Diskussion Scheibenbremsen
Scheibenbremsen am Rennrad: Darauf müssen Sie achten

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Kaum ein Thema polarisiert so stark wie die Scheibenbremse am Rennrad. RoadBIKE erklärt die Faktenlage – und wägt das Pro und Kontra ab.

RB 0613 Disc-Rennräder Teaserbild
Foto: Daniel Geiger

Bremsen Sie ihre Disc-Anlage ein!

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Benjamin Hahn
RoadBIKE-Werkstatt: So warten Sie Scheibenbremsen am Rennrad

Damit eine Scheibenbremsanlage ihre volle Bremskraft entfaltet, muss sie im Neuzustand einmal auf Temperatur gebracht werden. In vielen Bremsbelägen finden sich Bindemittel, die ausgasen müssen. Zudem müssen sich Beläge und Scheibe mechanisch anpassen. Nehmen Sie auf einer abschüssigen Strecke ohne Verkehr mindestens 10 bis 20 starke Bremsungen aus rund 40 km/h Geschwindigkeit vor, damit die Scheiben heiß werden, meist erkennbar an einem starken, von den Belägen stammenden Geruch. Sie werden spüren, dass nun auch die Bremsleistung deutlich zunimmt.

Passen Sie ihre Bremsen an sich an!

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Benjamin Hahn
RoadBIKE-Werkstatt: So warten Sie Scheibenbremsen am Rennrad

Ähnlich wie bei Felgenbremsen lassen sich bei Scheibenbremsen der Bremspunkt und die Griffweite am Hebel individuell einstellen. Insbesondere Menschen mit kleinen Händen profitieren davon, den Bremshebel näher an den Lenker bringen zu können. Die Einstellung des Bremspunktes ist auch eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Der Abstand zwischen Bremsbelägen und Scheibe regelt dabei, wann die Bremswirkung einsetzt. Ähnlich wie bei der Felgenbremse gilt hier: Je geringer der Abstand, desto eher setzt die Bremswirkung ein und desto mehr Reserven hat man für sehr kraftvolle Bremsungen. Ist der Abstand sehr gering, steigt jedoch das Risiko, dass die Scheibe an den Belägen schleift. Zu viel leeren Hebelweg sollten Sie auf jeden Fall vermeiden, die Bremswirkung sollte spätestens auf halbem Weg zum Lenker einsetzen.

Üben Sie das neue Bremsen

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Benjamin Hahn
RoadBIKE-Werkstatt: So warten Sie Scheibenbremsen am Rennrad

Wenn Sie noch keine Erfahrungen mit Scheibenbremsen haben, tasten Sie sich zunächst abseits des Verkehrs an das neue Bremsgefühl heran – zum Beispiel auf einem Feldweg oder einem leeren Parkplatz. Doch keine Sorgen: Scheibenbremsen verzögern nicht so brachial, dass Sie beim kleinsten Zug am Bremshebel über den Lenker gehen.

Vor allem bei hydraulischen Scheibenbremsen ist der Druckpunkt sehr viel klarer definiert und berechenbarer als bei mechanischen Felgenbremsen. Grund dafür: In Ermangelung von Bowdenzügen nimmt keine Zugreibung oder -längung Einfluss auf die Bremskraftentwicklung.

Steigern Sie die Handkraft beim Bremsen, steigt mit Disc Brakes die Bremswirkung vorhersehbarer als bei den meisten Felgenbremsen. Tasten Sie sich kontinuierlich an den Punkt heran, an dem das Hinterrad abzuheben droht oder die Räder blockieren. Im Alltagsbetrieb werden Sie von solchen Bremsübungen profitieren.

Keine Schleifbremsung!

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Benjamin Hahn
RoadBIKE-Werkstatt: So warten Sie Scheibenbremsen am Rennrad

Vermeiden Sie – insbesondere bei kilometerlangen Abfahrten in den Bergen oder bei Fahrten mit Gepäck – lange Schleifbremsungen. Wer permanent bremst, ohne der Anlage Luft zum "Atmen" zu lassen, riskiert deren Überhitzung, weil die Beläge permanent auf der Scheibe liegen. Die Anlage kann sich so auf Temperaturen von bis zu 500 °C an Scheiben und Belägen erhitzen.

Als Folge lässt die Bremskraft nach, die Scheiben können sich verziehen und müssen gegebenenfalls getauscht werden. Wird die Bremsanlage zu heiß, kündigt sich dies durch sogenanntes "Klingeln" der Bremsscheiben an, auch ein Nachlassen der Bremskraft ist zunächst schleichend spürbar.

Bremsen Sie seltener, dafür härter. Im Notfall unterbrechen Sie Ihre Fahrt für einen Moment, lösen Sie die Finger von der Bremse und lassen die Anlage abkühlen. Wird eine Scheibenbremsanlage im Neuzustand durch eine Schleifbremsung auf zu hohe Temperatur gebracht, können die Beläge verglasen anstatt

Keine Angst vor der Wartung

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Benjamin Hahn
RoadBIKE-Werkstatt: So warten Sie Scheibenbremsen am Rennrad

Die Pflege und Wartung einer Scheibenbremse erfordert andere Maßnahmen als die vertraute Felgenbremse, ist aber nicht wesentlich komplexer. Tragen Sie eine Schutzbrille und Handschuhe, da das Hydrauliköl bzw. die Bremsflüssigkeit die Haut reizen kann und nicht ins Auge gelangen sollte.

Schleifende Bremsbeläge können oft durch mehrfaches Ziehen der Bremse wieder ausgerichtet werden. Wenn nicht, öffnen Sie die Befestigungsschrauben des Bremssattels, halten Sie den Bremsgriff gezogen und ziehen die Schrauben wieder fest. Quietschende Bremsen sind oft auf verglaste Beläge zurückzuführen. Schleifen Sie diese mit Schmiergelpapier (120er-Körnung) etwas an. Die Bremsscheibe können Sie mit speziellem Bremsenreiniger säubern. Ähnlich wie bei der Felgenbremse gilt: Halten Sie Reibflächen und Beläge frei von Öl, Kettenfett oder Sprühwachs.

Kommt die Scheibe damit in Verbindung, reinigen Sie sie sorgfältig mit Bremsenreiniger oder Aceton. Sind die Beläge verunreinigt, müssen sie getauscht werden. Größere Wartungsarbeiten sind die Ausnahme, sofern die Scheibenbremsanlage einmal richtig eingestellt wurde. Luft im System bemerken Sie, wenn der Druckpunkt der Bremse nicht mehr klar definiert ist oder immer weiter in Richtung Lenker wandert. Trauen Sie sich die Entlüftung nicht selbst zu, bringen Sie Ihr Rad in die Werkstatt.

Augen auf beim Transport!

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Benjamin Hahn
RoadBIKE-Werkstatt: So warten Sie Scheibenbremsen am Rennrad

Transportieren Sie Ihr Disc-Rennrad möglichst nie über Kopf, die Bremsgriffe sollten immer oben sein. Sonst kann Luft ins System gelangen, was die Bremsleistung verschlechtert. Bei ausgebauten Laufrädern schieben Sie den mitgelieferten Kunststoff-Abstandshalter zwischen die Beläge in den Bremssattel. Ziehen Sie nicht bei demontierten Laufrädern die Bremse, da die Beläge sonst aneinander"kleben".

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5 / 2024
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Erscheinungsdatum 09.04.2024