Schrauber-Tipps: Die häufigsten Fragen beim selber Schrauben
Selbst gemacht: Wichtige Tipps rund ums Schrauben

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Herbst und Winter – für viele die perfekte Zeit, um in aller Ruhe am eigenen Renner zu schrauben. ROADBIKE unterstützt Sie bei der schönsten Nebensache der Welt – neben dem Rennradfahren selbst natürlich!

ROADBIKE Werkstatt FAQ
Foto: Benjamin Hahn

1. Warum überhaupt Schrauben?

Vielen Rennradlern macht Schrauben einfach extrem viel Spaß. Den eigenen Renner zu pflegen, zu reparieren oder mit neuen Teilen aufzurüsten, ist für viele ein integraler Bestandteil des Hobbys. Und: Das Gefühl, wenn Sie sich nach einer ausgiebigen Schraub-Session mit stolzgeschwellter Brust zurücklehnen, weil am Rad alles makellos glänzt, knackig schaltet und bissig bremst, ist unbezahlbar. Sie können dem Schrauben nichts abgewinnen oder glauben, Sie haben zwei linke Hände? Einige grundlegende Handgriffe sollten Sie trotzdem beherrschen – um beim Defekt unterwegs nicht gleich das Taxi rufen zu müssen. Oder um unabhängig zu sein von den Öffnungszeiten und Terminkalendern professioneller Werkstätten.

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2. Wann selber schrauben, wann in die Werkstatt?

Das hängt stark von den individuellen Schrauber-Skills ab – und auch von der Bereitschaft, sich in die Materie einzuarbeiten und notwendiges Werkzeug anzuschaffen. Einen Platten beheben und die Schaltung einstellen? Das sollten im Idealfall alle beherrschen, die Rennrad fahren. Gleiches gilt für die wichtigsten Putz- und Pflegemaßnahmen. Zur Kür gehören das saubere Wickeln von Lenkerband sowie die Montage oder der Austausch von einfach verschraubten Teilen wie etwa Flaschenhalter oder Sattel. Sicherheitsrelevante Schraubereien, wie etwa Montage, Einstellung und Wartung von Bremsen, sollten Sie hingegen nur dann selbst durchführen, wenn Sie es auch wirklich beherrschen. Dasselbe gilt für den selbstständigen Tausch von Verschleißteilen wie Kette und Bremsbelägen: praktisch, wenn man es selbst erledigen kann, aber bitte kein unnötiges Risiko eingehen! Komplexere Schraub- und Pflegearbeiten beziehungsweise Vorgänge, die teures Spezialwerkzeug verlangen, sollten Sie im Zweifel geschulten Zweiradmechanikern in der Werkstatt Ihres Vertrauens überlassen.

3. Wieviel Geld muss ich ausgeben?

Wer will, kann für Werkzeug den Gegenwert eines Kleinwagens hinblättern. Fragen Sie sich, wie gerne und wie oft Sie schrauben. Wichtige Utensilien wie Inbusschlüssel, Schraubenzieher und Zange sind in vielen Haushalten bereits vorhanden. Was Sie darüber hinaus regelmäßig nutzen, sollte qualitativ hochwertig sein – also nicht am falschen Ende sparen. Bevor Sie jedoch teures Spezialwerkzeug anschaffen, lohnt gegebenenfalls der Besuch einer Do-it-Yourself-Werkstatt, die Nachfrage im Freundes- und Bekanntenkreis, wer benötigtes Werkzeug besitzt und verleihen würde. Oder doch der Gang zum Zweiradmechaniker.

4. Wo lerne ich, wie es geht?

Anleitungen zum Schrauben finden Sie zuhauf im Netz – in Video-Tutorials, Bildergalerien oder auf Hersteller-Websites. Nutzen Sie zuerst die offiziellen Bedienungsanleitungen der Hersteller –online oder gedruckt. Ergänzend finden Sie jeden Monat in ROADBIKE sowie in unseren Sonderheften und auf unserer Website unter roadbike.de/werkstatt detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Bei Detailfragen kann Ihnen auch die Rennrad-Community in Internetforen helfen – bewahren Sie aber eine gewisse Grundskepsis und bringen Sie Ihr Rad bei Zweifeln zur Fachwerkstatt. Schrauben lernen kann man auch mit professioneller Anleitung, etwa bei Workshops kommerzieller Anbieter oder privat organisiert. Bietet ein Verein Jugendtraining an, macht es Sinn, dem Nachwuchs bei Interesse von Zeit zu Zeit auch die wichtigsten technischen Grundlagen des Sports zu vermitteln.

