Endurance-Laufräder DT Swiss ERC 1400 Dicut
DT Swiss ERC 1400 Dicut im 10 000-Kilometertest

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Dauertest: ROADBIKE hat den Endurance-Laufrädern ERC 1400 von DT Swiss 10 000 Kilometer lang auf den Zahn gefühlt. Wie sie sich geschlagen haben? Lest ihr hier!

 DT Swiss ERC 1400 Dicut im 10 000-Kilometertest
Foto: Bjoern Haenssler

Die Laufräder

Breite Carbonfelge, aerodynamisch optimiert in Zusammenarbeit mit den Experten von Swiss Side, neueste Nabentechnologie, neue Speichen: Die Endurance-Laufräder ERC von DT Swiss versprechen viel, haben mit über 2000 Euro aber auch ihren Preis. Lohnt sich die Investition beziehungsweise der Aufpreis, wenn diese Laufräder in einem Neurad stecken sollen? Nach über 10 000 Kilometern im Rennen, im Training und beim Pendeln fällt das ROADBIKE-Urteil ausgesprochen positiv aus – in Labor und Praxis.

Bjoern Haenssler

Der Test-Laufradsatz ERC 1400 Dicut 45 DB, den ROADBIKE über 10 000 Kilometer nutzte, wiegt 1512 Gramm und kostet 2049 Euro.

In der Fahrpraxis gefällt die im November 2021 vorgestellte zweite Generation Endurance-Laufräder der Schweizer mit sportlicher Beschleunigung und präzisem Handling. Auch die Aerodynamik scheint gut: Die 45 mm hohen Felgen halten spielend leicht hohes Tempo, Seitenwind ist zwar spür-, meist aber gut beherrschbar – Böen können allerdings unangenehm werden. Wer hier empfindlich ist und wirklich Ruhe im Karton haben will, sollte besser zur Version mit der niedrigeren 35-mm-Felge greifen.

Der Komfort der Laufräder geht in Ordnung, hängt aber eher an den gewählten Reifen und dem Luftdruck als an den Laufrädern selbst. Andere, spezifisch auf die Langstrecke und Komfort ausgelegte Laufräder bieten da stärkere Dämpfung. Was die Akustik angeht, produzieren die hohen Felgen ein leichtes Bollern beim Fahren – gerade richtig motivierend und nicht nervtötend.

Agron Beqiri

Der Freilauf mit dem neuen EXP-Ratchetsystem zeigt nach 10 000 Kilometern kaum Verschleiß: Anders als schon beobachtet fraß sich die Kassette auch kaum in den Freilaufkörper – und ging entsprechend einfach wieder ab.

Die Montage verschiedener Reifen gelang vergleichsweise einfach, insbesondere der Tubeless-Pneu Grand Prix 5000S TR von Continental ließ sich gut montieren und dichtete schnell ab. Allerdings baut der nominell 32 mm-Reifen auf der breiten Felgen fast 34 Millimeter breit – optisch ungewöhnlich, dafür rollt die Kombination ausgesprochen schnell.

Im Labor zeigt sich nach der durchaus harten Belastung ein überaus erfreuliches Bild: Die Lager der 240er-Nabe laufen noch immer seidenweich, Seiten- oder Höhenschlag sind absolute Fremdwörter, und die Laufräder stehen nach wie vor perfekt mittig. Erfreulich ist zudem die trotz der intensiven Nutzung immer noch sehr hohe Seitensteifigkeit – 106 Nm/° am Vorder- und 97 Nm/° am Hinterrad sind hervorragende Werte. Der Freilauf wurde mit der Zeit immer lauter – wie immer, wenn die Fettschicht dünner wird in den Zahnscheibenfreiläufen von DT Swiss. Die Naben lassen sich aber auch in der neuen EXP-Ausführung schnell und werkzeuglos auseinandernehmen, pflegen und warten. Erfreulich gering ist auch das Gewicht: Die ROADBIKE-Waage vermeldet für das Vorderrad mit Felgenband, aber ohne Steckachse, Bereifung oder Bremsscheibe 691 Gramm, für das Hinterrad 821 Gramm. Der Testlaufradsatz wiegt folglich 1512 Gramm – und damit sogar etwas weniger als vom Hersteller angegeben.

Agron Beqiri

Die Lager laufen noch immer seidenweich, Höhen- oder Seitenschläge sind nach über 10 000 Kilometern nicht zu verzeichnen, auch die Seitensteifigkeit ist unverändert sehr hoch.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Explizite Aero-Laufräder sind schneller, explizite Komfort-Laufräder dämpfen stärker – DT Swiss trifft aber mit den neuen, DT-typisch recht technisch-nüchtern ausgelegten ERC-Laufrädern eine goldene Mitte zwischen Fahrspaß, vermitteltem Sicherheitsgefühl und Aerodynamik, mit der eine recht breite Zielgruppe glücklich werden dürfte – das nötige Kleingeld mal vorausgesetzt.

Angesichts der tollen Ergebnisse im Dauertest rentiert sich die Investition, so man sie denn einmal tätigt.

