Blog: Auf dem Weg zur Haute Route

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Rose Goldman ist Rennrad-Neuling und möchte die Haute Route in den Dolomiten überstehen. Im Blog beschreibt sie den beschwerlichen, und manchmal komischen Weg dorthin.

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Foto: Rose Goldman

Teil 1: Worum geht es in diesem Rennrad-Blog?

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Markus Stephani
Berge sind für Rennradanfänger besonders aus der Ferne schön.

Die kurze Antwort ist Radsport. Man könnte auch sagen, dass Alkohol eine entscheidende Rolle gespielt hat. Dank der Tatsache, dass mein größter Ansporn Angst und ein bisschen zu viel Wein ist, habe ich muss ich langsam herausfinden, wie man Rad fährt. Oder besser gesagt wie man ein 7-tägiges Abenteuer mit dem Namen Haute Route überlebt: über 800km, mehr als 20.000 Höhenmeter, mit Start in Innsbruck und Ziellinie in Venedig.

Nicht der Rede wert? Naja, vielleicht schon. Denn obwohl ich nun seit viele Jahren Rad fahre, würde mich immer noch als Neuling bezeichnen. 160 Kilometer war bis jetzt die längste Strecke, die ich bis jetzt auf dem Rad geschafft habe. Und das keines Falls in einer Rekordzeit.

Außerdem sind größere Berge und Anstiege in meiner Heimat England Fehlanzeige – ich komme nämlich aus London. Da haben wir vielleicht ein paar Hügel, aber die sind im Vergleich zu den Alpen gar nichts. Jetzt lebe ich in München und kann die Berge sogar sehen. Doch mein zu großer Respekt hat mich bis jetzt von ihnen ferngehalten.

Ich bin kein Radsport-Nerd und wenn man mich bis vor kurzem nach meinen Watt-Werten gefragt hätte, wären mir als erstes Glühbirnen in den Kopf gekommen. Doch jetzt ist es zu spät um einen Rückzieher zu machen. Ich muss das ganze wohl durchziehen und würde mich freuen, wenn ihr mich auf meinem Weg begleitet – oder zumindest auf dem Teil der euch gefällt.

Lass uns gemeinsam ein Ziel verfolgen: Egal ob einfach nur auf dem Rad in den Bergen rumgurken oder einen ersten richtigen Wettbewerb absolvieren – gemeinsam können wir versuchen unseren inneren Schweinehund zu überwinden.

Von Bike-Fitting über Ernährung bis zum Training und Dehnen werde ich alles in den kommenden Wochen und Monaten durchleben – oder zumindest den legalen Teil davon. Auf EPO werde ich verzichten und Zugang zu einer privaten Blutbank habe ich leider auch nicht.

Aber Ich werde mir so viele Radsportexperten wie möglich zur Brust nehmen und ich möchte mit euch teilen, was ich auf meinem Weg zur Haute Route entdecken und erleben werden. Hoffentlich kann ich euch zeigen, wie man sicherer auf dem Rennrad wird, sich im Training verbessert, immer mehr Kilometer abspult und viel Zeit mit dem schönsten Sport der Welt verbringt – Rennrad fahren!

Du hast eine radsportbezogene Frage? Dann lass es mich wissen!

Teil 2: Rolle fahren und Gesäßschmerzen

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Markus Stephani
Rollentraining gehört einfach dazu.

Es tut weh, sehr sogar. Ich zähle mal alle Körperteile auf, die mir weh tun, damit man ein gutes Bild von meinem Schmerz bekommt. Mein Hintern kommt auf der Schmerz-Liste auf Platz 1. Danach meine Beine, dicht gefolgt von den Schultern. Und dann alles andere.

Der Schweiß tropft mir von der Stirn, mein Gesicht hat eine unnatürlich rote Farbe angenommen, meine Unterlippe macht komische Sachen und das Frauenmagazin auf dem Couchtisch versucht mir zu erzählen, wie ich fit und sexy sein kann. Finde ich gar nicht komisch. Aber am schlimmsten ist, dass ich einfach nicht vom Fleck komme und sogar das Hinterrad aus meinem Rennrad ausgebaut ist!

