Eher so mittel, diese Gebirge? Von wegen! In Deutschlands Mittelgebirgen ist radsportlich schwer was geboten – und es gibt eine ganze Menge davon. Zwischen dem Harz im Herzen der Republik und der Schwäbischen Alb im Süden liegen Dutzende Gebirgszüge, deren höchste Gipfel die 1500-Meter-Marke nicht überschreiten.
Trotzdem sind, wenn die Fahrt weit genug unten startet, Kletterpartien von bis zu 1000 Höhenmetern drin. Und zwar am Stück, wie die Hornisgrinde im Schwarzwald oder der Brocken im Harz beweisen.
Ihre eigentliche Stärke spielen die Mittelgebirge aber durch die munter zu kombinierende Abfolge nicht allzu langer, dafür aber zahlreicher Anstiege aus. Versierte Radfahrer wissen, dass der stete Wechsel fordernder sein kann als die Fahrt auf einem langen, gleichmäßig ansteigenden Pass im Hochgebirge.
Ganz nebenbei sind unsere Mittelgebirge durch ihre ungefähr quer über die zwei südlichen Drittel Deutschlands verteilte Lage gut zu erreichen. So hat jede Region, mit Ausnahme der Küsten im Norden, Bergabenteuer in Reichweite zu bieten.
Noch mehr Spaß macht es aber, die weiteren Reviere zu erkunden. Deshalb stellt ROADBIKE acht ausgewählte Mittelgebirge in Deutschland vor, bevor es in ROADBIKE-Ausgabe 07/2019 in die Mittelgebirge unserer Nachbarländer geht.
Schwarzwald
Bundesland: Baden-Württemberg
Größter Anstieg: Hornisgrinde 990 Hm
Event: Schwarzwald Super!
Nächster Termin: 25.8.2019
Tour-Tipp 116 km/2000 Hm: Freiburg > Todtnau > Bernau > Titisee > Neustadt > St. Märgen > St. Peter > Freiburg (GPS-Daten s. unten)
Dieses Mittelgebirge ist das größte in Deutschland! Nicht nur flächenmäßig und in der Vertikalen mit dem 1493 Meter hohen Feldberg bei Freiburg, sondern auch in der Gunst der Radsportler. Nirgends im Land toben sich deutsche Sportler lieber mit dem Rennrad aus als auf den herausfordernden Touren durch den Schwarzwald.
Nicht umsonst haben viele Radprofis ihre Wahlheimat in den Großraum Freiburg gelegt. An Feldberg, Schauinsland, Kandel, Belchen und Co. lässt es sich nach Herzenslust klettern und wieder zu Tal sausen. Und hie und da erlaubt die dicht bewaldete Region Blicke rüber in die Vogesen oder auf die stolzen Alpengipfel im Süden.
Eifel
Bundesländer: Rheinland-Pfalz/NRW
Größter Anstieg: Mützenich 413 Hm
Event: Rad am Ring
Nächster Termin: 26.–28.7.2019
Tour-Tipp 60 km/980 Hm: Nürburgring > Nürburg > Adenau > Reifferscheid > Rodder > Antweiler > Hoffeld > Bodenbach > Kelberg > Welcherath > Nürburgring (GPS-Daten s. unten)
Spektakulär eingerahmt von Mosel und Rhein, liegt das Land der Maare und Motoren. Wobei die dröhnenden Motoren am berühmten Nürburgring immer häufiger dem Rennrad weichen. Neben dem Fahrradfestival Rad am Ring steigt mit dem Circuit Cycling am 11. Mai seit diesem Jahr sogar ein zweites Radrennen auf der "Eifelachterbahn".
Doch auch abseits des "Rings" ist die Eifel bei Rennradfahrern schwer angesagt. Etwa bei Touren entlang der Maare und Vulkane im Süden der Eifel, durch die Weinberge im malerischen Ahrtal oder über die herrlichen Radwege auf den alten, stillgelegten Bahntrassen. Besonders interessant macht die Eifel nicht zuletzt die Nähe zu Belgien und Luxemburg, wo das Mittelgebirge nahtlos in die nicht minder legendären Ardennen übergeht.
