausdauerleistung so wichtige Fettstoffwechsel richtig in Schwung“, sagt Tim Böhme vom Radlabor. Welche Disziplinen sich als „Langstreckentraining“ eignen, erfahren Sie hier.

Skilanglauf
Tim Böhme empfiehlt Skilanglauf in der Skating-Technik. Zum einen können Sie auf den Brettern längere und ruhige Touren machen, zum anderen ähneln Bewegungsmuster und Einsatz der Muskulatur dem Rennradfahren. „Wie auf dem Rad müssen die Beine ihre Arbeit im gebeugten Zustand verrichten; außerdem gleicht der Abdruck im Schnee dem Druck aufs Pedal“, sagt Böhme.

Allerdings setzt Skaten im Schnee eine gute Technik voraus, da Sie sonst zu viel Kraft sowohl aus dem Oberkörper als auch aus den Beinen einsetzen und sich die Intensität nach oben verschiebt. Doch Übung zahlt sich aus. Der Sport belohnt mit einem unglaublichen Naturerlebnis und einem starken Rumpf.

Laufen
All diese Vorzüge bietet das Laufen nicht. Wer nicht schon während der Saison gejoggt ist, wird als Anfänger Probleme bekommen, für ein effektives Ausdauertraining längere Zeit am Stück zu laufen. Die Bremsbewegung beim Aufsetzen des Fußes sowie das Tragen des gesamten Körpergewichts beansprucht anfangs Bänder, Sehnen und Muskulatur sehr stark.

Außerdem rennen die meisten Einsteiger zu schnell los, weil sie bei dieser Sportart noch kein Gefühl für die Geschwindigkeit und Belastung entwickelt haben. „Der Transfereffekt zum Radfahren ist übrigens viel geringer als beispielsweise beim Skating, da beim Laufen das Bein seine Leistung im gestreckten und nicht gebeugten Zustand erbringen muss“, sagt Tim Böhme. Trotz allem zählt das Laufen zu den beliebtesten Trainingsalternativen für Rennradfahrer im Winter.

Die Gründe: geringe Ausrüstungskosten, unabhängig vom Wetter, Zeit und Ort, sehr hoher Energieumsatz in kurzer Zeit. „Alle, die jetzt erst mit dem Laufen beginnen, sollten sich einer Einsteiger-Laufgruppe anschließen und Wert auf ein zusätzliches Techniktraining wie beispielsweise ein Lauf-ABC legen“, rät Trainingswissenschaftler Tim Böhme.

Schwimmen
Auch beim Schwimmen ist guter Stil gefragt. Wer sich bereits gleich nach dem Start in seinem Element wähnt, Wassergefühl besitzt und die Kraultechnik beherrscht, bekommt das beste Ganzkörpertraining, verbrennt viele Kalorien und schont Sehnen und Gelenke. Einsteiger dagegen sollten Schwimmseminare besuchen, um unter fachmännischer Anleitung von Beginn an stilsicher durchs Wasser zu gleiten.

Indoor-Rudern
Von vielen belächelt, aber bei richtiger Benutzung eine sehr gute Trainingsalternative – das Indoor-Rudern. „Intensität und Frequenz können Sie selbst bestimmen. Positiv wirkt sich aus, dass die Beinmuskulatur einen ähnlichen Weg zurücklegen muss wie beim Radfahren“, sagt Tim Böhme.

Allerdings erfordert eine längere Einheit eine sehr gute Technik und einen eisernen Willen, da das Training auf der Stelle schnell langweilig werden kann. „Dabei immer die Haltung kontrollieren, denn bei falscher Ausführung können schnell Rückenprobleme auftreten“, erklärt Tim Böhme.

Schnelligkeit: Am besten auf der Rolle

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DJV Bildarchiv / archivklar
Optimal für Schnelligkeitstraining geeignet: ein Kurs mit Schwerpunkt Indoor-Cycling.

„Viele Radsportler denken bei Schnelligkeit immer nur an kraftvolle Sprints. In der Wissenschaft bedeutet das aber die Fähigkeit des Körpers zu schnellen und effizienten Bewegungsabläufen“, erklärt Tim Böhme vom Radlabor. Die Muskelfasern müssen für eine effiziente Pedaliertechnik also optimal „zucken“ und zusammenspielen. Je höher die Trittfrequenz, desto weniger Zeit bleibt dem Muskel für seinen Arbeitseinsatz.

Um so hohe Trittfrequenzen ohne Energieverlust geschmeidig pedalieren zu können, gibt es allerdings kein Alternativtraining. Ein flüssiger Bewegungsablauf, der aus einem Minimum an Energieeinsatz ein Optimum an Leistung erzielt, stellt einfach sehr hohe Anforderungen an Koordination, Ökonomie und Biomechanik beim Radfahren.

