Campagnolo, Shimano, Sram: 12 Schaltgruppen im Vergleich
Kampf der Giganten: Campagnolo vs. Shimano vs. Sram

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Nie war die Gruppenauswahl größer. Mit der RoadBIKE-Kaufberatung finden Sie die passende Schaltung, Bremse oder Kurbel für Ihr Rennrad.

RB 0710 Schaltgruppen Shimano Dura-Ace
Foto: Studio Nordbahnhof
RB 0710 Schaltgruppen Shimano Dura-Ace
Studio Nordbahnhof
Das Schaltwerk aus der Di2-Gruppe von Shimano.

Es könnte keinen besseren Zeitpunkt geben, sich nach einer neuen Schaltgruppe umzuschauen: Campagnolo, Shimano und Sram haben in den vergangenen Jahren ihre kompletten Produktpaletten von oben nach unten renoviert.

Und mit der Einführung der neuen Shimano 105 und der Sram Apex sind nun alle relevanten Modelle – von den Top-Gruppen bis zu den brandneuen Einsteiger-Ensembles – auf dem neuesten Stand der jeweiligen herstellereigenen Schaltungstechnik. Grund genug für RoadBIKE, sich die unterschiedlichen Funktionsweisen und Modelle genau anzuschauen und zu vergleichen.

Eine Frage der Technik

Drei Anbieter, drei völlig eigene Charaktere: Campagnolo, die italienische Traditionsmarke, Shimano, der Weltmarktführer aus Japan, und Sram, der interessante "Neueinsteiger" aus den USA, der im Profi-Sport zunehmend große Siege feiert.

Auch wenn sich fast jeder Rennradfahrer automatisch zu einer Marke hingezogen fühlt, die Entscheidung für einen Hersteller sollte nicht vorschnell fallen. Lieber in voller Fahrt! Denn: Nur beim ausführlichen Probefahren lässt sich feststellen, ob Schaltprinzip und Ergonomie zu den eigenen Händen – und Vorlieben – passen.

Zwar setzen inzwischen alle Hersteller auf Konstruktionen, die Schalt- und Bremshebel vereinen, die Art des Schaltens unterscheidet sich bei allen jedoch grundlegend.

Shimanos STI-Einheiten haben jeweils zwei bewegliche Hebel, die nach innen geschwenkt werden, beim Double-Tap-System von Sram wird ausschließlich mit den kleinen Hebeln hinter den Bremshebeln geschaltet, und Campagnolo setzt bei seinem Ergopower-System rechts wie links auf jeweils einen Schwenk- und einen Daumenhebel.

Eine weitere Alternative stellt Shimanos Top-Gruppe Di2 dar, bei der – mit Tasten elektronisch – aber nach demselben Grundprinzip geschaltet wird wie bei den mechanischen Shimano-Gruppen. Da die Di2 die einzige elektronische Gruppe am Markt ist und deshalb nicht nur beim Schaltverhalten in einer anderen Liga spielt – ihre Präzision und Geschwindigkeit sind unerreicht –, sondern auch preislich, lässt sie sich kaum mit den anderen Gruppen vergleichen.

Unterschiede beim Schaltverhalten

Werden die prinzipiellen Unterschiede zwischen den einzelnen Herstellern schon auf dem Papier deutlich, zeigt sich erst im praktischen Gebrauch, ob ein System wirklich "passt": Shimano-Kombinationen etwa schalten butterweich, erfreulich schnell und sehr präzise, dafür haben sie den Nachteil, dass beim Schalten in leichtere Gänge nur zwei Gänge auf einmal geschaltet werden können.

Die Griffkörper haben kleinere Höcker als ältere STI-Modelle und ähneln den Double-Tap-Hebeln, die als Erste diese ergonomische, gut zu greifende Form aufwiesen.

Sram bietet mit Abstand das knackigste Schaltverhalten, viele Rennfahrer mögen die exakt definierten, deutlich hör- und spürbaren Gangwechsel. Zu den Nachteilen zählt, dass beim Schalten auf größere Ritzel mit Schwung über den Auslösepunkt hinweggedrückt werden muss.

Dadurch wird der Weg recht lang – bei zögerlichem Schalten passiert es schon mal, dass die Kette in die falsche Richtung wandert. Zudem stört Fahrer, die viel auf dem kleinen Blatt fahren, dass sich der Umwerfer hier nicht fein justieren (trimmen) lässt.

Campagnolos Ergopower-Hebel haben nach Meinung aller RoadBIKE-Tester die ergonomischsten Griffkörper, und auch die stark gebogenen Bremshebel liegen ausgezeichnet in der Hand. Die Schaltung funktioniert schnell, präzise und geschmeidig und bietet keinen Anlass zu Kritik.

Nur am Daumenschalter scheiden sich seit jeher die Geister: Während seine Fans die einzigartige Möglichkeit preisen, damit bis zu fünf Gänge in einem Rutsch zu schalten, bemängeln seine Gegner die Position am Griffkörper, die aus einigen Griffpositionen ein Verdrehen der Hand erfordert, um ihn zu erreichen. Zudem sind die Wege der schwenkbaren Hebel bei Campa lang, die Griffweite ist nicht stufenlos einstellbar.