Willkommen zum Training auf der Rolle! Warum man das macht? Nun, das Rolle-Fahren ist die Antwort auf viele Fragen im Radsport: Wie kann ich trainieren, wenn draußen die Wetter-Apokalypse tobt oder es einfach im April nochmal schneit? Wie hole ich das Meiste aus meinen wenigen Trainingsstunden raus, wenn man gleichzeitig auch noch Geld verdienen soll? Wie kann ich beim Radfahren gleichzeitig fernsehen? Die Antwort lautet jedes Mal: auf der Rolle. (oder wenn man besonders masochistisch veranlagt ist auf einer freien Rolle.)

Was mich am Radsport manchmal ärgert, ist, dass man manche Dinge einfach wissen muss, weil sie einem niemand erklärt. Aber ich halte es da wie Donald Rumsfeld – es gibt einfach Dinge von denen ich weiß, dass ich nichts davon weiß. Der Rollentrainer ist ein gutes Beispiel dafür.

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Profis im Winter im Süden trainieren und alle anderen einfach eine Pause Machen so lange es draußen kalt ist (abgesehen von ein paar Verrückten, die auch im Winter fahren). Stattdessen trainieren die Profis und etliche Hobbysportler im Winter auf Rollentrainern! Und jeder Rennradfahrer (und jeder Coach!) mit dem ich gesprochen habe, ist einfach davon ausgegangen, dass ich natürlich auch einen Rollentrainer besitze.

Am Ende konnte ich mich nur über diese scheinbare Selbstverständlichkeit wundern – und dann doch einfach einen Rollentrainer kaufen. Jeder, der im Sommer eine längere Distanz in Angriff nehmen will, hat einen. Und sobald man sich etwas mehr Gedanken über den eigenen Trainingsplan macht, ergibt es auch einen Sinn.

Einsteiger-Rollentrainer gibt es schon ab 150 Euro. Diese Modelle sind günstig, machen aber auch mehr Lärm und haben nicht so viele Einstellungsmöglichkeiten. Für mehr Geld erhält man auch mehr Funktionsumfang und das Gerät ist nicht mehr so laut. Die teuersten Rollentrainer nennt man „Smart Trainer“, denn sie können und wissen tatsächlich mehr: Leistunsanalyse, Streckensimulation und Wettkämpfe gegen andere Sportler, die auf ihrem Rollentrainer schwitzen aber nicht vom Fleck kommen. Aber egal wie teuer, auf allen kann man ordentlich trainieren.

Mein Rollentrainer stand am Anfang vor allem in der Ecke und hat mich vorwurfsvoll angestarrt, um mich daran zu erinnern, dass das Ding nicht nur Deko ist sondern dass man es auch benutzen muss. Aber ehrlich gesagt, war der Rollentrainer eine der besten Investitionen, die ich für mein Training machen konnte, dicht gefolgt von einem personalisierten Trainingslpan, der den Rollentrainer mit einschließt. Denn am Ende werden mein Hinter und meine Beine dankbar für diese Vorbereitung sein.

Teil 3: Mein allererster Berg!

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Markus Stephani
Der erste Berg, ein Wahnsinnsgefühl!

Letzten Monat auf dem Heimweg von München nach Stuttgart habe ich folgende Nachricht erhalten? „Kommst du morgen mit? Wir fahren früh los, wetter soll gut werden. Wir radeln übers Kühtai und auf der anderen Seite drehen wir um und machen es nochmal.“ Ich war selber schuld. Ich habe gesagt, dass ich endlich mal anfangen muss, Berge zu fahren. Aber als ich das sagte, dachte ich, dass mein Gesichtsausdruck die deutliche Botschaft transportiert, dass das irgendwann in ferner Zukunft geschehen soll. Doch manchmal ergibt sogar ein Werbe-Slogan einen Sinn: Just do it. Mach es einfach. Und deshalb habe ich es gemacht.

Das Kühtai, nicht weit hinter der Grenze in Österreich, wird von Radfahrern oft als „schöner Berg“ bezeichnet. Das kann ich so definitiv nicht unterschreiben. Mir sind ganz andere Ausdrücke durch den Sinn geschossen, als ich mit brennenden Beinen dort hochstampfte, während die Straße vor mir immer nur steiler und steiler wurde.

Aber „schön“ heißt im Radlerjargon etwas ganz bestimmtes: der Berg lässt einen durchatmen. Ja, es geht bergauf, aber die Straße flacht immer wieder etwas ab. So kann man Luft holen, etwas trinken – und dann weitermachen. Das macht das Kühtai zu einem guten „Trainingsberg“. Wenn man in Kematen beginnt und bis zur Passhöhe fährt, sind das 1400 Höhenmeter. Nicht schlecht für eine Anfängerin. Unten gab es für mich noch ein paar wertvolle Tipps in Kurzform: Jacke, Handschuhe und Beinlinge mitnehmen, oben wird es kalt. Fahr dein eigenes Tempo. Hast du Sonnencreme? Viel Glück, wir sehen uns oben!