„Dafür lässt sich Schnelligkeit besser auf der Rolle oder dem Indoor-Bike als auf der Straße trainieren“, sagt Böhme. Denn beim Treten auf der Stelle bremst weder Gegenwind noch eine rote Ampel.

„Allerdings sollten Radfahrer solch ein Training nur völlig ausgeruht angehen. Durch die ungewohnte Technik stellt es hohe muskuläre und mentale Anforderungen, die den Athleten sehr schnell ermüden lassen“, sagt Tim Böhme.

Mehr Kraft für mehr Druck aufs Pedal

Jetzt neu: Optimieren Sie Ihr Rennradtraining mit individuellen Trainingsplänen von RoadBIKE-Coach Tim Böhme! RoadBIKE Trainer bietet Ihnen für 4,99 Euro über 30 verschiedene Trainingspläne, konzipiert und abgestimmt auf unterschiedliche Leistungslevels und sportliche Ziele. Wählen Sie aus verschiedenen Kategorien wie „Fit in 6-Wochen“, Alpencrossvorbereitung, Radmarathontraining oder Trainingscamp und lassen Sie sich in Ihren individuellen Trainingsbereichen coachen.

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Björn Hänssler
Krafttraining an Geräten liefert Power bei hoher Belastung.

Training an den Geräten
„Die Beinkraft lässt sich am besten mit einem gezielten Gerätetraining steigern“, sagt Tim Böhme. Schon zwei Einheiten pro Woche reichen aus. Wichtig: „Versuchen Sie, die Bewegungen so auszuführen, dass diese der Pedalierbewegung ähnlich sind“, erklärt Tim Böhme. Denn so können Sie die Übung optimal auf das Radtraining übertragen. Damit Sie effektiver trainieren und eventuelle Kraftunterschiede frühzeitig erkennen, sollten Sie alle Übungen auch einbeinig machen.

„Neben dem Mehr an Kraft verbessert sich durch das Training auch die Muskelkoordination“, sagt Tim Böhme. Der wichtigste Effekt dieses Workouts: Mehr Power vor allem bei hoher Belastung, wie dies Studien belegen. „Das hängt sehr wahrscheinlich damit zusammen, dass alle Muskelfasern – schnelle wie langsame – lernen zusammenzuarbeiten und so generell mehr Leistung erzeugen“, so Tim Böhme.

Rollentraining
Ähnlich wie am Berg oder gegen den Wind können Sie beim Rollentraining Ihre Kraftausdauer schulen. Dabei kurbeln Sie vorgegebene Intervalle bei einer geringen Trittfrequenz gegen einen starken Widerstand. Durch den identischen Bewegungsablauf trainieren Sie praktisch ohne Verluste die Power in den Beinen.

Treppenläufe
Ein einfaches wie effektives Kraftausdauertraining für Radfahrer bestreitet Tim Böhme durch Treppenläufe. „Gerade wenn die Treppenhöhe der doppelten Kurbellänge des Rennrades entspricht – (also etwa 35 Zentimeter), trainiert das durch den Hub ganz spezifisch die fürs Rennradfahren wichtige Muskulatur“, so Böhme.

Diese Übung lässt sich über die Geschwindigkeit und natürlich auch über die Kraft – zum Beispiel einbeinig – sehr gut variieren. Allerdings sollten Sie sich vor dem „Höhentraining“ bereits warm gelaufen haben!

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Christian Brunker
Einen guten Freund als Trainingspartner? Mehr Motivation geht nicht.

So trainieren Sie richtig

Schnelligkeit, Kraft und Trettechnik können Sie auf dem typischen Rollentrainer sehr gut verbessern. Per Widerstand und Trittfrequenz lässt sich bei solch einem Training die Intensität sehr gut steuern. „Ich kann Einheiten nirgends so gut dosieren wie auf dem Rollentrainer, dem Ergometer oder einem anderen Indoor-Bike“, sagt Tim Böhme vom Radlabor.

Für RoadBIKE hat er drei Rennrad-Workouts entwickelt, die Sie nicht nur in Form bringen, sondern auch Abwechslung bieten. Wer beim Rollentraining nach solch einem festgelegten Programm fährt, entgeht der Monotonie der Tretmühle. Während viele Hobbysportler ein Modell besitzen, das per Bremse den Widerstand regelt, empfiehlt Tim Böhme zum Schnelligkeitstraining die freie Rolle.

