Tour: Vier Rennradtouren im Schwarzwald
Schwarzwald: Vier Rennradtouren

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Baiersbronn ist berühmt für seine Sternerestaurants. Aber auch Rennradfahrer können hier die Zunge schnalzen lassen – in einem Revier, das keine Wünsche offenlässt.

Reise Baiersbronn
Foto: Jens Vögele

Kurze Übersicht

Infocenter

Traumhafte Landschaft, Sterneküche, Seen, Gipfel, Kuckucksuhren, Schwarzwälder Kirsch – hier finden sich fast alle Schwarzwald-Klischees. Aber auch unzählige Möglichkeiten für jene, die mehr entdecken möchten.

Erleben

Nagoldtalsperre: Im Sommer ist der Stausee ein Magnet für Wassersportler und Wasserratten. Surfer, Segler, Schwimmer und Ausflügler tummeln sich hier, um einen entspannten Tag am See zu verbringen. www.seewald.eu

Grindehütte: Auf 1155 Metern Höhe befindet sich wahrscheinlich der Tisch mit der schönsten Aussicht im ganzen Schwarzwald. Oberhalb des Rummels am Mummelsee gibt’s Schwarzwälder Kirschtorte und andere Leckereien als Belohnung für den Anstieg auf der autofreien Stichstraße. www.grindehuette.de

Sterneküche: 245 Euro kostet das siebengängige Degustationsmenü im Aushängeschild der deutschen Gastronomie, der Schwarzwaldstube in der Traube Tonbach. Auch das Bareiss ist mit drei Michelin-Sternen dekoriert. Wer es sich leisten will, muss früh reservieren – die Wartezeiten sind lang. bareiss.com, traube-tonbach.de

Entdecken

Fakten: Baiersbronn liegt im Landkreis Freudenstadt in der Region Nordschwarzwald. Der Ort hat zwar nur knapp 15000 Einwohner, ist aber flächenmäßig die zweitgrößte Gemeinde Baden-Württembergs – nur Stuttgart ist größer. Das Gebiet erstreckt sich mit seinen zahlreichen Ortsteilen und Weilern vom Murgtal in 450 m Höhe bis zum Dreifürstenstein bei der Hornisgrinde in 1153 m Höhe, dem höchstgelegenen Punkt in Württemberg. www.baiersbronn.de

Beste Reisezeit: Ideale Bedingungen gibt es in der Gegend meist von Anfang April bis Ende Oktober. Im Frühling und Spätsommer kann es in den Höhenlagen schon empfindlich kühl werden. Von Dezember bis in den März kommen in der Region eher Wintersportler auf ihre Kosten.

Anreise

  • Bahn: Vom ICE-Bahnhof Karlsruhe gibt’s eine direkte S-BahnAnbindung mit Fahrradmitnahmemöglichkeit.
  • Auto: aus Richtung Stuttgart über die A81 nach Horb, dann über die L370 und B28a nach Baiersbronn (90 km/1:15 h ab S). Aus Richtung Karlsruhe über die A5 bis Rastatt und über die B462 nach Baiersbronn (75 km/ 1 h ab KA).

Unterkunft

  • Hotel Engel: Bietet jeglichen Komfort, eine Top-Wellness-Anlage mit idyllischem Außenbereich. Immer wieder mit speziellen Events und Angeboten für Rennradfahrer. www.engel-obertal.de
  • Hotel Tanne: Die erste Adresse für Mountainbiker in Baiersbronn. Wer die Stollenreifenfraktion nicht fürchtet, findet hier eine perfekte Infrastruktur. www.hotel-tanne.de

Essen & Trinken Forellenhof

  • Buhlbach: Ein Traum von einem Schwarzwaldhaus in traumhafter Lage mitten in der Natur. Wer nicht zum Essen bleiben will: Ein Räucherfisch aus dem Laden passt auch in die Trikottasche. bareiss.com/forellenhofbuhlbach

Rennräder Physiocycles: Direkt am Rosenplatz gibt es alles, was Radfahrer brauchen. Auch Mieträder. www.physiocycles.de

Reise Baiersbronn
Jens Vögele
Vom Mummelsee führt eine autofreie Stichstraße auf die Hornisgrinde – die mit traumhaften Ausblicken belohnt.