DT Swiss/Gaudenz Danuser
Der Fahreindruck mit den neuen DT Swiss ERC 1400 Dicut 45 DB ist insgesamt positiv: Die leichten Laufräder beschleunigen spritzig und lenken sich sportlich-agil. Ein dezenter Sound von den Felgen motiviert, Steifigkeiten und Aufbau sind über jeden Zweifel erhaben. Seitenwind bleibt aber je nach Fahrsituation spürbar - wer hier wirklich Ruhe haben will, sollte zur niedrigeren Felge greifen.

DT Swiss ERC: Technische Infos und Hintergrund (Text vom Sept. 2021)

  • neue Endurance-Laufräder mit Carbonfelgen
  • neue und breitere Felgen für mehr Stabilität bei Seitenwind und gute Aerodynamik
  • neue Nabentechnologie
  • neue Speichen
  • nur für Disc erhältlich
  • maximales Systemgewicht (Fahrer, Rad, Ausrüstung): 120 kg
  • zwei Felgenhöhen: 35 und 45 mm
  • zwei Ausführungen:
      • ERC 1100 Dicut, mit 180-Nabe mit Keramiklagern und Aerolite II- und Aero Comp II-Speichen, ab 1391 Gramm, 2499 Euro
      • ERC 1400 Dicut, mit 240-Nabe und Aero Comp-Speichen, ab 1442 Gramm, 2049 Euro
DT Swiss
Die neuen ERC-Laufräder von DT Swiss kommen wahlweise mit 35 oder 45 Millimeter hohen Felgen.

Ins Detail

2016 betraten die Schweizer Laufradspezialisten von DT Swiss Neuland: mit aerodynamischen Endurance-Laufrädern, speziell ausgelegt auf die Belange von ambitionierten Marathonisti, Fans von langen Ausfahrten oder einfach allen, die etwas höheren Komfort beim Rennradfahren schätzen. Die Laufräder ERC (C steht für Carbon) beziehungsweise ER (mit Alu-Felgen) erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden von nicht wenigen Radherstellern gleich werkseitig in ihren Endurance-Rennern verbaut.

Nach fünf Jahren ist es Zeit für die zweite Generation: Die Carbon-Laufräder der Endurance-Linie von DT Swiss bekommen ein Update. Die Produkt Manager haben dabei kaum einen Stein auf dem anderen gelassen: Die neuen ERC-Laufräder kommen mit neuen Felgen, neuen Speichen und neuer Nabentechnologie, was die Aerodynamik, die Seitenwindstabilität und den Komfort auf ein neues Niveau heben soll. Zudem stehen erstmals zwei Felgenhöhen zur Auswahl – entweder 35 oder 45 Millimeter hoch, je nachdem, ob man eher auf Leichtgewicht und spritzige Beschleunigung oder größere Aerodynamik Wert legt. Wie gehabt gibt es die ERC-Laufräder als ERC 1100 Dicut – die High-End-Variante – und als etwas kostengünstigere ERC 1400 Dicut. Die Unterschiede ergeben sich durch die verbauten Naben und Speichen.

DT Swiss/Gaudenz Danuser
Lange Tage im Sattel, epische Touren in den Bergen oder Radmarathons: das soll das bevorzugte Terrain der neuen Endurance-Laufräder von DT Swiss sein.

Neue Felgen

Bei der Entwicklung der neuen Felgen setzte DT Swiss die bewährte Zusammenarbeit mit den Aerodynamik-Spezialisten von Swiss Side fort. Die Felgen sind niedriger geworden (45 statt 47 Millimeter), und – wie erwähnt – gibt es nun eine zweite, "nur" 35 Millimeter hohe Ausführung. Der Querschnitt der Felgen verbindet die neuesten Erkenntnisse von Windkanalmessungen: Jahrelang liefen Hochprofilfelgen nach unten spitz zu und erinnerten damit an die Form eines V, dann setzten sich zunehmend bauchige U-Profile durch – die neuen ERC-Felgen sind nun oben bauchig und laufen unten etwas spitzer zu, quasi ein UV. DT Swiss will damit den perfekten Kompromiss gefunden haben zwischen guter Aerodynamik und optimaler Ausnutzung des Segeleffekts einerseits und hoher Seitenwindstabilität auch bei böigem Wind andererseits.

Bjoern Haenssler
Das oben bauchige, unten etwas spitzer zulaufende Felgenprofil entwickelte DT Swiss in Zusammenarbeit mit den Aerodynamik-Experten von Swiss Side.

Darüber hinaus wurden die Felgen deutlich breiter: 22 statt "nur" 19 Millimeter Innenweite bieten die neuen Endurance-Laufräder von DT nun. Hintergrund ist, dass auf einer breiteren Felge breitere Reifen deutlich harmonischer sitzen und sich nicht "ballonartig" seitlich über die Felge wölben, was der Aerodynamik schadet. Optimiert sind die neuen ERC-Laufräder für 28 bis 32 Millimeter breite Reifen. Durch die breiteren Pneus wird es möglich, mit geringerem Luftdruck zu fahren, was den Fahrkomfort und den Grip signifikant erhöht und – dank der breiteren Aufstandsfläche des Reifens – auch den Rollwiderstand senkt. Wer besonderen Wert auf Aerodynamik legt, sollte laut DT Swiss 28 Millimeter breite Reifen nutzen, wer stärker auf den Fahrkomfort abzielt, 30 oder 32 Millimeter Pneus nutzen. Dass die neuen ERC-Felgen tubeless gefahren werden können versteht sich von selbst (Tubeless-Felgenband ist werkseitig montiert, Ventile liegen bei).