„Das kommt dem Fahren auf der Straße sehr nah, da es Aufmerksamkeit und Radbeherrschung erfordert“, so Böhme. Allerdings sollten Sie auf der freien Rolle behutsam beginnen, da es für Anfänger eine recht wackelige Angelegenheit ist.

1. Trainingsprogramm für Kraftausdauer

Aufwärmen
15 Minuten: Fahren Sie sich mit hoher Trittfrequenz von mindesten 95 Umdrehungen pro Minute (U/min) und leichtem Widerstand warm.

Training
35 Minuten: Absolvieren Sie ein Pyramidentraining mit 3-4-5-4-3-Minuten Kraftausdauer-Blöcken bei einem hohen Widerstand und maximal 60 U/min. Versuchen Sie mit dem Oberkörper nicht zu wackeln und die Kraft nur aus den Beinen zu holen. Zwischen den Belastungen fahren Sie zur Erholung je 4 Minuten mit mittlerer Trittfrequenz von 80 bis 90 U/min und wenig Widerstand.

Ausfahren
10 Minuten: Mit mittlerer Intensität beginnen und den Widerstand immer weiter absenken. Die Trittfrequenz immer bei 90 U/min halten.

2. Trainingsprogramm für Schnelligkeit

Aufwärmen
15 Minuten: Fahren Sie sich mit hoher Trittfrequenz von mindesten 95 Umdrehungen pro Minute (U/min) und leichtem Widerstand warm.

Training
24 Minuten: Fahren sie erst 5 Minuten locker bei einer Trittfrequenz von 70–90 U/min und einem geringen Widerstand. Dann wechseln Sie in die Unterlenkerposition und beschleunigen für 30–60 Sekunden auf maximale Trittfrequenz – ohne dabei im Sattel zu hüpfen. Das Ganze noch dreimal wiederholen.

Ausfahren
10 Minuten: Mit mittlerer Intensität beginnen und den Widerstand immer weiter absenken. Die Trittfrequenz immer bei 90 U/min halten.

3. Trainingsprogramm für Technik

Aufwärmen
15 Minuten: Fahren Sie sich mit hoher Trittfrequenz von mindesten 95 Umdrehungen pro Minute (U/min) und leichtem Widerstand warm.

Training
30–40 Minuten: Um den runden Tritt zu trainieren, fahren Sie einbeinig bei geringer bis mittlerer Intensität 1 Minute pro Bein bei 100 U/min. Nach der Belastung 4 Minuten bei mittlerer Intensität weiterkurbeln. Insgesamt 5–8 Wiederholungen. Darauf achten, den Oberkörper ruhig zu halten

Ausfahren
10 Minuten: Mit mittlerer Intensität beginnen und den Widerstand immer weiter absenken. Die Trittfrequenz immer bei 90 U/min halten.

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Skoda
Trainieren im Team motiviert.

Die perfekte Tainingswoche: Der Mix macht's

Wenn Sie pro Woche drei Trainingseinheiten geschickt miteinander kombinieren, können Sie gezielt an Ihrer Form feilen. Wie eine optimale Trainingswoche aussieht, erklärt Tim Böhme vom Radlabor: Legen Sie die Ausdauereinheit – zum Beispiel Skilanglauf im Skating-Stil – aufs Wochenende. Dann joggen Sie am Dienstag maximal 45 Minuten und absolvieren im Anschluss das Schnelligkeitstraining auf der Rolle.

Am Mittwoch trainieren Sie ebenfalls nach dem vorgegebenen Workout Kraftausdauer auf der Rolle. Nicht fehlen sollten Übungen zur Kräftigung des Rumpfes. „Eine stabile Rumpfmuskulatur ist essenziell wichtig für die Kraftübertragung aufs Pedal. Denn neben seiner Stützfunktion übernimmt der Rumpf auch den Gegenpart zur Muskelarbeit der Beine“, so Tim Böhme.

Für den Kopf: Wichtige Motivationstipps

Setzen Sie sich Ziele: Machen Sie es wie die Profis – legen Sie ein Saison-Highlight fest, für das es sich lohnt, auch jetzt schon konsequent zu trainieren.

Arbeiten Sie nach Plan: Schreiben Sie einen kleinen Trainingsplan. Führen Sie über die absolvierten Einheiten Buch.

Belohnen Sie sich: Vor harten oder ungeliebten Einheiten legen Sie eine Prämie – wie ein leckeres Abendessen oder eine Massage – fürs Erreichen fest.

Trainieren Sie in der Gruppe: Suchen Sie sich zuverlässige Trainingspartner, die Sie auch mitreißen können, wenn Sie mal keine Lust haben.

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4 / 2024
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Erscheinungsdatum 05.03.2024