Weniger ist mehr: Gewichte der einzelnen Parts

RB 0710 Schaltgruppen Sram Red
Studio Nordbahnhof
Mit 158 Gramm die leichteste Kassette im Feld: die OG-1090 aus Srams Red-Gruppe.

Auch das Gewicht der Komponenten spielt eine Rolle, macht es doch einen erheblichen Teil des Gesamtgewichts eines Rades aus. Soll ein Rahmen mit möglichst leichten Teilen bestückt werden, lohnt ein Blick auf die große Vergleichstabelle. Grundsätzlich gilt: Je hochwertiger die Gruppe, desto leichter die Komponenten.

Aber auch unabhängig von der Preisklasse lässt sich eine Tendenz ausmachen: Sram hat – egal ob bei vergleichbaren Top-, Mittelklasse- oder Einsteigergruppen – gewichtsmäßig die Nase vorn. Der Unterschied zwischen Red und Dura-Ace beträgt zum Beispiel rund 140 Gramm, Force und Ultegra trennen gar über 190 Gramm. Campagnolo liegt mit den entsprechenden Gruppen Super Record und Athena jeweils dazwischen.

Ein weiterer Punkt bei der Komponentenwahl und gleichzeitig ein Trend bei Neuentwicklungen ist die "Bergtauglichkeit" der möglichen Übersetzungen. Betrachtet man die Kurbeln mit zwei Kettenblättern (Standard und Kompakt), auf die die meisten Rennradfahrer setzen, hat Campagnolo klar das beste Angebot.

Bislang sind die Italiener die Einzigen, die für alle Gruppen Kassetten mit einem großen 29er-Ritzel anbieten. Da alle Campagnolo-Gruppen von der Super Record bis zur Athena statt der üblichen zehn Ritzel elf Zahnkränze haben, ergeben sich trotz "Rettungsring" fein abgestufte Kassetten.

Sram mit 32er-Ritzel

Was die Bandbreite angeht, legt Sram mit der neuen Apex noch eins drauf: Die Gruppe wird mit einem 32er-Ritzel auf den Markt kommen, das in Kombination mit einer Kompaktkurbel und einem speziellen Schaltwerk mit längerem Käfig ("Mid Cage") die ultimative Zweifach-Berglösung im Einsteigerbereich darstellen soll – und vor allem Dreifachkurbeln ins Visier nimmt. Schaltwerk und Kassette werden zwar auch mit den Top-Gruppen von Sram kompatibel sein.

Allerdings sind die Apex-Komponenten, was Vergütung und Gewicht angeht, klar dem Einsteigerbereich zuzuordnen und deshalb ab der Mittelklasse keine echte Alternative zu den Bergübersetzungen der Campagnolo-Gruppen. Zudem sind die Gangsprünge der Zehnfachkassette mit dem Riesenritzel vergleichsweise groß.
Und der Marktführer?

Shimano hat zwar in keinem der objektiv messbaren Kriterien die Nase vorn, doch unter dem Strich überzeugen Qualität und Funktion das Gros der Kundschaft. Und die Auswahl ist riesig: Keine Marke wird häufiger an Kompletträdern verbaut.

So schalten Sie bei Campagnolo, Shimano und Sram

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RoadBIKE Schaltgruppenvergleich

Campagnolo: Mit den Hebeln hinter den Bremshebeln wird auf größere Ritzel geschaltet (bis zu drei Gänge) beziehungsweise aufs große Blatt gewechselt.
Für die andere Richtung werden die Daumenhebel an der Innenseite betätigt. Bis zu fünf Gänge auf einmal.

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RoadBIKE Schaltgruppenvergleich

Shimano: Betätigt man die großen Hebel, wandert die Kette auf ein größeres Ritzel (maximal zwei Gänge auf einmal) beziehungsweise Blatt.
Mit Schwenks der kleinen Hebel schaltet man auf das nächstkleinere Ritzel oder das kleine Kettenblatt.

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RoadBIKE Schaltgruppenvergleich

Shimano Di2: Die elektronische Schaltung funktioniert nach demselben Prinzip wie bei den mechanischen Shimano-Gruppen, allerdings werden keine Hebel geschwenkt, sondern entsprechende Tasten gedrückt: Ein Klick für einen Gang- beziehungsweise Blattwechsel.

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RoadBIKE Schaltgruppenvergleich

Sram: Beim Double-Tap-System wird nur mit kleinen Hebeln hinter den Bremshebeln geschaltet: Kurze Schwenks bedeuten weniger Zähne (Einzelschritte), wird über den ersten Auslösepunkt hinweggedrückt, wandert die Kette auf größere Kränze (bis zu drei Gänge).

Gruppenhierarchie bei den einzelnen Herstellern

RB 0710 Schaltgruppen Hierarchie
Schaltgruppen Hierarchie

Kompatibilität: Wie kann man die Gruppen mixen?