Ganz ehrlich: Ich war ziemlich nervös. Vor allem als nach 20 Minuten jemand in unserer Gruppe scherzte „Und wo fängt endlich der Berg an?“. Aber positiv gesehen: Zu diesem Zeitpunkt hat die Gruppe mich noch nicht abgehängt! Ich konnte also mindestens 20 Minuten mithalten.

Der Rest war ein ganz schöner Kraftakt, aber es war nicht unmöglich. Und es hat mich nicht alle meine vorherigen Entscheidungen mit dem Radfahren anzufangen in Frage stellen lassen. Wie das bei manch anderer Radtour schon der Fall war.

Die Landschaft am Kühtai ist wunderschön, was einen von den Schmerzen in den Beinen ablenkt. Und oben gibt es eine Pizzaria – was will man mehr! Oben habe ich mich gefühlt wie Rocky Balboa auf den Stufen, Sir Hillary auf dem Mt. Everest oder wie auch immer derjenige hieß, der als erster die Eiger Nordwand bezwungen hat. Es fühlte sich gut an.

Aaaaaaber, nach so einem Höhenflug muss es natürlich auch wieder bergab gehen. Wortwörtlich. Fast hätte ich das wegen des Aufstiegerfolges, der leckeren Pizza und den tollen Leuten um mich herum vergessen. Was du nach oben fährst musst du auch wieder runterfahren. Erst Recht, wenn man das Auto ganz unten geparkt hat.

Es war furchtbar! Furchtbar von Anfang bis Ende. Und ganz besonders an einer steilen Rampe in der Mitte, als ich in einer Bushaltestelle anhalten musste nur um wieder ein bisschen klar zu kommen. Da ich den ganzen Tag noch keinen Bus gesehen hatte, war Warten keine Option. Eigentlich hielt ich mich immer für eine gute Radfahrerin, aber als das Rad mit mir ins Tal sauste, unter mir wackelte und es nach verbrannten Bremsbelägen roch, konnte ich mich nicht mal mehr an meinen eigenen Namen erinnern!

Es stellte sich heraus, dass ich keinerlei Abfahrtstalent besitze, was ein Problem ist. Am Ende bin ich unten angekommen, habe Gratulationen und eine Dose Spezi bekommen, aber auf der Abfahrt habe ich jede Sekunde gehasst.

Ich kann nicht behaupten, dass ich dank der Abfahrtstipps, die ich seitdem bekommen habe zum absoluten Profi geworden bin. Aber die Freude, den Tag im Sattel und mit Freunden zu verbringen, es aus eigener Kraft auf den Gipfel zu schaffen, überstrahlt die furchtbaren Gedanken, die ich während der Abfahrt hatte. Ich würde es morgen gleich wieder machen.

Und ich weiß, das Abfahren eine Fähigkeit ist, eine Fähigkeit, die man lernen kann. Hier sind ein paar hilfreiche Abfahrtstipps, die mir geholfen haben. Einige davon sind etwas offensichtlich, aber ich habe sie zum ersten Mal gehört!

  • John Findley von Palmare Coaching riet mir meine Laufräder nicht zu überfordern. Sie sollen entweder Lenken oder Bremsen und nicht beides auf einmal. Also Abbremsen bevor man in die Kurve fährt.
  • Schau nicht auf dein Vorderrad, sondern dahin wo du hinfährst!
  • Versuche dich aktiv zu entspannen, selbst wenn es nur für ein paar Sekunden ist! So können sich deine Händ vom Bremsen kurz erholen und sind bereit, wenn du sie brauchst und nicht verkrampft.
  • Den Schwerpunkt so tief wie möglich halten und soweit es geht nach hinten verlagern.
  • Schon gewusst: Die vordere Bremse verzögert besser und schneller als die hintere. Ich wusste es nicht….
  • Man kann stärker Bremsen, als man denkt. Ein bisschen Stotterbremse (Bremse immer wieder kurz sanft anziehen und loslassen) ist ein prima Mittel um die eigene Geschwindigkeit im Rahmen zu halten.

