Traumtour im Dreiländereck Italien / Östereich / Schweiz
Grenzgang

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Die Dreiländer-Tour führt in vier Tagen über die schönsten Berge Italiens, Österreichs und der Schweiz. Ein grenzenloses Erlebnis!

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Foto: Björn Hänssler

Wie eine Wand steht es da – ein steinernes Monstrum mitten in der Einsamkeit der Alpen. Oder doch eher ein Meisterwerk? In gemauerten Kehren schlängelt sich der Asphalt nach oben und will einfach nicht enden – das Stilfser Joch ist unbarmherzig. Auch unbezwingbar? Wie wär’s mit einem Selbsttest bei einer der spektakulärsten und anstrengendsten Mehrtagestouren in den Alpen. Vier Tage durch Österreich, Italien und die Schweiz – über die schönsten und schwersten Anstiege der Alpen. Gaviapass, Kaunertaler Gletscherstraße oder Stilfser Joch lassen Pässesammler wehmütig werden, während Alpenneulinge völlig zu Recht die Ehrfurcht erfasst.

Die Idee zu dieser "Dreiländertour", die im wahrsten Sinne des Wortes Grenzen überschreitet, stammt von vier Hotelbetreibern, die sich schon vor Jahren zusammengeschlossen haben, um eine Mehrtagestour mit festen Etappenorten für Mountainbiker zu entwickeln. Das Konzept ging auf, weshalb die Initiatoren mittlerweile auch eine Route für Rennradfahrer anbieten.

Die Tour gibt es in drei Varianten, die sich im Anspruch unterscheiden, aber die gleichen Start- und Zielorte haben: Das Hotel Bellaval in Scuol, das Central in Nauders, das Paré in Livigno und das Stelvio in Sta. Maria. "Leichte, mittlere oder schwere Route – diese Entscheidung kann man jeden Morgen neu treffen. Und das ist das Besondere an der Dreiländertour", sagt Harry Ploner, der Central-Wirt in Nauders.

Die Rennradtouren hat Jan Sahner vom legendären Rennradportal quäldich.de ausgearbeitet. Er ist Pässesammler und kennt die schönsten, höchsten und schwersten Alpenanstiege aus eigener Erfahrung. Seine Empfehlung: Die B-Variante der Dreiländertour mit 450 Kilometern und 9100 Höhenmetern, auf der er immer wieder als Guide mit begeisterten Rennradfahrern unterwegs ist."Die A-Strecke ist vielen zu leicht und die komplette C-Tour eigentlich nur etwas für Verrückte", sagt der Quäldich-Macher. Aber Verrückte gibt’s unter Rennradfahrern ja genug ...

Die erste Etappe der Dreiländertour startet in der Schweiz – in Scuol im Unterengadin. Auf der B-Tour wartet als Nummer eins der Bergwertungen der Ofenpass. "Ein idealer Einstieg in die anstehende Klettertour, da er nicht allzu steil ist", schwärmt Jan Sahner. Die Strecke führt auf 2149 Meter, und nur die letzten drei Kilometer fordern mit Steigungen um zehn Prozent wirklich die Beine.

Im Süden zeigen sich der Umbrailpass, der auf der zweiten und dritten Etappe – einmal runter und einmal hoch – im Streckenprofil auftaucht, und der majestätische Gipfel des Ortlers. Dann geht es in rasanter Fahrt bergab ins Münstertal und über die Grenze nach Italien übers Vinschgau auf den Reschenpass.

Der wenig anspruchsvolle Weg zur Passhöhe führt über die leicht ansteigende Straße nach Nauders. Da hier allerdings der Autoverkehr reichlich Platz beansprucht, empfiehlt es sich, noch einmal alle Reserven zu mobilisieren und zwischen Mals und Ulten auf eine schmale Straße auszuweichen, die einsam, aber steil bergauf führt.

"Die tolle Landschaft entschädigt für den anstrengenden Umweg", verspricht Jan Sahner. Zur absoluten Pflicht gehört kurz vor dem Etappenziel das "Postkartenmotiv" des Reschensees – mit dem trotzig aus dem Wasser ragenden Kirchturm. Nicht nur dafür lohnt es sich, eine Digi-Knipse in der Trikottasche mitzunehmen.

Wer am ersten Tag wagemutig war und die C-Route unter die Reifen genommen hat, kann sich am Etappenziel in Nauders noch zufriedener zurücklehnen. Der einzige Anstieg des Tages – die Kaunertaler Gletscherstraße – ist einer der schwersten und gleichzeitig schönsten der Alpen. Von Scuol geht es am Inn entlang Richtung Ötztaler Alpen, und über Prutz und Kauns auf den knüppelharten Anstieg. Hinter dem Gepatschstausee windet sich die Straße über 20 Kilometer in 29 Kehren den Hang hinauf.