5. Wie bewahre ich mein Werkzeug auf?

Platz ist in der kleinsten Hütte! Ein Werkzeugkoffer, eine Standpumpe und ein faltbarer Montageständer passen zur Not unters Bett oder auf den Großstadtbalkon. Wenn Sie gerne und/oder regelmäßig schrauben, sollten Sie sich im Keller oder in der Garage eine kleine Werkstatt einrichten. Hierbei gilt: Ordnung ist das halbe Leben! Denn es macht keinen Spaß, wenn schon nach wenigen Minuten die Nerven blank liegen, weil benötigtes Werkzeug oder Material unauffindbar ist. RB-Tipp: Besorgen Sie sich im Baumarkt eine zwei Quadratmeter große OSB-Platte sowie Nägel und hängen Sie daran alle Werkzeuge sauber an der Wand auf – am besten noch Umrisse mit Edding abzeichnen, damit Sie auf einen Blick sehen, wenn etwas fehlt. Alternative: beschriftete Fächer.

6. Wie entsorge ich den Müll?

Egal ob Altöl, fettige Lappen, leere Knopfzellen aus dem Tacho oder kaputte Reifen und Schläuche, nichts davon sollten Sie einfach so mit dem Hausmüll entsorgen. Einiges ist sogar Sondermüll – im Extremfall machen Sie sich bei unsachgemäßer Entsorgung strafbar! Sammeln Sie alles im Idealfall nicht wie oben abgebildet in einem Korb, sondern nach (Schad-)Stoffen getrennt. In allen Städten und Gemeinden in Deutschland gibt es Wertstoffhöfe und/oder -mobile, wo Ihr Werkstattmüll entgegengenommen und fachgerecht entsorgt wird. Teils hilft auch der Erzeuger: Reifenhersteller wie Schwalbe oder Michelin sammeln alte Schläuche ein und recyclen diese.

7. Was brauche ich?

In der Liste haben wir für Sie 30 Werkzeuge gesammelt, mit denen Sie professionell selber schrauben können. Wir starten mit den Basics, die in keiner Rennrad-Werkstatt fehlen sollten. Gegen Ende der Liste geht es um Spezial-Werkzeug, dass sie eher selten brauchen.