Sauerland
Bundesländer: NRW/Hessen
Größter Anstieg: Kahler Asten 464 Hm
Event: 3-Seen-Radmarathon
Nächster Termin: 1.6.2019
Tour-Tipp 80 km/1400 Hm: Brilon > Scharfenberg > Olsberg > Elleringhausen > Willingen > Usseln > Schweinsbühl > Heringhausen > Hoppecke > Brilon (GPS-Daten s. unten)
Gib Gummi und bring ordentlich Druck drauf: Mit Continental in Korbach und SKS in Sundern sitzen zwei große Marken aus der Rennradwelt im Sauerland. Mit ordentlich Druck auf dem Pedal machen auch die Touren über die oft verkehrsarmen Sträßchen im Südosten Nordrhein-Westfalens richtig Spaß.
Höhepunkte sind dabei etwa der aus der Krombacher-Werbung bekannte Biggesee oder der Edersee, aus dessen Fluten seit einigen Jahren der rekonstruierte Turm einer Dorfkirche ragt. König des Sauerlands jedoch ist der Kahle Asten, von dessen Gipfel der Sportler einen weiten Blick über die Region genießt.
Bayrischer Wald
Bundesland: Bayern
Größter Anstieg: Schwarzriegel 507 Hm
Event: Arber Radmarathon
nächster Termin: 28.7.2019
Tour-Tipp 63 km/1300 Hm: Lam >
Lohberg > Brennes > Großer Arbersee > Bodenmais > Drachselsried > Arnbruck > Eck > Lam
Heißer Schweiß statt Kalter Krieg: Wo einst die Grenze zwischen Westen und Ostblock verlief, dürfen sich heute die Radsportler vergnügen. Denn dazu bietet der Bayerische Wald oder Böhmerwald, wie das Mittelgebirge auf tschechischer Seite heißt, wahrlich reichlich Gelegenheit. Etwa mit den zahlreichen Kletterpassagen auf Anstiege wie Schwarzriegel, Roßberg oder Brennes – und den anschließenden rasanten Abfahrten.
Viele solcher Herausforderungen zwischen 200 und 500 Höhenmetern lassen sich zu stattlichen Rundtouren verknüpfen. Touren, die über größtenteils perfekt asphaltierte und doch sehr verkehrsarme Straßen führen. Vor allem aber durch die eindrucksvolle Ruhe und Natur des Mittelgebirges und des Nationalparks.
Rhön
Bundesländer: Bayern/Hessen/
Thüringen
Größter Anstieg: Wasserkuppe 510 Hm
Event: Rhön Radmarathon
Nächster Termin: 9.6.2019
Tour-Tipp 112 km/1400 Hm: Bimbach > Eichenzell > Schmalnau > Motten > Oberzell > Sterbfritz > Gundhelm > Mittelkalbach > Flieden > Magdlos > Hauswurz > Großenlüder > Bimbach
Doch, das haben die Macher des Rhön Radmarathons gut hinbekommen: "Pfingsten fährt man in Bimbach" – das wissen heute fast alle deutschen Hobbyradsportler. Und gefühlt sind sie bei einem der beliebtesten Events des Landes auch alle am Start. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass man die wunderschöne Rhön im Umkehrschluss die restlichen Tage im Jahr meiden sollte.
Im Gegenteil: Die zahllosen Sträßchen und Anstiege im Dreiländereck zwischen Hessen, Thüringen und Bayern lassen sich auch ohne Tausende Gleichgesinnte vorzüglich genießen. Rund um die 950 Meter hohe Wasserkuppe geht es über steile Anstiege, wellige Hochebenen oder, etwas entspannter, durch die Täler und entlang der Flussläufe, etwa Richtung Fulda im Westen des Gebirges. Insgesamt warten in der Rhön mehr als einhundert Pässe und Pässchen darauf, von schmalen Rennradreifen befahren zu werden.
