Test: Niner MCR 9 RDO
Der fliegende Teppich

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Ein vollgefedertes Gravel Bike? Niner hat das mit dem MCR schon länger am Start. Wir haben es ausführlich getestet und herausgefunden, wer so ein Gravel Fully braucht.

Der fliegende Teppich
Foto: Bjoern Haenssler

Den Ritt auf dem fliegenden Teppich verspricht Niner für das MCR. Wirklich, denn das Buchstabenkürzel steht für "Magic Carpet Ride". Ist dieses Bike wirklich magisch oder nur außergewöhnlich, Hauptsache anders? Klar ist: Mit 40 Millimeter an der Gabel und 50 Millimeter echter Federung am Heck sucht dieses "Gravel Fully" seinesgleichen. Klar gibt es mittlerweile einige teils oder auch voll gefederte Konzepte unter den Gravel Bikes, aber so viel Federweg vorn und hinten sucht man sinst vergeblich. Zumal Niner hier eine "klassische" Federung von Mountainbikes adaptiert – das Heck kommt mit Dämpfer und mehrgelenkig kugelgelagertem Hinterbau daher.

Bjoern Haenssler

Da stellt sich bei manchem Betrachter die Frage, wo denn hier bitte außer dem Lenker noch der Unterschied zu einem Mountainbike liegt? Die Antwort gibt es schon nach wenigen Metern im Sattel: Niner schickt mit dem MCR ein echtes, vollwertiges Gravelbike auf die Piste. Denn dank steilem Sitzwinkel kommt gut Druck auf die Pedale, der recht steile Lenkwinkel sorgt für ein direktes Handling – trotz des für unseren Geschmack zu breiten Lenkers. Durch die angenehm aufrechte Haltung auf dem MCR wird auch schnell die Intention der Entwickler klar: Viel Komfort für lange Touren und Bikepacking – mit elf Montagepunkten für Gepäck bringt das MCR beste Voraussetzungen dafür mit. Beim Gepäcktransport hat man hier die angenehme Qual der Wahl.

Die Federung passt prinzipiell zu diesem Komfort-Konzept für lange Touren: Sie nimmt harten Stößen die Spitzen, Schlägen die Härte – das entlastet die Gelenke und bringt viel Sicherheit. Aber: Die individuelle Abstimmung der kurzhubigen Luftfeder-Elemente ist diffizil. Sowohl für die federgabel wie auch für den Dämpfer braucht man schon ein feines Händchen, etwas geduld, und Erfahrung mit der Abstimmung von Luftfederungen schadet auch nicht. Erfreulich schnell schaltet man die federung hingegen komplatt aus: Wer zum Beispiel auf ebenem Untergrund keine Federung will, blockiert das Heck per Hebel vom Lenker aus, die Gabel bietet ebenfalls einen Lockout.

Bjoern Haenssler

Ist das Fahrwerk passend eingestellt, überzeugt das Niner auf ruppigem Untergrund. Wir hätten uns am Testrad dafür aber stärker profilierte Reifen gewünscht – nur eine Kleinigkeit, die sich leicht ändern lässt, aber der Gesamteindruck wäre mit voll geländegängigen reifen stimmiger. Ein weiterer Kritikpunkt aller Tester ist das Gewicht des MCR 9 RDO: Knapp zwölf Kilo wiegt Niners fliegender Teppich – das ist schon ein hoher Preis für viel Komfort und Traktion satt.

Fazit zum Niner MCR 9 RDO

Das MCR bietet maximalen Komfort und Traktion für lange Touren und Bikepacking-Trips. Im flotteren Einsatz hemmt das hohe Gewicht den Fahrspaß ein wenig

Die Facts zum Niner MCR 9 RDO

Preis: 6099 Euro

Gewicht: 11,8 kg

Ausstattung: Shimano GRX800 47/32x11–34 (2x11), DT Swiss G1800 Spline 25 db, Schwalbe G-One Allround 700cx40

Rahmen: Carbon

Oberrohr: 595 mm

Sitzrohr: 550 mm

Sitz-/Lenkwinkel: 73°/72 °

Stack/Reach: 618/409

max. Reifenbreite: 50 mm (700c)

2-fach möglich: ja

Bjoern Haenssler
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02 / 2023
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Erscheinungsdatum 05.09.2023