  1. Inbusschlüssel Set: Pflicht in der Werkzeugkiste und im Satteltäschchen! Daheim idealerweise in L-Form mit Kugelkopf an der langen Seite, Größen 1,5–10 mm.
  2. Reifenheber: Pflicht – in der Werkstatt wie im Satteltäschchen. Möglichst aus stabilem Kunststoff, um – wenn nötig – störrische Reifen zu (de-)montieren.
  3. Seitenschneider/Bowdenzugzange: Schneidet Züge und Zughüllen ohne "Ausfransen" ab.
  4. Drehmomentschlüssel: Unerlässlich, um speziell niedrige Anzugsmomente an kritischen Stellen exakt einzuhalten. (Sieben Drehmomentschlüssel im Test)
  5. T-Inbusse: Die wichtigsten Inbusgrößen–4,5 und 6mm–sollten Sie auch mit ergonomisch zu greifender T-Form besitzen.
  6. Kassettenabnehmer: Zur Montage/Demontage von Kassette und oft auch Bremsscheiben. Achtung: Campa-Fahrer brauchen eine spezielle Verzahnung!
  7. Kettenpeitsche: Das Gegenstück zum Kassettenabnehmer – hält die Kassette bei der Demontage gegen die Drehrichtung fest.
  8. Kettennieter: Kürzt und/oder schließt Ketten. Auf Kompatibilität mit dem Antrieb (11-, 12-, 13- fach) und Nutzungsfreigabe durch Kettenhersteller achten!
  9. Torx Set: Immer häufiger trifft man am Renner auf Torx-Schrauben. Am besten ein Set in L-Form Größe T10–T40 kaufen, T25er zu- sätzlich auch in T-Form.
  10. Pedalmontagewerkzeug: Schraub- oder Inbusschlüssel mit längerem Hebel in der zum Maß des Pedals passenden Größe.
  11. Kettenverschleißlehre: Misst die Längung der Kette und zeigt an, wann ein Wechsel fällig ist.
  12. Kettenschlosszange: Zum Lösen von (12-fach-)Kassetten sinnvoll. Zum Verschließen braucht es kein Tool, der Pedaldruck reicht.
  13. Kombizange: Allrounder zum Ziehen, Verdrehen, Festhalten. Und: Hiermit quetschen Sie die Schalt-/Bremszugkappen.
  14. Maul/Ringschlüssel: Kommen häufig an älteren Rädern zum Einsatz. Sinnvoll: ein Set in 6–21 mm.
  15. Meterstab/Maßband: Wichtig bei der Radeinstellung, etwa zum Messen der Sattelhöhe.
  16. Nippelspanner: Dient dem Spannen und Entspannen der Speichennippel beim Aufbauen bzw. Zentrieren von Laufrädern. Die jeweils passende Größe zu Ihren Laufrädern wählen!
  17. Schraubendreher: Kreuz und Schlitz, 2–4 mm. Etwa zum Einstellen (älterer) Schaltungen.
  18. Sternkappenwerkzeug: Zur Lagerspieleinstellung bei Shimano-Kurbeln.
  19. Messschieber: Misst Durchmesser, z.B. Reifenbreite oder Verschleiß von Bremsscheiben.
  20. Bremsscheiben Bieger: Zieht verbogene Disc wieder gerade.
  21. Bremszylinder Justierklemme: Hilft, die Bremskolben von (hydraulischen) Scheibenbremsen ohne Verkanten oder Beschädigung zurückzudrücken.
  22. (Cutter)Messer: Etwa, um Kabelbinder abzuschneiden.
  23. Feilen-Set: Im Ideal eine Rund- und eine Flachfeile, um z. B. quietschende Bremsbeläge anzufeilen oder einen Gabelschaft nach dem Kürzen zu entgraten.
  24. Lagereinpress/Montagewerkzeug: Nach Bedarf für innen-/außenliegende Tret- und/ oder Steuersatzlagerschalen.
  25. Kettenblattschrauber: Gegenhalter, um Kettenblattschrauben zu lösen/festzuziehen. Je nach Kurbel unnötig.
  26. Konusaufschläger: Wird benötigt, um den Konusring sauber auf die Gabelkrone zu treiben.
  27. Konusschlüssel Set: Zum Kontern von Konuslagern (z. B. bei Shimano), Set von 13–19 mm.
  28. Luftdruckprüfer:Kleines (oft digitales) Messgerät zum Überprüfen des Reifendrucks.
  29. Metallsäge: Kürzt Gabelschaft, Sattelstütze oder Lenkerenden. Optimal mit Sägeführung.
  30. Kombihammer: Harte Seite zum Austreiben und Aufschlagen, die Gummiseite für empfindlichere Materialien/Teile.

8. Wo ölen, wo fetten?

Schmiermittel wirken bei korrekter Dosierung Wunder, können aber auch schaden. Die Liste gibt Tipps zu den wichtigsten Komponenten.

  • Kette: Spezielles Kettenöl verwenden. Von innen einzeln auf die Rollen tropfen, anschließend abwischen.
  • Schaltwerk/Umwerfer: Lagerungsbolzen und Schaltrollen bei schlechter Funktion mit Teflonöl (kriechfähig) behandeln.
  • Schaltzüge: Bei Erstmontage Fetttupfer unter Staubkappe. Bowdenzüge per Spritze mit Teflon-/Silikonöl behandeln.
  • Pedalgewinde/ Pedalsystem: Bei Montage Pedalgewinde mit Allzweckfett behandeln. Klickmechanismus evtl. mit Silikonspray.
  • Freilauf: Stahlfreiläufe vor Kassettenmontage mit Allzweckfett fetten.
  • Steuersatz: Vor allem offene Konuslager müssen gefettet werden. Am besten spezielles Lagerfett verwenden.
  • Sattelstütze, Klemmung und Einschub: Allzweckfett oder Montagepaste.
  • Lenker/Vorbau: (Carbon-)Montagepaste verringert das Anzugsmoment, mindert Knarz- und Knackgeräusche.

