Das neue YT Szepter für 2023
Gravel Bike fürs Grobe: das neue Szepter mit Federgabel

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Federgabel und absenkbare Sattelstütze: das neue YT Szepter ist ein Gravel Bike mit eindeutigen MTB-Genen. Wir konnten das neue Bike schon testen!

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel in Aktion auf dem Trail
Foto: YT Industries / Rupert Fowler

"It's time to take the Szepter and conquer your own path.” Unter diesem Motto bewirbt der deutsche MTB-Hersteller YT Industries sein erstes Gravel Bike. Zeit also, das "Szepter" (ein Kunstwort aus Zepter und dem englischen Pendant Scepter) in die eigene Hand und die Herausforderung anzunehmen, eigene Weg zu gehen.

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel
YT Industries / Rupert Fowler
Für mehr Spaß beim Graveln: Das neue YT Szepter gibt sich optisch zurückhaltend, ist aber alles andere als eine graue Maus.

Gravel Bike für ruppige Offroad-Einsätze

Dass YT als "High-Performance Mountainbike-Marke mit Gravity-DNA" besonderes Augenmerk auf die Abfahrqualitäten seines neuen Bikes und dessen Eignung für den Offroad-Einsatz legen würde, überrascht kaum. Dennoch ist das Szepter nicht einfach ein Mountainbike mit Rennlenker. Der Hersteller verspricht vielmehr ein Gravel Bike, das bei der Routenwahl und bei spontanen Entscheidungen mehr Freiraum lässt. Entsprechend setzt YT beim Scepter auf Srams XPLR-Gravel-Komponenten inklusive RockShox Rudy-Federgabel mit 4 cm und – zumindest im Top-Modell Core 4 – auf eine Vario-Sattelstütze mit 5 cm Hub.

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel
YT Industries / Rupert Fowler
Das Szepter wurde konsequent für den Einsatz mit Federgabel entwickelt. 4 Zentimeter Hub für ein Vielfaches an Fahrspaß.

"Der Spaß steht bei uns im Vordergrund", versichert Frank Dörr, Head of Development bei YT. Und spricht von einer "Mission", das "Multifunktions-Tool" unter den Gravel Bikes zu entwickeln, bei dem die Performance und Sicherheit auf dem Trail im Vordergrund von Anfang an weit oben im Pflichtenheft standen. Superleichte Anbauteile sucht man am Szepter entsprechend vergeblich. "Deshalb haben wir auch keine Carbon-Laufräder im Angebot, das ergibt für uns keinen Sinn", erklärt er. Das Bike sei vielmehr nach Klasse 3 ASTM zertifiziert und getestet, um auch anspruchsvolle Trails und kleinere Sprünge klaglos wegzustecken.

Die Geometrie des Carbon-Rahmens, der in Größe L 1400 Gramm wiegen soll, ist darauf abgestimmt: Langer Reach (407 mm), flacher Lenkwinkel (69,4°) und ein vergleichsweise kurzer 70-mm-Vorbau sollen Fahrstabilität und gutes Handling garantieren – auch in anspruchsvollem Terrain. Für den Carbon-Rahmen verspricht der Hersteller die "perfekte Balance zwischen Compliance und Steifigkeit". Vor allem der markant designte, besonders steife Lenkkopfbereich, beim Szepter "Headbox" genannt, soll bestmögliche Lenkpräzision in Verbindung mit der Federgabel garantieren. "Der ganze Rahmen wurde konsequent auf den Einsatz mit einer Federgabel entwickelt", erklärt Dörr. Auf einen gefederten Hinterbau habe man dagegen bewusst verzichtet. Ein gewisses Maß an Komfort generiert – neben den Reifen – der Hinterbau mit den tief angesetzten Sitzstreben und einer Vario-Stütze, die, vor allem wenn sie nicht komplett ausgefahren wird, gut spürbar dämpft ("ActiveRide"-Modus).

YT  Szepter Gravel Bike Carbon Rahmen
YT Industries / Rupert Fowler
„Headbox“ nennt YT den markanten Steuerkopf, der ordentlich Steifigkeit bringt.

Zahlreiche Montagepunkte für Taschen und Flaschenhalter runden den Allround-Anspruch ab – das neue Szepter soll auch für Bikepacker und Abenteurer der ideale Partner sein.

Integraler Bestandteil des Carbon-Rahmens ist der hintere Spritzschutz, der die Rundung des Sitzrohrs optisch aufnimmt, dabei aber mehr sein soll als nur ein Design-Gimmick. Und tatsächlich: Das Mini-Schutzblech erledigt seinen Job erstaunlich gewissenhaft und sorgt im Zusammenspiel mit dem ebenfalls speziell für das Szepter entwickelten Fender an der Gabel dafür, dass der Fahrer länger sauber bleibt, wie Testfahrten auf den nicht immer trockenen Trails in den südenglischen Surrey Hills belegten.

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel
YT Industries / Rupert Fowler
Kleines Teil, große Wirkung: Der Spritzschutz am Heck hält ordentlich was ab. Auch für die Gabel entwickelte YT einen eigene Schützer.