4 Rennradtouren

Zur Nagoldtalsperre

Distanz: 55 km

Höhenmeter: 1100 Hm

Die Nagoldtalsperre zählt zu den landschaftlichen Highlights im Nordschwarzwald. Die Route geht ständig auf und ab, lässt sich aber um knapp 15 km abkürzen: Kurz hinter dem Staudamm links abbiegen und über Schernbach zurück auf die Originalroute.

Route: Baiersbronn Kälberbronn Nagoldtalsperre Hochdorf Erzgrube Göttelfingen Igelsberg Baiersbronn

Länge56,43 km
Dauer3:17 Std
SchwierigkeitsgradSchwer
Höhenunterschied1102 Meter
Höhenmeter absteigend1102 Meter
Tiefster Punkt539 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
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Auf die Hornisgrinde

Distanz: 100 km

Höhenmeter: 1600 Hm

Das Dach des Nordschwarzwalds liegt auf 1164 Metern Höhe, und die Stichstraße dahin ist der Höhepunkt dieser Tour – in jeglicher Hinsicht. Ein Teil der Runde führt über die Schwarzwaldhochstraße, die an Wochentagen nur wenig befahren ist.

Route: Baiersbronn Raumünzach Hundseck Mummelsee Hornisgrinde Ruhestein Kniebis Baiersbronn

Länge100,58 km
Dauer5:35 Std
SchwierigkeitsgradSchwer
Höhenunterschied1772 Meter
Höhenmeter absteigend1771 Meter
Tiefster Punkt538 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
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Sa Calobra des Schwarzwalds

Distanz: 133 km

Höhenmeter: 3200 Hm

Sehr schwere Königsetappe. Für die Anstrengung entschädigt die traumhaft abwechslungsreiche Landschaft. Größte Herausforderung: die Oppenauer Steige mit fast 700 steilen Höhenmetern am Stück – auch "Sa Calobra des Schwarzwalds" genannt.

Route: Baiersbronn Forbach Lichtental Bühlertal Seebach Allerheiligen Oppenau Kniebis Baiersbronn

Länge132,88 km
Dauer8:02 Std
SchwierigkeitsgradSchwer
Höhenunterschied3173 Meter
Höhenmeter absteigend3173 Meter
Tiefster Punkt540 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
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Ruhige Wege am Ruhestein

Distanz: 53 km

Höhenmeter: 1100 Hm

Selbst Genießertouren kommen hier auf etliche Höhenmeter. Diese hat nur einen nennenswerten Anstieg: über Nebenstraßen geht es hoch zum Ruhestein. Belohnung am Ende: Im Forellenhof Buhlbach lässt sich inmitten traumhafter Natur lecker schlemmen.

Route: Baiersbronn Schönmünzach Zwickgabel Ruhestein Obertal Buhlbach Mitteltal Baiersbronn

Länge57,70 km
Dauer3:10 Std
SchwierigkeitsgradSchwer
Höhenunterschied944 Meter
Höhenmeter absteigend941 Meter
Tiefster Punkt550 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
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KML-Daten

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Jens Vögele
Am Ufer der Nagoldtalsperre finden sich schöne Plätze, um die Beine mal baumeln zu lassen.

Vom Feinsten

Es war der innere Antrieb, etwas Außergewöhnliches zu schaffen." Harald Wohlfahrt behauptet, dass er seinen Ruhm gar nicht geplant habe. Wichtig für ihn sei lediglich, gute Zutaten zu veredeln. Und dennoch ist Wohlfahrt damit zum erfolgreichsten und bekanntesten Koch Deutschlands geworden. Und ein Glücksfall für Baiersbronn. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die Schwarzwaldgemeinde zur Gourmethauptstadt entwickelte: mit zeitweise acht Michelin-Sternen auf knapp 15000 Einwohner – so eine Quote muss man wohl landauf, landab lange suchen.