DT Swiss/Simon Hugentobler
Windkanalmessungen laut DT Swiss: Die ERC 1100 Dicut kommen mit 35-mm-Felge auf einen gemittelten Luftwiderstand von 13,1 Watt, die 45-mm-Felge kommt auf 12,2 Watt (gemessen mit 28 mm breiten Reifen). Zum Vergleich: der Aero-Laufradsatz ARC 1100 Dicut produziert mit 50-mm-Felge gerade mal 10,5 Watt (gemessen mit 25-mm-Pneu).

Neue Speichen

Spendierte DT Swiss der ersten Generation an Endurance-Laufrädern spezifische Speichen, die mit variablem Querschnitt gute Dämpfung und Aerodynamik verbinden sollten, kommen in der zweiten Generation "nur" die normalen aktuellen Aero-Speichen von DT zum Einsatz. Bei den höherwertigen ERC 1100 Dicut sind DT Aerolite II sowie DT Aero Comp II-Speichen verbaut, bei den etwas preisgünstigeren ERC 1400 Hinterrad und Vorderrad Dicut Aero Comp-Speichen. Bei allen Speichenvarianten handelt es sich um Messerspeichen, die Pro Lock Alu-Nippel sind jeweils im Felgenbett versteckt.

DT Swiss/Simon Hugentobler
Laut DT Swiss entwickelt sich das Lenkmoment der ERC-Laufräder im Vergleich zum Aero-Satz ARC deutlich linearer und mit geringeren absoluten Werten. Folge: eine höhere Stabilität bei Seitenwind.

Die etwas höherwertigen Speichen der ERC 1100 Dicut-Laufräder überzeugen laut DT Swiss durch geringeres Gewicht, höhere Steifigkeit und bessere Aerodynamik. Die am Hinterrad der ERC 1100 Dicut verbauten Aero Comp II-Speichen sollen größere Stabilität und hohe Langlebigkeit bieten.

Neue Naben

Nachvollziehbarerweise hat DT Swiss den neuen Endurance-Laufrädern auch die neueste Generation an Nabentechnologie spendiert. Konkret: den neuen Ratchet EXP-Freilauf mit einer fest im Nabenkörper sitzenden Verzahnung und einer darauf aufsetzenden separaten Zahnscheibe sowie etwas größerem Abstand zwischen den Lagern, was Kraftübertragung und Haltbarkeit verbessern soll. Bei den ERC-Modellen kommen übrigens Zahnscheiben mit 36 Zähnen zum Einsatz.

DT Swiss
DT Swiss setzt bei den neuen ERC-Laufrädern auf die unlängst überarbeitete Nabentechnologie Ratchet EXP - mit breiterem Abstand zwischen den Lagern und einer fest im Nabenkörper eingeschraubten Zahnscheibe, auf die eine separate Zahnscheibe aufgelegt wird - im Falle der ERC-Laufräder mit 36 Zähnen.

Wie von DT gewohnt, kann der Freilauf ohne Werkzeug abgezogen und gereinigt und neu gefettet oder getauscht werden (beim Kauf gehören ein Shimano- und ein Sram-XDR-Freilauf zur Ausstattung, Campagnolo-Freiläufe sind separat erhältlich). Überarbeitet wurde auch der Nabenkörper, der schmaler und aerodynamischer daherkommt.

Der ERC 1100 Dicut basiert auf der 180-Dicut-Nabentechnologie mit besonders leicht laufenden Keramiklagern, der etwas günstigere ERC 1400 Dicut setzt auf die bewährte 240-Nabe von DT.

Bjoern Haenssler
Die neuen Nabenkörper sind schlanker und aerodynamischer geworden. Bei den inneren Werten setzt DT Swiss beim ERC 1100 Dicut auf die 180-Nabe mit Keramiklagern, bei den ERC 1400 Dicut (im Bild) auf die 240-Nabentechnologie.

Was die Preise angeht, verlangt DT Swiss für die ERC 1100 in beiden Felgenhöhen 2499 Euro, für das ERC 1400 werden 2049 Euro fällig.

DT Swiss/Gaudenz Danuser
Der Fahreindruck mit den neuen DT Swiss ERC 1400 Dicut 45 DB ist insgesamt positiv: Die leichten Laufräder beschleunigen spritzig und lenken sich sportlich-agil. Ein dezenter Sound von den Felgen motiviert, Steifigkeiten und Aufbau sind über jeden Zweifel erhaben. Seitenwind bleibt aber je nach Fahrsituation spürbar - wer hier wirklich Ruhe haben will, sollte zur niedrigeren Felge greifen.
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Erscheinungsdatum 09.04.2024