Gravelreifen eröffnen Rennradfahrern neue Horizonte – dank mehr Volumen und Profil. ROADBIKE hat elf Modelle in Labor und Praxis getestet.
Gravelreifen eröffnen Rennradfahrern neue Horizonte – dank mehr Volumen und Profil. ROADBIKE hat elf Modelle in Labor und Praxis getestet.
Als "Enabler" – englisch für Ermöglicher – bezeichnet man neudeutsch in Wirtschafts- und IT-Kreisen eine Person, Organisation oder Anwendung, die es ermöglicht, "innovativ zu sein" oder "neue Wege zu beschreiten". Bezogen aufs Rennrad sind Gravelrenner und – noch wichtiger – die passenden Reifen "Enabler" für eine neue Art von Fahrspaß und Abwechslung: Mit größerem Volumen und stärkerer Profilierung ermöglichen sie, das angestammte Terrain des Rennrads – asphaltierte Straßen – zu verlassen und Ausflüge auf Schotter, Wald- und Wiesenwegen zu unternehmen. Also dorthin, wo man mit schmalen Rennnradreifen haltlos durchgeschüttelt und nach kurzer Zeit mit Defekt am Streckenrand stehen würde.
Weg von der Straße und weg vom stressigen Autoverkehr wollen tatsächlich immer mehr Rennradfahrer – Gravel boomt. Das belegen, ganz objektiv, die stark steigenden Verkaufszahlen in diesem Segment. Und, ganz subjektiv, die persönliche Wahrnehmung bei der Sonntagsrunde oder beim Pendeln zur Arbeit. Grund genug für ROADBIKE, elf Gravel-Reifen ausgiebig zu testen.
Continental Terra Speed TR (Testsieger)
Preis/Gewicht: 57,90 Euro (UVP) / 401 g
nominelle/effektive Breite: 40–622 / 38 mm
Fazit: Tolles Debüt: Contis neuer Gravelreifen fährt sich sehr spritzig-agil, rollt leicht, bietet viel Traktion und schluckt viele Stöße. Dazu sehr gute Werte beim Durchstich. Einziges Manko: deutliche Schwächen beim Durchschlagtest.
Hier den Continental Terra Speed TR direkt im Partnershop bestellen
Gooryear Connector Ultimate (Tipp Pannenschutz)
Preis/Gewicht: 52,90 Euro (UVP) / 475 g
nominelle / effektive Breite: 40–622 / 38 mm
Fazit: Goodyears Connector bietet den besten Pannenschutz im Test, beschleunigt und rollt aber etwas träge. In Schräglage auf Schotter kommt die Rutschgrenze – schwer abschätzbar – abrupt. Gut: viel Grip beim Bremsen.
Der Wahl des Reifens kommt beim Graveln besondere Bedeutung zu, denn Gravel ist nicht gleich Gravel. Manche Fahrer sind schon damit zufrieden, entspannt am geschotterten Flussufer entlang zu pedalieren, andere zieht es auf kernige Trails über Stock und Stein. Entsprechend gibt es Gravelreifen (und -räder) für jeden Einsatzzweck: Vom glatten Slick über leicht profilierte Modelle bis hin zum Mountainbike-ähnlichen Monster-Pneu, vom schmalen 30er bis zum fetten 50-Millimeter-Reifen (selten noch mehr) reicht die Bandbreite.
Die technischen Anforderungen, die an Gravelreifen gestellt werden, sind dabei hoch: Der Pneu soll mit hohem Grip viel Sicherheit vermitteln, auf nassem Waldboden ebenso Halt bieten wie auf losem Schotter und auf Asphalt. Er soll gute Feedbacks über den Untergrund an Fahrer geben, dabei aber nicht unkomfortabel sein. Und ganz nebenbei muss er natürlich leicht rollen – überall – und dennoch besten Pannenschutz bieten.
Roadbike entschied, für den ersten Gravelreifentest des Magazins 40 Millimeter Breite als Richtwert vorzugeben. Erstens statten die meisten Radhersteller ihre Gravelbikes mit Reifen dieser Dimension aus, zweitens nehmen noch breitere Pneus einem Gravelbike nach RB-Erfahrungen oft die Spritzigkeit, und drittens wären schmalere Pneus zu dicht dran an den 33 Millimetern breiten Cyclocross-Reifen.
Darüber hinaus sollten alle Testreifen tubeless-kompatibel sein, da schlauchlos offroad besonders sinnvoll ist: Ohne Schlauch kann der Reifendruck gesenkt werden, was die Traktion verbessert, ohne die Gefahr von Durchschlägen zu erhöhen; positive Nebeneffekte sind der geringere Rollwiderstand und ein erhöhter Pannenschutz durch die "Selbstheilungskräfte" dank Dichtmilch im Reifen.