Schwäbische Alb
Bundesland: Baden-Württemberg
Größter Anstieg: Roßberg 446 Hm
Event: Alb-Extrem
Nächster Termin: 30.6.2019
Tour-Tipp 119 km/1900 Hm: Nusplingen > Beuron > Thiergarten > Sigmaringen > Stetten am k. Markt > Straßberg > Ebingen > Meßstetten > Pfeffingen > Balingen
Formkante zeigen macht im Radsport bekanntlich besonders viel Spaß. In diesem süddeutschen Mittelgebirge aber bekommt der Begriff eine ganz neue Bedeutung. Denn an der "Kante", dem Steilabfall im Norden des Gebirges, können Rennradfahrer vor allem an ihrer Form feilen. Die kurzen, aber fordernden Anstiege am sogenannten Albtrauf eignen sich ideal für alle Arten des fortgeschrittenen Trainings – oder schlichtweg für traumhafte Touren entlang der stolz auf den Hügeln der Alb thronenden Festungen.
Zum ultimativen Formtest lockt dann jedes Jahr im Sommer der traditionsreiche Ultra-Radmarathon Alb-Extrem. Mit rund 6000 Höhenmetern auf 300 Kilometern macht er seinem Namen alle Ehre und beweist, dass es auf der Alb praktisch nur auf und ab geht. Wer es auch mal flach mag, darf den Süden der Alb erkunden. Hier bildet die noch junge Donau den Abschluss des Mittelgebirges. Und wer mehr Berge will, ist in Richtung Westen schnell im Schwarzwald.
Harz
Bundesländer: Niedersachsen/
Sachsen-Anhalt/Thüringen
Größter Anstieg: Brocken 914 Hm
Event: Deutschland Tour
Nächster Termin: 29.8.2019
Tour-Tipp 104 km/1300 Hm: Berga > Rottleberode > Straßberg > Neudorf > Hayn > Breitenbach > Roßla > Bad
Frankenhausen > Kelbra > Berga
Mittelgebirge! Dieser Begriff trifft auf den Harz gleich in doppelter Hinsicht zu, liegt er doch recht zentral in der Mitte Deutschlands. Gar nicht mittel allerdings präsentieren sich seine Berge, die speziell in der sonst so flachen Nordhälfte der Republik hoch in den Himmel ragen. Allen voran der Brocken, der mit 1141 Metern eine wahre Pilgerstätte für Rennradfahrer aus dem Norden bildet. In diesem Sommer rollen auch die Profis durch den Harz: Die erste Etappe der Deutschland Tour 2019 führt die Stars am 29. August von Hannover aus in die Region, meidet allerdings die ganz großen Anstiege.
Hunsrück
Bundesländer: Rheinland-Pfalz/Saarland
Größter Anstieg: Rösterkopf 631 Hm
Event: Sebamed Bike Day
Nächster Termin: 24./25.8.2019
Tour-Tipp 88 km/1800 Hm: Morbach > Langweiler > Allenbach > Erbeskopf > Hüttgeswasen > Börfink > Abentheuer > Birkenfeld > Nohen > Kronweiler > Oberbrombach > Mackenrodt > Kirschweiler > Bruchweiler > Morbach
Rennrad fahren zwischen "Langweiler" und "Abentheuer" können Radsportler im quer durch Rheinland-Pfalz verlaufenden Hunsrück. Dabei sprechen die oft außergewöhnlichen Ortsnamen der Region nur die halbe Wahrheit, denn Langeweile droht im steten Auf und Ab südlich der Mosel wahrlich nicht. Das beweist etwa die steile Fahrt auf den Erbeskopf, der mit seinen 816 Metern den höchsten Punkt des Mittelgebirges markiert. Von hier aus eröffnet sich ein schöner Blick über das Land der Wälder, Weinberge und Windräder.
Von alldem findet sich im Hunsrück reichlich, wobei der letzte Punkt veranschaulicht, dass neben vielen Steigungen auch der Wind auf den schroffen Bergrücken einen ordentlichen Trainingseffekt verspricht. Dafür locken nach der Tour die leckeren Erzeugnisse, die die Winzer aus den Weinreben zaubern, etwa beim Ausklang der Tour unten im lieblich gewundenen Tal der Mosel.