Meine Meinung ist: Umso mehr man etwas Notwendiges hasst, umso mehr sollte man sich darum kümmern, dass man es beherrscht. Und wenn man mit einer kleinen, flachen Übungsabfahrt anfangen muss, dann ist es eben so.

Viele Frauen (und Männer!) mit denen ich gesprochen habe, haben zugegeben, die Abfahrt viel schlimmer zu finden als den Anstieg. Das soll keine Ausrede für mich sein, nur ein Zeichen, dass man manche Sachen einfach üben muss und man sich keine Sorgen machen sollte, wenn es am Anfang nicht so einfach von der Hand geht. Je eher man sich damit beschäftigt, desto früher hört es auf eine Herausforderung zu sein. Wer weiß, vielleicht wird ja aus mir auch mal so jemand, der die Abfahrten einfach liebt. Glaube aber kaum, dass das der Fall sein wird.

Teil 4: Gute Radschläge und erste Schraubversuche

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Rose Goldman
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„Lass mich wissen, wie es gelaufen ist. Ich finde es immer spannend von Leuten zu hören, die sich unerreichbare Ziele stecken!“ So verabschiedete sich neulich einer meiner Radfahrer-Freunde, als ich ihm erzählte, dass ich bei der Haute Tour Dolomites an den Start gehen würde.

Ah, das ist wohl die typisch deutsche Direktheit, von der alle immer Sprechen. Meine Landsleute die Briten haben diese Fähigkeit nicht – hier sagt kaum einer genau das, was er meint. Zwei Beispiele: Wenn ein Brite am Ende einer Unterhaltung etwas „apropos“ erwähnt, dann war das sicher der Hauptgrund des Gesprächs. Oder „Das war sicher mein Fehler.“ bedeutet: „Es war zu 100 Prozent deine Schuld!“

Naja, mich für die Haute Route anzumelden, war definitiv mein eigene Fehler, aber mir immer wieder zu sagen, was das für ein RIESENFEHLER war, hilft mir auch nicht weiter. Ja, ich will die Haute Route Dolomiten mitfahren. Ja, ich weiß dass es 800 Km und 20.000 Hm in 7 Tagen sind. Ja, ich trainiere. Ja, mir ist bewusst, dass es schmerzhaft wird. Erzählt mir mal was Neues!

Denn es gibt ziemlich viele Tipps, die ich nicht kenne und die tatsächlich hilfreich wären. Aber zum Glück gibt es ja Google. Was bedeutet 50/34, 11-32? Keine Ahnung, aber Google weiß es und ich jetzt auch. Etwas nicht zu wissen, ist nichts wovor man Angst haben müsste und nichts was einem peinlich sein sollte.

Wer Berge hochfahren möchte, sollte sich mit diesen Zahlen vertraut machen. 50/34 sind die Anzahl der Zähne auf dem großen und kleinen Kettenblatt an der Kurbel. Hier gilt: je kleiner, desto leichter die Gänge. 11-32 sind die Anzahl der Zähne des kleinsten und größten Ritzels (die Zahnräder am Hinterrad). Hier gilt: je größer, desto leichter der Gang. Klingt komisch, ist aber so.

Ich rate jedem aus vollstem Herzen, sich gut mit seinem Rad vertraut zu machen. Ich hatte immer Angst davor – ich bin kein Mechaniker und besitze keinen Werkzeugkasten – ich habe ein oder zwei Inbus-Schlüssel, das war‘s.

Und da war immer diese Stimme in meinem Kopf: Was, wenn ich etwas kaputt mache? Oder etwas repariere und dann fällt es während der Fahrt auseinander? Oder der schlimmste Gedanke von allen: Was, wenn ich etwas nicht hinbekomme und dann in den Fahrradladen gehen und dem Mechaniker erklären muss, was ich angestellt habe? Den Anblick auf seinem Gesicht würde ich nicht ertragen können.

Aber all das muss euch ganz egal sein! Schaut euch einfach ein paar Videos auf Youtube an und fangt mit etwas einfachem wie „Lenkerband wechseln“, „Wie putze ich mein Fahrrad richtig“ oder „Schlauch flicken“ an. Als nächstes fragt ihr vielleicht einen technisch begabten Freund, ob er euch etwas zeigen kann – und hinterher checken kann, ob auch alles sicher ist.

Fangt damit an, euch euer Rennrad genau anzuschauen. Ja, genau jetzt.