Das YT Szepter im Praxistest

Und auch sonst gefällt das YT im Praxiseinsatz mit jedem Kilometer besser. Man sitzt ausreichend sportlich, aber doch entspannt und nicht zu gestreckt: jederzeit alles im Blick und bestens im Griff zu haben, macht Spaß. Und obwohl das Szepter in der Top-Ausstattung Core 4 mit seinen 9,9 Kilo nicht eben als Leichtathlet durchgeht, weiß es seine Pfunde geschickt zu kaschieren. Leichtfüßig rollt das Szepter vom Hof, die ordentlich profilierten WTB Resolute (700c x 42 mm) laufen auch auf Asphalt erstaunlich leicht, das Handling des Bikes ist lebendiger, als es der flache Lenkwinkel vermuten lässt. Den ersten Anstieg auf Asphalt geht das Szepter mit der Gelassenheit eines Langstreckenläufers an: Einen KOM wird damit wohl kaum jemand auf einem Strava-Segment holen, aber wen kümmert’s? Dank steifem Tretlager und steilem Sitzwinkel (74,4°) klettert das Szepter erfreulich ambitioniert, die eingesetzte Kraft landet gefühlt verlustfrei am Hinterrad. Die verbauten Reifen bieten auch auf feuchtem Boden oder matschigen Trails mehr als ausreichend Grip.

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel
YT Industries / Rupert Fowler
Auf ruppigen Trails kommt die Federgabel gelegen.

Alle anfänglichen Vorbehalte gegen die Federgabel ("Braucht’s das wirklich an einem Gravel Bike?") lösen sich spätestens auf dem ersten ruppigeren Offroad-Abschnitt in Wohlgefallen auf: Da schaukelt nichts, da wackelt nichts, die vier Zentimeter Federweg erledigen gelassen ihren Job: nehmen Schlaglöchern und Wurzeln ihren Schrecken, sorgen auch auf rauen Sektionen für angenehmen Komfort und tragen unauffällig dazu bei, dass das Vertrauen in das Bike schon nach den ersten Metern bergab größer ist als die Fahrtechnik-Skills jedes durchschnittlichen Gravelpiloten.

Souveräner unterwegs ist man bergab wohl auf den wenigsten aktuellen Gravel Bikes, so viel steht fest. Dazu trägt auch die Vario-Stütze bei, die sich per Funk angesteuert über die Schalthebel absenken lässt: In technischen Bergabpassagen zahlt das massiv aufs eigene Sicherheitsgefühl ein. Auch auf ruppigen Flachpassagen bringt die Stütze den versprochenen Vorteil: Nur wenige Millimeter abgesenkt dämpft sie spürbar – sehr angenehm.

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel in Aktion auf dem Trail
YT Industries / Rupert Fowler
Nicht nur auf steileren Abfahren, auch auf flachen Passagen überzeugt die absenkbare Sattelstütze.

Die Lenkung folgt unaufgeregt und verlässlich, das gute Gefühl, hier das Szepter im Wortsinn in der Hand zu halten, entspannt ungemein. Apropos halten: Das ordentlich dämpfende Lenkerband am Zipp-Alu-Lenker bietet satten Grip, der geringe Drop von 115 mm erlaubt es, auch längere Abschnitte in Unterlenkerhaltung zurückzulegen. Die vergleichsweise milden 5° Grad Flare schrecken auch Rennradfahrer nicht ab.

Das 38er-Kettenblatt in Kombination mit der 10-42-Kassette erlaubt eine ordentliche Übersetzungsbandbreite mit akzeptablen Gangsprüngen, das Sram Force 12-fach-Schaltwerk kommt seiner Arbeit mit gewohnter Präzision auch unter Volllast nach. An sehr langen, steilen Rampen wird sich der eine oder andere vielleicht ein paar Zähne mehr am größten Ritzel wünschen. Insgesamt passt der Antrieb aber sehr gut für die meisten Einsätze. Und auch die Bremse zeigt sich standfest, zudem bietet eine große 180er-Scheibe vorn ausreichend Reserven auch für gewichtigere Fahrer.

YT  Szepter Gravel Bike mit Federgabel in Aktion auf dem Trail
YT Industries / Rupert Fowler
Spannendes Konzept, konsequent zuende gedacht: das YT Szepter.

Mein persönliches Fazit nach zwei Tagen im Sattel: YT hat nicht zu viel versprochen, das neue Szepter ist eines der spannendsten Gravel Bikes der Saison. Wer vom Rennrad kommt und nur in Richtung "Allroad" schielt, fühlt sich damit vermutlich etwas overdressed. Für alle anderen, die am entgegengesetzten Ende der Gravel-Skala neue Herausforderungen suchen, lohnt ein näherer Blick definitiv. Denn das Szepter lädt dazu ein, Grenzen zu verschieben. Die Definitionsgrenzen einer Bike-Kategorie, die noch dabei ist, sich zu finden. Und Grenzen, die nur der eigene Kopf vorgibt...

Die Modellvarianten des YT Szepter

Zwei Modellvarianten des neuen Szepter bietet YT Industries ab sofort an: das getestete Core 4 mit Sram Force AXS XPLR, RockShox Rudy Ultimate XPLR und Sram Reverb AXS XPLR für 4499 Euro. Und das günstigere Modell Core 3, das mit Sram Rival AXS XPLR, RockShox Rudy XPLR Zipp Alu-Stütze für 3299 Euro angeboten wird und 9,8 Kilo wiegen soll.

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Erscheinungsdatum 05.09.2023