Trotz der zermürbenden Steigung, die am Schluss zweistellig ist, sollte der Blick nicht am Asphalt kleben: Der Gepatschferner – der zweitgrößte Gletscher Österreichs – und der spiegelnde Stausee wetteifern hier um das schönste Panorama.

Am Morgen des zweiten Tages steigt die Spannung unter den Fahrern. Wer hat den Mut für die nächste knallharte Prüfung? Und wer kneift? Für die Mutigen steht das Stilfser Joch an – 48 Kehren, fast 25 Kilometer und 1844 Höhenmeter am Stück. "Diese Zahlen muss jeder Rennradfahrer einmal in sein Tourenbuch geschrieben haben", sagt Jan Sahner.

Aber Vorsicht: Viele Mutige erlebten beim Anstieg schon ihr persönliches Fiasko. Kompakt- oder Dreifachkurbel sind hier Pflicht – nur extrem fitte Athleten kommen mit einer Profiübersetzung am Passschild an. Wer’s geschafft hat, darf stolz sein. Mehr als das Beweisfoto ist die Passhöhe an sich aber nicht wert. Nicht zu Unrecht trägt das Stilfser Joch den zweifelhaften Spitznamen: "Höchster Rummelplatz Europas." Bei guter Sicht lohnen sich allerdings ein paar zusätzliche Höhenmeter hinauf zur Tibethütte. Auf fast 2800 Metern bietet sich eine unglaubliche Aussicht auf den Ortler.

Zum Etappenziel in Sta. Maria geht es dann bergab über den Umbrailpass, der sich als krasser Gegensatz zum gemeisterten Anstieg zeigt: Auf der Abfahrt gibt es kaum Verkehr, und einsam geht es dem Ziel entgegen. Eine 2,7 Kilometer lange Schotterpassage bremst allerdings den Sinkflug.

Schön, aber auch anstrengend: Den Umbrailpass geht’s auf der B- und C-Variante am dritten Tag auf dem Weg nach Livigno gleich wieder rauf. Aber keine Angst: Wer sich auf dem Stilfser Joch verausgabt hat, kann den Umbrailpass bergauf problemlos umfahren. Die A-Route des dritten Tages ist absolut leicht. 39 Kilometer mit 879 Höhenmeter. Regenarationstraining! Auf der B-Variante führt die Route über Bormio auf die alte Staatsstraße Richtung Tirano.

Der Autoverkehr rollt dort über eine neu gebaute Strecke – Rennradfahrer können dort stressfrei herrliche Bergdörfer genießen. Wer vom Vortag noch Körner übrig hat, sollte in Bormio auf die C-Variante abbiegen und den Gaviapass erklimmen. "Ein Anstieg, der mit der Kaunertaler Gletscherstraße und dem Stilfser Joch zu den Top-Fünf der Alpenpässe gehört", ist Jan Sahner begeistert. 26 Kilometer mit 1400 Höhenmetern: Sportlich knüppelhart mit spektakulären Aussichten, aber deutlich verkehrsärmer.

Aber auch die B-Variante hat noch eine Herausforderung im Streckenplan: Von Tirano geht es hinein in die Schweiz und auf den 36,5 Kilometer langen Anstieg zur Forcola di Livigno. Eine der längsten Kletterpartien der Alpen, die schnurstracks nach oben führt. Hier ist der Kopf noch mehr als die Beine gefordert, aber dafür gibt es hinter der Passhöhe eine 14 Kilometer lange Abfahrt als Belohnung, die nach Livigno ins Tagesziel führt.

Wer am letzten Tag immer noch nicht genug hat, kann es noch mal richtig krachen lassen. Allerdings empfiehlt es sich, anstatt der B-Tour, die deutlich schönere, aber nur etwas schwerere C-Route zu nehmen: Mit dem Albula- und Flüelapass. Die wunderschöne Abfahrt vom Albulapass eröffnet Ausblicke auf die spektakuläre Trasse der rätischen Bahn. Aber auch die A-Route bietet am Schlusstag wunderschöne Landschaftseindrücke: Wie auf allen Routen geht es von Livigno zunächst die relativ leichten 14 Kilometer zur Forcala di Livigno hinauf und dann auf die letzten vier Kilometer des Berninapasses, bevor die Abfahrt ins Engadin einen wahren Geschwindigkeitsrausch garantiert.