Wie breit ist eigentlich euer Lenker? Welche Zahlen stehen auf den Kettenblätter und der Kassette? Was sind Kettenblätter und wo ist die Kassette?? Die Zahlen müsst ihr euch nicht alle merken, aber so fangt ihr an ein Gefühl für euer Rad zu bekommen.

Warum der ganze Aufwand? Weil Wissen ja bekanntlich Macht ist. Wer etwas über die Einstellung des eigenen Rennrads sagen kann oder sich an einem Gespräch über Sattelhöhe beteiligen kann, hat es im Rennrad-Leben leichter. Und spart am Ende sogar auch Geld.

Es kann euch davor schützen, dass euch teure Teile aufgeschwatzt werden, die ihr vielleicht gar nicht braucht. Vor allem, wenn ihr vorhabt längere Touren zu fahren und hohe Berge zu erklimmen. Wenn der Lenker die falsche Breite hat, kann das auf längeren Touren zu Schulterschmerzen führen. (40cm Breite sind ein guter Anfang. Sollte euer Lenker breiter sein, messt mal eure Schulterbreite. Lenker- und Schulerbreite sollten ungefähr gleich sein.)

Und die richtige Übersetzung (welche Gänge ihr habt, die Zahlen von weiter oben) hilft euch ungemein, die Berge hoch zu kommen. Manche Räder sind eher für flaches Gelände oder Fahrer mit sehr starken Beinen ausgerüstet.

Sich dessen einfach bewusst zu sein, hilft schon ungemein, wenn man mit einer Frage zum Radladen geht oder wenn man etwas am Rad reparieren oder austauschen möchte. Es gibt euch mehr Selbstvertrauen im Umgang mit dem Rad und anderen Fahrradfahren. Und am wichtigsten: Das Fahren macht so mehr Spaß.

Ich weiß immer noch sehr wenig. Aber ich weiß mehr als am Anfang und ich habe mehr Vertrauen in mein Rad, mein Set-up und dass es zu mir und meinen Plänen passt. Und ich bin mittlerweile ziemlich gut im Lenkerband wechseln!

Teil 5: Sex and cycling

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Rose Goldman
Freundinnen sind wichtig, Trainingspartnerinnen sind fast noch wichtiger.

Ich gebe zu, den Titel habe ich hauptsächlich so gewählt, damit ihr auf den Blogeintrag klickt ;) Hier geht es zwar um Sex, aber ich meine damit die englische Bezeichnung für “Geschlecht”, also männlich und weiblich, und nicht auf eine Barry-White-Let’s-get-it-on-Weise.

Als Gründerin einer Marke für Frauen-Rennradbekleidung (Viktor + Leap), denke ich sehr viel über die speziellen Bedürfnisse von Rennradfahrerinnen nach. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir ganz oft eigentlich gar nicht zwischen männlichen und weiblichen Rennradfahrern unterscheiden sollten – wir sind einfach alle Rennradfahrer. Diese Erkenntnis hält mich natürlich nicht davon ab, mir dem Nutzen einer Marke Bewusst zu sein, die Frauen als Zielgruppe hat. Unsere Körperform ist anders als die von Männern, was bedeutet, dass auch unsere Bekleidung, Sättel und Räder unterschiedlich geformt sein sollten. Und das heißt nicht nur kleiner und in Pink, sondern tatsächlich anders.

Rennradveranstaltungen nur für Frauen: Muss das sein?

Normalerweise fahre in einer gemischten Trainingsgruppe mit – wenn ich mit den anderen, bzw. die anderen mit mir mithalten können, wen interessiert es da, ob es Frauen oder Männer sind. Die Idee einer „reinen Frauengruppe“ ist mir vorher tatsächlich nicht in den Sinn gekommen. Als ich dann 2016 auf das RoadBIKE Women‘s Camp gestoßen bin, dachte ich zuerst: Warum eigentlich nur Frauen? Hingegangen bin trotzdem.

Momentan sieht es so aus, dass es in allen Bereichen des Radsports mehr Männer als Frauen gibt. Vor ein paar Wochen saß ich mit anderen Sportlern in einem Raum und wurde über den Verlauf der Haute Route Alpe d’Huez gebrieft. Eine schnelle Zählung der 130 anwesenden Personen ergab ein Männer-Frauen-Verhältnis von 12:1. Eigentlich ist mir das egal, ich finde es nur schade, dass nicht mehr Frauen Rennrad fahren. Und ich denke, dass sich dieses Verhältnis in absehbarer Zeit nur ändert, wenn sich Frauen gegenseitig unterstützen.