Mit diesen Vorgaben lud ROADBIKE zwölf Hersteller ein, zum Test das Reifenmodell einzuschicken, das nach ihrer Meinung den breitesten Einsatzbereich ermöglicht und einen möglichst großen Käuferkreis anspricht. Elf Anbieter schickten Kandidaten zum Test, nur der italienische Hersteller Vittoria verzichtete auf eine Teilnahme. Im Testfeld vertreten sind mit Goodyear, Specialized, Teravail und WTB gleich vier Hersteller aus den USA – dem Mutterland des Gravelns. Dazu gesellen sich Challenge, Maxxis, Panaracer und Schwalbe, die schon seit längerer Zeit Gravelreifen anbieten. Das Testfeld komplettieren Mavic, Michelin und Continental, die vergleichsweise neu sind im "Schotter"-Business.
Neben den üblichen Labortests wie Rollwiderstand und Durchstich (siehe "So testet ROADBIKE", s.u.) hat ROADBIKE erstmals auch ermittelt, welcher Testkandidat am besten vor Durchschlägen schützt. Schließlich zählen Steine, Kanten und Schlaglöcher beim Graveln zur Tagesordnung und "Snake Bites" entsprechend zu den häufigsten Pannenursachen.
Zudem wurde der Praxistest angepasst: Getestet wurde mit vier eigens aufgebauten Test-Laufradsätzen, die in Sachen Steifigkeit und Speichenspannung identisch feinjustiert wurden. Auch die Testrunde wurde angepasst: Sie führt über Asphalt, Wald- und Wiesenwege, feinen und groben Schotter, leichte Trails, steile Anstiege, schnelle Abfahrten durch enge und weite Kurven. Und das auf allen Untergründen.
Beim Praxistest wurde schnell deutlich: Obwohl alle Reifen als "Allrounder" angepriesen und von den Herstellern unter diesem Aspekt ausgewählt wurden, haben sie, abhängig vom Terrain, durchaus unterschiedliche Stärken und Schwächen. Wer über den Kauf von Gravelreifen nachdenkt, sollte daher immer im Hinterkopf behalten, wie und wo diese mehrheitlich zum Einsatz kommen.
Eher für Asphalt, leichten Schotter und "Waldautobahnen" geeignet zeigten sich Challenges Gravel Grinder, Michelins Power Gravel, Panaracers Gravelking und Specializeds Pathfinder. Der Rambler von Maxxis, Mavics Yksion Allroad XL, Schwalbes G-One Bite und der Riddler von WTB fühlen sich dagegen auch auf gröberem Untergrund wohl. Als überzeugende Allrounder im eigentlichen Sinn erwiesen sich im Vergleich Continentals Terra Speed, der Connector Ultimate von Goodyear und Teravails Cannonball.
Was die Testergebnisse angeht, stechen zwei Reifen heraus: Mavics Yksion Allroad XL und Continentals Terra Speed. Der Mavic ist Schlusslicht bei den Labormessungen von Gewicht, Rollwiderstand und Pannenschutz wie auch bei den eher kritischen Rückmeldungen der Testfahrer. In diesem Testfeld ist er nicht konkurrenzfähig – etwas überraschend, nachdem die Franzosen beim Tubeless-Reifentest nur haarscharf am Testsieg vorbeigeschrammt waren.
Ebenfalls überraschend: Continental fährt als Newcomer im Gravelsegment auf Anhieb den Testsieg ein. Der erst kürzlich vorgestellte Terra Speed überzeugt mit geringem Gewicht, rollt drei Watt "schneller" als die Konkurrenz, zeigt sich ausgesprochen resistent gegen Durchstiche und überzeugte in der Praxis auf unterschiedlichstem Terrain. Allein beim Durchschlagtest bleibt Contis Neuer ein gutes Stück hinter der Konkurrenz zurück.
Von diesen beiden Extremen abgesehen, liegt das Testfeld vergleichsweise dicht beieinander. Die jeweiligen Stärken und Schwächen der Testkandidaten helfen – neben dem favorisierten Einsatzgebiet – bei der Kaufentscheidung. Übrigens: Alle Modelle gibt es in verschiedenen Reifenbreiten und teilweise auch mit farbigen Seitenwänden – damit die "Enabler" auch optisch noch was hermachen.
