Fünf Fragen an: Anke Eberhardt
Gravel is Awesome

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In der Community kennt man Anke Eberhardt als "Anke is Awesome". Doch warum ist Gravel für sie eigentlich so "awesome"?

Gravel is Awesome
Foto: Julian Rohn

"Das ist jetzt sehr ungewohnt, denn normalerweise stelle ich die Fragen! Ich bin ja Journalistin", sagt Anke Eberhardt direkt zu Beginn unseres Interviews. Die leidenschaftliche Gravel-Bikerin kommt ursprünglich aus Stuttgart, hat später bei einem Snowboardmagazin in München gearbeitet und ist letztlich ihrem bayerischen Exil treu geblieben. "Mein Lieblingstier ist die Katze, mein Lieblingsessen der Kaiserschmarrn. Und das Rad hat das Snowboard tatsächlich als Lieblingssportgerät eingeholt", ergänzt sie noch, bevor wir mit unseren Fragen loslegen.

Wie und wann bist du eigentlich beim Gravel-Biken gelandet? Und wie viel fährst du eigentlich so?

2018, Redaktionssitzung im Red Bull Media House und ein Kollege so: "Gravel-Biken ist doch der neue heiße Scheiß. Willst du nicht einen Artikel drüber schreiben, Anke?" Und ich so: "Gravel-Biken, mega! Wollte ich schon immer mal ausprobieren!"... gehe raus und google: Was ist ein Gravel-Bike? Ich hatte keine Ahnung. Zum Shooting bin ich mit Rennrad-Cleats aufgetaucht und natürlich mit Unterhose unter der Bib. Aber seitdem bin ich total angefixt. Hätte mir das jemand vor ein paar Jahren erzählt, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber wenn ich nur einen Leerlauf höre, bin ich schon glücklich.

Wie viel ich fahre, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Ich bin nicht auf Strava und nutze Komoot nur zum Routen planen. Dieses ganze "höher, schneller, leidender" hat mich am Radsport immer abgeschreckt. Klar, als ich das erste Mal 100 Kilometer gefahren bin, habe ich das auch gefeiert. Aber ich habe kurz nach einer Kreuzband-OP mit dem Graveln angefangen und das Rad war meine Rettung während der Reha, weil ich nicht mehr joggen und snowboarden konnte. Ohne mein Specialized Diverge wäre ich wahrscheinlich verrückt geworden. Ich bin immer noch nicht 100 Prozent fit und wenn mein alter Körper es zulässt, fahre ich so oft ich kann, aber wie viel, ist dabei total nebensächlich. Ich kann nach 30 Kilometern genauso happy sein wie nach 150.

Julian Rohn

Unter dem Pseudonym "Anke is Awesome" bist du als Bike-Influencerin bekannt. Wie bist du als Outdoor-Journalistin eigentlich auf die Influencer-Idee gekommen?

Das war keine Idee, das war völlig ungeplant! Ich habe Social Media immer gehasst und war gar nicht auf Instagram – bis ich mir beim Stalken meines Ex-Freundes aus Versehen einen Account eingerichtet habe [lacht]. Als ich es bemerkte, hatte ich "schon" 116 Follower und habe in meinem ersten Post den Witz gemacht, dass ich offenbar zur nächsten Kardashian berufen bin.

Von da an habe ich all die Selbstdarstellung und Selbstbeweihräucherung, die ich auf Instagram so furchtbar finde, mit meinem evil Alter Ego "Anke is Awesome" parodiert – bis der Chefredakteur von Bergwelten meinte, ich solle daraus doch eine Kolumne fürs Magazin machen. Mit der Zeit kamen immer mehr Follower und ich war auf einmal tatsächlich sowas wie eine "Bikefluencerin" und habe Witze über das harte Unboxing von Gravel-Bikes gemacht. Das Tragische ist: Manche Leute denken wirklich, ich meine das ernst! Also nochmal fürs Protokoll: Es. Ist. Ein. Scherz!

Mittlerweile bist du auch auf YouTube unterwegs – mit Bike-Tutorials für Anfänger. Warum noch mehr Social Media?

Weil ich immer total frustriert von Fahrrad-Tutorials war. Wenn ich etwas reparieren oder mein Hinterrad das erste Mal ausbauen musste, hatte ich nach YouTube schlechte Laune. Alles ging viel zu schnell, ich hatte die Hälfte der Fachbegriffe nicht verstanden und auch keinen Montageständer wie der Typ im Video. Durch Corona haben dann so viele meiner Freunde mit dem Radfahren angefangen, dass mein WhatsApp quasi nur noch aus Kauf- und Reparaturberatung bestand. Die hatten die gleichen Fragen wie ich drei Jahre zuvor und YouTube hat ihnen auch nicht weitergeholfen.

Mit "How To fahrRad" wollte ich das ändern. Und zwar so, dass man danach nicht nur was gelernt, sondern im besten Fall auch gute Laune hat. Deswegen erkläre ich die richtige Sattelhöhe mit einem Mini-Pony oder gehe mit meinem 83-jährigen Vater samt seiner Rentner-Gang zum Bikepacken. Ernsthaft kann ja jeder.

Wobei ich immer so selbstbewusst tue, aber ich bin bei jeder Episode vor dem Release fast gestorben. Das Meiste, was ich da erkläre, konnte ich ja vorher selbst nicht und ich hatte panische Angst, dass ich etwas falsch mache und dann in den Kommentaren von Nerds zerrissen werde. Es hätte ja auch total nach hinten losgehen können, wenn keiner verstanden hätte, was zur Hölle die komische Frau mit dem Pony will. Stattdessen bekomme ich immer noch täglich Nachrichten, wann es neue Folgen gibt. In diesem Sinne: #thankful. Echt.

Franka Hoyer

Apropos Awesome: Wo gravelt es sich denn am awesomsten? Was sind deine Lieblings-Gravel-Strecken? 

Ich wohne seit ein paar Jahren in Garmisch und das ist sowas von awesome! Schönster Schotter zum Plansee mit Badestopp, Kiosk-Pommes und über die 1a Abfahrt vom Ettaler Berg retour. Oder zur Bayerischen Karibik an den Walchensee und an der Isar entlang. Das ist wie eine befahrbare Postkarte! Die schönsten Strecken hier sind immer mit einer ordentlichen Portion Gravel, da wird das Rennrad abgehängt.

Apropos Influencen: Warum sollte jemand deiner Ansicht nach zum Graveln anfangen? Und was sind deine Tipps für Anfänger?

Das Gravel-Bike ist für mich "best of all worlds": Man ist weg von den Autos, schneller als mit dem Mountainbike und kann im Gegensatz zum Rennrad auch ohne Routenplanung seine Umgebung auskundschaften, weil man auf jedem Untergrund weiterkommt. Entspannt cruisen geht genauso wie richtig Gas geben oder längere Bikepacking-Trips. Flexibler geht’s nicht!

Als Neuling hatte ich unfassbar Respekt vor der Technik und immer das Gefühl, ich bin beim Reparieren zu doof und beim Fahren zu langsam. Aber am Ende ist wirklich alles halb so wild. Einfach machen! Das größte Kompliment war, als mir ein Mädel geschrieben hat, dass sie wegen mir mit dem Gravel-Biken angefangen hat. Allein deswegen hat sich der ganze Online-Wahnsinn schon gelohnt...

Anke auf Social Media:

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Fotos: Julian Rohn und Franca Hoyer

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Erscheinungsdatum 05.09.2023