Natürlich können auch Männer Frauen dabei unterstützen im Radsport Fuß zu fassen und Spaß daran zu finden. Aber es funktioniert einfach besser, wenn die Unterstützung mehr von anderen Frauen kommt. Und hier kommen Veranstaltungen wie das RoadBIKE Women’s Camp ins Spiel. Von anderen rennradverrückten Frauen, die dieselben (und manchmal Frauen-spezifischen) Ziele, Träume, Ängste haben, umgeben zu sein, ist unbezahlbar! Und wenn mir jetzt mit „Und was ist mit reinen Männer-Camps??“ kommt, verdreh ich die Augen härter als Merkel bei Putin.

Als begeisterte Skifahrerin ist mir die Kulisse des RoadBIKE Women’s Camp aus den Wintermonaten bekannt. Die Berge rund um Bozen sind einfach etwas ganz besonderes und ich würde keine Gelegenheit auslassen dorthin zu fahren, Camp hin oder her. Die Frauen, die das Camp geleitet haben, waren echte Profis. Einige hatten das Rennradfahren tatsächlich zum Beruf gemacht, andere waren einfach nur profimäßig gut darin dafür zu sorgen, dass alle Spaß im Camp hatten. Nach ein paar Tagen wollte ich gar nicht mehr weg.

Der Sinn von „Women’s only“ Rennrad-Veranstaltungen

Nachdem mir das RoadBIKE Women’s Camp so gut gefallen hatte, stellte ich sicher, dass in meinem Kalender mindestens ein „Women’s only“ Rennrad-Trip steht. Nachdem ich mich also 3 Tage lang mit hauptsächlich Männern nach Alpe d’Huez hochgequält habe (dazu in Kürze mehr), bin ich von London nach Paris geradelt. Und zwar mit Strongher eine „von Frauen, für Frauen“ Radgruppe die von Marianne Voss und anderen prominenten weiblichen Radprofis gegründet wurde.

Ehrlich gesagt waren es 4 der besten Tage, die ich he auf dem Rad erlebt habe. Ich habe 20 wundervolle Rennradfahrerinnen getroffen und habe mit ihnen sowohl meine Heimatstadt London als auch französische Küche auf dem selben Trip erleben dürfen. Frank von „Bikes and Frank“ hat uns mit seinem Van, seiner ruhigen Art und seinem geduldigen Humor auf der Reise unterstützt.

Während des Trips konnten wir über Sport-BHs, Periodenpech, Sattelprobleme, Sitzposition, Klamottenstress – die typischen Männer-Alptraum-Themen – aber auch Dinge außerhalb des Radsports reden. Es waren zwar nur 4 tage, aber ich habe auf einmal 20 neue Freundinnen und, vielleicht noch wichtiger, 20 neue Partnerinnen für eine Radrunde. Die sind nämlich manchmal fast noch schwieriger zu finden. Und ich werde noch lange von den positiven Erfahrungen, die ich im RoadBIKE Women’s Camp und auf dem Strongher-Trip gemacht habe, zehren. Bleibt nur die Frage, wo geht es nächstes Jahr hin?

Rose Goldman: Um wen geht es?

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Rose Goldman
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Rose Goldman, gebürtige Engländerin, ist eine leidenschaftliche Rennradsportlerin die vor kurzem mit Sack und Rad von London nach München zog. Sie ist nicht nur nach Deutschland gekommen um hier zu leben, sondern möchte vor allem in der Frauenradsportszene etwas bewegen.

Mit ihrem jungen Label Victor+Leap stellt Rose funktionelle, aber trendige Radbekleidung für sportliche Damen her. Und damit nicht genug: Im September stellt sich die 33-jährige zum ersten Mal der Herausforderung an einem mehrtägigen Jedermann-Etappenrennen teilzunehmen, der berüchtigten Haut Route Dolomites.

In diesem Blog berichtet Rose, wie sie sich auf dieses neue Projekt mit großem Elan, wechselnder Motivation aber brennender Leidenschaft für Radsport vorbereitet. Oder es eben versucht. Mit ihrer Geschichte verfolgt sie ein klares Ziel: Rose möchte noch mehr Frauen zu leidenschaftlichen Rennradfahrerinnen machen!

Oder in ihren eigenen Worten: „My aim is to get more women out there loving cycling and generally being awesome.”

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5 / 2024
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Erscheinungsdatum 09.04.2024