Wie beeinflusst das Profil den Rollwiderstand? Um diese Frage zu beantworten, hat RB exemplarisch vier Reifen von Schwalbes G-One mit unterschiedlich starkem Profil gemessen – wohl wissend, dass auch die Gummimischung Einfluss nimmt. Wie zu erwarten, rollen die beiden stärker profilierten Reifen schlechter als die beiden mit weniger Profil, mit maximal drei Watt pro Reifen hält sich der "Leistungsverlust" allerdings in Grenzen. Zur Einordnung: Ein Rennradreifen läuft bis zu elf Watt "schneller". Interessant: Tubeless rollt Schwalbes G-One in allen Ausführungen leichter als in der Variante mit Schlauch.
Preis*/Gewicht: 52,90 Euro/397 g
nom./eff. Breite**: 38–622/37,1 mm
Fazit: Agiles Handling, schneller Antritt: Der leichte Gravel Grinder macht viel Spaß auf Waldautobahnen und Asphalt, ist für gröberes Gelände aber zu hart und durchschlaggefährdet. Top: das Gewicht. Ein Kampf: die Montage.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: GUT (68 Punkte)
Hier den Challenge Gravel Grinder TLR direkt im Partnershop bestellen
Continental Terra Speed TR (Testsieger)
Preis*/Gewicht: 57,90 Euro/401 g
nom./eff. Breite**: 40–622/38 mm
Fazit: Tolles Debüt: Contis neuer Gravelreifen fährt sich sehr spritzig-agil, rollt leicht, bietet viel Traktion und schluckt viele Stöße. Dazu sehr gute Werte beim Durchstich. Einziges Manko: deutliche Schwächen beim Durchschlagtest.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: SEHR GUT (90 Punkte)
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Goodyear Connector Ultimate (Tipp Pannenschutz)
Preis*/Gewicht: 52,90 Euro/475 g
nom./eff. Breite**: 40–622/38 mm
Fazit: Goodyears Connector bietet den besten Pannenschutz im Test, beschleunigt und rollt aber etwas träge. In Schräglage auf Schotter kommt die Rutschgrenze – schwer abschätzbar – abrupt. Gut: viel Grip beim Bremsen.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: GUT (70 Punkte)
Preis*/Gewicht: 59 Euro/509 g
nom./eff. Breite**: 40–622/41,2 mm
Fazit: Mavics Yksion Allroad XL lässt sich leicht montieren und dämpft gut. Mit dem höchsten Gewicht, dem größten Rollwiderstand und dem schwächsten Pannenschutz ist der Pneu in diesem Testumfeld aber nicht konkurrenzfähig.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: BEFRIEDIGEND (40 Punkte)
Preis*/Gewicht: 59,90 Euro/400 g
nom./eff. Breite**: 40–622/40 mm
Fazit: Starker Auftritt von Maxxis: Der leichte Rambler rollt ordentlich und bietet tolle Dämpfung bei viel Grip. Auf Asphalt sehr laut, empfiehlt er sich eher auf (grobem) Schotter und sogar Trails. Beim Pannenschutz im Mittelfeld.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: SEHR GUT (78 Punkte)
Preis*/Gewicht: 59,95 Euro/470 g
nom./eff. Breite**: 40–622/40,8 mm
Fazit: Michelins stramm sitzender Power Gravel bietet tollen Schutz gegen Durchschläge, fährt sich aber träge und hart und springt auf unebenem Untergrund – eher für "Waldautobahnen" geeignet. Kleine Abstriche beim Durchstich.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: GUT (64 Punkte)
Preis*/Gewicht: 45,95 Euro/390 g
nom./eff. Breite**: 38–622/37,1 mm
Fazit: Einmal montiert, beschleunigt der preislich attraktive Panaracer spritzig und rollt ordentlich auf Asphalt und leichtem Schotter. Auf gröberem Untergrund springt er jedoch stark. Punkte kosten die Schwächen im Pannenschutz.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: GUT (62 Punkte)
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Preis*/Gewicht: 59,90 Euro/491 g
nom./eff. Breite**: 40–622/40 mm
Fazit: Schwalbes G-One Bite vermittelt mit tollem Grip beim Antreten, Lenken und Bremsen viel Sicherheit. Dazu rollt er ordentlich und dämpft gut. Punkte kostet das leichte Übergewicht. Sehr pannensicher. Bestwert im Durchschlagtest.
Praxiswertung
Gewicht (20 %):
Rollwiderstand (20 %):
Durchstich (20 %):
Durchschlag (10 %):
Fahrverhalten (20 %):
Montage (10 %):
Wertung: SEHR GUT (78 Punkte)
Hier den Schwalbe G-One Bite direkt im Partnershop bestellen.
Labortest
Die Prüfstandsmessungen wurden unter Aufsicht von Roadbike in den Labors von Continental und Schwalbe durchgeführt, die Werte beider Prüfreihen gemittelt.
Praxistest