Campagnolo:

Alle Campagnolo-Elffach-Teile sind miteinander kompatibel, unabhängig davon, zu welcher Gruppe sie gehören. Das gleiche gilt für alle Zehnfachkomponenten der Italiener. Dagegen sind Elf- und Zehnfachkomponenten nicht kombinierbar.

Laut Campagnolo kommt es aufgrund unterschiedlicher Geometrien und anderer Maße zu erheblichen Funktionseinbußen oder gar Beschädigungen der beteiligten Komponenten. Zudem übernimmt Campagnolo in diesem Fall keine Gewährleistung. Das gilt auch für die Kombination von Campa-Teilen mit Komponenten anderer Hersteller: Das gilt sowohl für Teile der Schaltung als auch für Kurbeln von Fremdherstellern.

Shimano:

Hintere Antriebskomponenten: Alle rechten Schalt-/Bremshebel, Schaltwerke, Kassetten und Ketten der Zehnfachgruppen (auch aktuelle mit Vorgängerversionen) sind kompatibel.
Ausnahmen bilden die aktuellen Kassetten mit den Kombinationen 11-27 und 11-28. Sie benötigen auch die Schaltwerke der aktuellen Versionen.

Vordere Antriebskomponenten: Die linken Schalt-/Bremshebel und Umwerfer der Gruppen 5700 (neue 105), 6700 (neue Ultegra), 6600 (alte Ultegra und 7800 (alte Dura-Ace) sind untereinander kompatibel. Zudem ist die Kombination des 6600er- beziehungsweise 7800er-Shifters mit dem 5600-Umwerfer zugelassen. Die Umwerfer der aktuellen Zehnfachgruppen (Dura-Ace, Ultegra, 105) sind mit allen Shimano-Zweifach-Kurbeln (aktuelle wie Vorgänger-Versionen) für Zehnfachsysteme kompatibel. Ausnahmen sind die neuen 105-Kurbeln. Sie funktionieren nur mit den aktuellen Umwerfern von 105 und Ultegra. Die Umwerfer der "alten" Zehnfachgruppen sind auch nur mit den "alten" Kurbeln zugelassen.
Bei der Kompatibilität von Kurbeln und Ketten gilt: Alle Zweifachkurbeln für Shimano-Zehnfach-Systeme (aktuelle wie Vorgänger-Versionen) vertragen sich mit den Ketten von 5600, 6600, 5700, 6700, 7800 und 7900.

Bremsen: Die Hebel der neuen Zehnfachgruppen funktionieren nicht nur mit neuen Bremsen, sondern auch mit denen der alten Zehnfachgruppen.
Insgesamt rät Shimano, die Gruppen sortenrein zu nutzen. Ein Mix mit Teilen anderer Hersteller ist offiziell aus Gewährleistungsgründen nicht erlaubt.

Sram:

Alle aktuellen Zehnfachteile von Sram sind miteinander kompatibel – egal zu welcher Gruppe sie gehören. Ausgenommen ist nur die neue 32er-Kassette der Apex-Gruppe: Sie ist lediglich mit dem Apex-Mid-Cage-Schaltwerk kompatibel. Ebenso sind alle Force- und Rival-Komponenten des Modelljahrs 2007/2008 untereinander kompatibel.

Darüber hinaus ist auch die Kombination von aktuellen Zehnfachkomponenten und den Komponenten der ersten Force- und Rival-Gruppen zugelassen.
Sram-Teile sind mit Komponenten anderer Hersteller – nach offiziellen Angaben – nicht kompatibel.
Das gilt auch für Kurbeln anderer Anbieter. Lediglich Sram-Kassetten lassen sich auf Freilaufkörpern nach aktuellem Shimano-Standard montieren.

Anmerkung: Die Angaben zur Kompatibilität stammen vom Hersteller. Andere Kombinationen können funktionieren, sind jedoch nicht vom Hersteller freigegeben.

Low-Budget-Gruppen von Campagnolo und Shimano

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Campagnolo Centaur

Campagnolo: Mit der Einführung der Athena ist die Einsteigergruppe Centaur im Ranking nach hinten gerückt. Sie ist die hochwertigste Zehnfachgruppe der Italiener. Es folgt die Veloce, die in Deutschland jedoch nur selten an Kompletträdern zu finden ist. Gleiches gilt für die Dreifachkomponenten Comp Triple.

Shimano: Unterhalb der 105 gibt es die beiden Neunfachgruppen Tiagra und Sora sowie die Achtfachgruppe 2300. Darüber hinaus gibt es gruppenlose Komponenten, die oft mit höherwertigen Teilen gemischt werden.

Fazit: Je teurer, desto besser und leichter

Welche das ist, hängt von persönlichen Vorlieben ebenso ab wie vom Budget. Über die Funktion muss sich auch bei Einsteigergruppen keiner Gedanken machen.
Allerdings gilt: Je teurer die Komponenten, desto besser vergütet, leichter und haltbarer sind sie. Letztlich zählen harte Fakten wie Preis und Gewicht ebenso wie der Eindruck bei der Probefahrt. Passt alles? Dann haben Sie gut gewählt!

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Erscheinungsdatum 09.04.2024