9. Drei Goldene Schrauber-Regeln

  1. Benutzen Sie einen Drehmomentschlüssel: 
Egal wie feinfühlig Ihr Händchen ist – ein Drehmomentschlüssel kann es besser. Und auf einen solchen sollten Sie auch immer zurückgreifen, damit Sie nicht ungewollt eine Schraube runddrehen oder – im schlimmsten Fall – (sicherheitsrelevante) Teile zerstören. Immerhin lautet die älteste Schrauber-Regel der Welt: Nach fest kommt ab ...
  2. Sanfte Welle statt Hochdruckreiniger
: Schon klar, mal eben mit dem Kärcher volle Lotte den verdreckten Renner freiballern spart Zeit und macht Spaß. Allerdings schaden Sie Ihrem Rad damit: Wasser und kleine Schmutzpartikel werden hinter die Dichtungen der Lager gepresst und selbige mittelfristig zerstört! Greifen Sie besser zu Eimer, Schwamm und Lappen, zum Niedrigdruckreiniger, oder zum guten alten Gartenschlauch.
  3. Halten Sie Ihre 
Werkstatt in Ordnung
: Man muss nicht vom Boden essen können, aber wenn der mit Dreck, Öl oder Kettenschmiere übersät ist, Sie hineintreten und den Schlamassel anschließend auf dem Wohnzimmerteppich verteilen, ist Ärger vorprogrammiert. Außerdem ziehen Fett und Kettenöl Staub magisch an – ersparen Sie das alles Ihrem Rad und halten Sie auch die Behälter Ihrer Pflegemittel immer geschlossen, sonst verlieren die schlimmstenfalls ihre Wirkung.

10. Werkzeugkoffer und Montageständer

Top 3 Werkzeugkoffer

Ein Fahrrad-Werkzeugkoffer ist für viele der preiswerte Start ins Schrauberleben. Grundsätzlich ist das auch eine gute Wahl, da so ein Koffer wenig Platz wegnimmt und auch mal mit in den Urlaub kann. Vorsicht aber bei Billigkoffern: Diese sind oft voll mit miesen und veralteten Tools. Nicht so unsere drei Tipps:

Rose All2gether Pro Bike, 220 Euro

Der vergleichsweise preiswerte Rose bietet alle wichtigen Tools und noch viel mehr. Sogar ein Drehmomentschlüssel ist an Bord. Die Werkzeuge sind teils von einfacher Qualität, aber per se okay. Hier den ROSE ALL2GETHER Pro Bike Werkzeugkoffer im Partnershop bestellen.

Birzman Studio Tool Box, 349 Euro

Unser Preis-Leistungs-Tipp aus dem Schraubersonderheft 2019 bietet trotz kompakter Ausmaße alle nötigen Tools, und diese teils sogar in Profi-Qualität. Einzig die fummelige Handhabung des Koffers selbst ist nicht ideal. Hier die Birzman Studio Tool Box im Partnershop bestellen.

Topeak Prepstation Pro, 800 Euro

Luxus auf fünf Rollen! 55 Werkzeuge mit 85 Funktionen in Profi-Qualität, sieben auseinanderfächerbare Abteile, neues magnetisches Zusatzfach – die Prepstation ist der mobile Traum jedes Schraubers. Hier die Prepstation Pro von Topeak im Partnershop bestellen.

Top 3 Montageständer

Wer regelmäßig an seinem Renner schrauben möchte, kommt um die Anschaffung eines Montageständers nicht herum. So ein "Workstand" erlaubt es, beide Hände frei zu halten, zudem können sich die Räder frei drehen – wichtig, um Schaltung und Bremse einzustellen. Und: Die aufrechte Haltung schont den Rücken. Achten Sie auf die Gewichtsfreigaben der Hersteller. Speziell wenn Sie auch ein E-Bike besitzen.

Contec Rock Steady, ca. 100 Euro

Solide Klemmung, sehr preiswert und kompakt verstaubar – der Contec-Ständer verdiente sich im RB-Sonderheft 2019 einen Kauftipp. Der Stand ist nicht perfekt, aber die maximale Traglast bis 30 Kilo freigegeben – also auch "E-Bike-ready". Hier den Contec Rock Steady im Partnershop bestellen.

Topeak Prepstand ZX, 140 Euro

Beim Topeak wird der Rahmen nicht geklemmt, sondern der Renner an der Sattelstütze aufgehängt. Das geht fix und ist dennoch sicher. Die Qualität ist hoch – die Traglast mit 25 Kilo aber nur für unmotorisierte Räder ausreichend. Hier den Topeak Prepstand ZX im Partnershop bestellen.

Feedback Sports Pro Elite, 315 Euro

Der Mercedes unter den Workstands! Als Dreibeinständer ist er extrem standsicher, bietet die komfortabelste Klemmung auf dem Markt und ist für die Ewigkeit gemacht. Zudem ist die Traglast mit 39 Kilo top. Eine Investition, die sich lohnt. Hier den Feedback Sports Pro Elite Montageständer im Partnershop bestellen.

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Erscheinungsdatum 05.03.2024