Vom Feinsten sind hier aber auch die Zutaten für Rennradfahrer. Fordernde Anstiege, traumhafte Ausblicke, verkehrsarme Straßen. Und ein extrem weitläufiges Terrain. Man mag es kaum glauben, aber Baiersbronn ist die zweitgrößte Gemeinde Baden-Württembergs – was die Fläche betrifft. Nur die Landeshauptstadt Stuttgart ist noch größer. In diesen knapp 190 Quadratkilometern ist Profi-Triathletin Laura Zimmermann heimisch geworden, die 2019 ihr Langstreckendebüt in Barcelona mit einem aufsehenerregenden zweiten Platz feiern konnte.

"Die einzige Schwierigkeit hier ist", sagt Laura augenzwinkernd, "wenn man mal locker fahren will." Wobei das Murgtal mit seinem beliebten Radweg eigentlich ein Traum für Genussradler ist. Die Zutaten in der Gegend hier im Nordschwarzwald lassen sich aber nur veredeln, wenn man sich von der Flussradweg-Fraktion entfernt. Denn die gibt sich aus Rennradfahrer-Perspektive dann doch eher mit biederer Hausmannskost zufrieden.

Die Vorspeise

Ein aufsehenerregender Appetizer ist gleich mal der Abstecher zur Nagoldtalsperre, der in typische Nordschwarzwaldidylle entführt. An heißen Sommertagen herrscht an dem Stausee zwar einiger von Wassersportlern verursachter Wirbel – aber auf schmalen Reifen lässt sich schon mal ganz gut spüren, was das Revier hier alles so bietet. Malerisch liegt der fast drei Kilometer lange Stausee im Wald, hat aber das Potenzial, gigantische Kraft zu entfalten: Bis zu 275 Kilowatt an Leistung erzeugt die Turbine im angeschlossenen Wasserkraftwerk – einen Bruchteil davon wünscht sich mancher Rennradler für seine Beine, damit der Landschaftsgenuss nicht beim Kampf an den steilen Rampen flöten geht. Dabei ist es genau diese gegensätzliche Vielseitigkeit, die Laura neben der Weite der Landschaft so zu schätzen weiß: "Man kann hier perfekt die Gegend erkunden" – und das "weit weg vom Verkehr", wie sie ergänzt.

2016 zog es Laura, die im Allgäu aufgewachsen ist, nach Baiersbronn. Der Liebe wegen. Ihr Freund Florian hat in der Gegend einen Job gefunden – und wenn es Lauras Trainingsplan ermöglicht, gehen die beiden regelmäßig gemeinsam auf Trainingstour. Beide wissen den Baiersbronner Way of Life durchaus zu genießen. "Gut essen und Leistungssport passen ziemlich gut zusammen", sagt Laura. Beide kochen gerne – mit frischen und regionalen Produkten, aber sie lassen sich’s auch mal gutgehen. Der Seidtenhof zum Beispiel, ein traditionsreicher Schwarzwaldbauernhof, eignet sich ideal, um eine Rennradtour ausklingen zu lassen – mit einem selbstgemachten Weltklasse-Eis aus der Selbstbedienungs-Gefriertruhe.

Das Zwischengericht

Das genaue Gegenteil zur Einsamkeit am Seidtenhof befindet sich gut 500 Höhenmeter weiter oben, wo der Mummelsee längst zum Rummelplatz des Schwarzwalds mutiert ist: Aussteigen. Mal um den See spazieren. Kännchen Kaffee. Kuckucksuhr. Weil die Touristenscharen aber hauptsächlich das Wochenende nutzen, ist die Anfahrt auf der B 500, der Schwarzwaldhochstraße, unter der Woche mit dem Rennrad eine ziemlich verkehrsarme Angelegenheit – und deshalb ein Hochgenuss. "Die Aussicht ist immer wieder der Hammer", schwärmt Laura.