"Bremsen Sie auch mal und genießen die Aussicht auf den Morteratschgletscher", rät Jan Sahner. Wer hier jedoch zum ersten mal die Aussicht genießt, hat in den Tagen zuvor viel verpasst. Denn allen Strapazen zum Trotz: Die vier Etappen durch drei Länder sind vor allem eines: reinster Genuss.

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Kurz und kompakt: Alle Infos zur Dreiländer-Tour

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RoadBIKE
Die Dreiländer-Tour mit Ihren Varianten A, B und C. (Klick auf die Karte öffnet die Großansicht).

Fakten:
Die vier Etappen der Dreiländertour führen durch verschiedene Regionen Italiens, Österreichs und der Schweiz. Traumpässe, darunter das Stilfser Joch, gehören zur Tour.

Besonderheiten:
Die Tour kann auf verschieden schweren Strecken gefahren werden. Die Start- und Zielorte der einzelnen Etappen sind dabei identisch, nur der Weg unterscheidet die Varianten A, B und C voneinander. Je nach Tagesform kann man sich so jeden Morgen für eine Variante entscheiden und die verschiedenen Schwierigkeitsgrade auch miteinander kombinieren.

Anreise:
Von München aus sind es mit dem Auto rund 290 Kilometer über Innsbruck. Fahrzeit: Knapp dreieinhalb Stunden.

Reisezeit:
Mitte Juli bis September.

Karten/Literatur:
Kompass Wanderkarten, Übersichtskarte wird bei Buchung vom Veranstalter gestellt.

Infos/Buchung/Unterkünfte:
Die Dreiländertour kann als individuelle oder geführte Tour gefahren werden. Infos und Buchung: www.quäldich.de oder www.dreilaendertour.de. Die Start- und Zielorte der Etappen sind das Hotel Bellaval in Scoul (www.bellaval-scuol.ch), das Hotel Central in Nauders (www.hotel-central.at), das Paré in Livigno (www.hotel-pare.it) und das Stelvio in Sta. Maria (www.stelvio-hotel.ch).

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Variante A: Für Einsteiger

Route:
Scuol – Martina – Vinadi – Samnaun – Nauders – Reschenpass – Melag – Mals – Sta. Maria – Ofenpass – Livigno – Berninapass – Samedan – Scuol

Die leichteste der Dreiländertour-Varianten lässt zwar die Giganten unter den Pässen aus, aber Sportlichkeit ist hier dennoch gefragt. Schließlich geht es über den Reschen-, den Ofen- und den Berninapass, die auf einigen Kilometern auch zweistellige Steigungsprozente bieten. Wer nicht auf Höhenmeter aus ist, erhält auf dieser Tour reichlich Gelegenheit, die Natur zu genießen – zum Beispiel im Vinschgau, im Münstertal oder im Engadin. Die Etappenlängen liegen zwischen 39 und 97,5 Kilometern, und es kommen zwischen 800 und 1200 Höhenmeter pro Tag zusammen.

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Variante B: Die Sportliche

Route:
Scuol – Ofenpass – Reschen – Nauders – Reschen – Stilfser Joch – Umbrail – Sta. Maria – Umbrail – Bormio – Tirano – Bernina –Livigno – Bernina – La Punt – Albulapass – Susch – Flüela – Scuol

Für die B-Variante sollte man schon 2000 bis 2500 Kilometer in den Beinen haben und zumindest ein paar Tage im Gebirge trainiert haben. Denn mit dem Stilfser Joch wartet eine der größten Herausforderungen, der man sich als Rennradfahrer stellen kann. Dreimal sind über 100 Kilometer zu fahren, und am dritten Tag stehen insgesamt 3050 Höhenmeter im Profil. Dazu Steigungen mit über zehn Prozent. Das geht in die Beine.

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Variante C: Die Hammertour

Route:
Scuol – Martina – Kaunertaler Gletscherstraße – Nauders – Reschen – Mals – Stilfser Joch – Umbrailpass – Sta. Maria – Umbrail – Bormio – Gaviapass – Foscagno – Livigno – Bernina – La Punt – Albulapass – Davos – Flüela – Scuol

11 776 Höhenmeter und 531 Kilometer in vier Tagen – härter geht es kaum. Drei der schwersten und spektakulärsten Alpenpässe stehen auf der C-Variante im Roadbook: Die Kaunertaler Gletscherstraße am ersten, das Stilfser Joch am zweiten und der Gaviapass am dritten Tag. Nehmen Sie unbedingt eine kleine Kamera mit – es lohnt sich. Eine Tour nur für Bergziegen, die sich ausgezeichnet vorbereitet haben.

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Erscheinungsdatum 09.04.2024