Auf dem Weg zur Hornisgrinde lässt sich dies aber noch steigern. Der höchste Berg des Nordschwarzwalds erinnert mit seinem markanten Sendeturm bisweilen an den Mont Ventoux – ist allerdings deutlich einfacher zu erreichen. Keine 150 Höhenmeter führt die Stichstraße vom Mummelsee auf den Gipfel – autofrei. Und von der Grindehütte aus lässt es sich entspannt auf den Trubel und das beeindruckende Schwarzwaldpanorama samt Rheinebene hinabblicken.

Panorama-Gourmets machen übrigens auf dem Rückweg über den Kniebis noch einen kurzen Abstecher zum Ellbachseeblick. Zwar muss man dort ein paar Minuten über Schotter schieben, aber die Aussichtsplattform ist der Selfiespot schlechthin – auch weil der See bereits Drehort für einen Schwarzwald-Krimi war, in dem er jedoch in Elfensee umbenannt wurde.

Reise Baiersbronn
Jens Vögele
Die Idylle der Weinberge trügt: Hier geht’s verdammt steil hinauf.

Der Hauptgang

Wer sich an Höhenmetern nicht satt essen kann, sollte sich in Richtung Rheinebene orientieren, wohin die Schwarzwaldberge steil abfallen. Hart sind deswegen die Anstiege zurück auf die Höhen des Mittelgebirges. "Sa Calobra des Südwestens" heißt unter Kennern deshalb die Oppenauer Steige, die von Oppenau über 700 gnadenlose Höhenmeter zur Zuflucht auf die Schwarzwaldhochstraße führt. Die Landschaft allerdings erinnert nur wenig an Mallorca. Vielmehr verleihen die Weingärten an den Hängen über der Rheinebene dieser Gegend ihren ganz eigenen Charakter. Eine Besonderheit hier: die Schnapsbrunnen. Vor allem Wanderer tanken hier gerne Kirschwasser, Liköre oder auch Bier zu günstigen Selbstbedienungspreisen. "Radfahrer und Leistungssportler bleiben eher selten stehen", sagt Laura. Dennoch liebt sie die Touren gerade hier: Ursprüngliche Höfe säumen die idyllischen Straßen, das Panorama beflügelt müde Muskeln – und die Belohnung wartet am Ziel. Schwarzwälder Kirsch gibt’s dann nicht als Wasser, sondern als Torte: im Nuna. Eine Kaffeerösterei, von der Inhaber Balint Szabo augenzwinkernd behauptet, man sei dort "beim künftigen Weltmeister im Kaffeerösten" zu Gast.

Das Dessert

Jedenfalls zeichnet Balint eine gewisse Zielstrebigkeit aus – neben der Liebe zum Kaffee eine weitere Gemeinsamkeit mit Laura. Lauras Ziel ist es, in naher Zukunft "konkurrenzfähig in Hawaii am Start zu stehen". Sie will hart dafür trainieren, aber auch das Leben genießen. In der Off-Season mal entspannt aufs Mountainbike steigen. Über die vielen asphaltierten Wirtschaftswege cruisen und die Ausblicke auf die Weite Baiersbronns genießen. Oder es sich nach einem Wettkampf zusammen mit Florian im Forellenhof Buhlbach gutgehen lassen. Zwar führt von dort aus eine komplett autofreie Traumstraße in Richtung Kniebis hinauf. Für frisch zubereitete Forellen vom Becken nebenan lässt sich das aber auch mal vergessen. Der Forellenhof Buhlbach gehört übrigens zum Hotel Bareiss. Dessen Drei-Sterne-Restaurant ist mit drei Michelin-Sternen dekoriert und das zweite gastronomische Top-Aushängeschild Baiersbronns. Küchenchef Claus-Peter Lumpp sagt: "Der Geschmack steht über allem." Besser kann man Baiersbronn auch als Rennradrevier wohl kaum charakterisieren.

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Erscheinungsdatum 09.04.2024